Freitag, März 29, 2024

Neue Antikörper in der Rheuma-Therapie machen Hoffnung

Monoklonale Antikörper haben die Rheuma-Therapie sehr verbessert. Eine Remission bei guter Lebensqualität des Patienten ist realistisch.

Die Entwicklung neuer wirksamer Antikörper zur Therapie immer seltenerer chronisch entzündlicher Rheuma-Erkrankungen und klinisch- immunologischer Erkrankungen ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Deswegen besteht heute auch für Patienten mit seltenen Erkrankungen die Hoffnung, eines Tages für ihre Krankheit effektive wirksame monoklonale Antikörper zur Verfügung zu haben.

 



 

Prinzipien der medikamentösen Therapie von Rheuma

Die Entstehung chronisch entzündlicher rheumatischer Erkrankungen ist in vielen Facetten noch nicht gut verstanden. Auf einer gemeinsamen Endstrecke bewirken alle diese Erkrankungen über eine chronische Aktivierung des Immunsystems eine Entzündung an unterschiedlichen Organen und Orten des Körpers. Hier sind die Gelenke sehr häufig betroffen. Aber auch alle inneren Organe, Muskeln und Bänder sowie Nervenstrukturen können befallen sein. Und dann kann sie eine chronische Entzündung in ihrer Funktion beeinträchtigen.

Gemeinsames therapeutisches Prinzip aller Medikamente zur Behandlung dieser chronischen Entzündung ist die Blockade von Entzündungsreaktionen. Hier wird oft Kortison eingesetzt. Wobei das jedoch in höherer Dosierung viele Nebenwirkungen aufweist. Deswegen kann man es nicht langfristig anwenden. Zur Kortisoneinsparung benutzt man in der Regel ein gut etabliertes Basistherapeutikum. Dazu zählen Methotrexat, Azathioprin, Sulfasalazin, Leflunomid sowie andere Medikamente aus dieser Klasse.

Dieses Vorgehen kann jedoch bei vielen Patienten nicht verhindern, dass z. B. bei der rheumatoiden Arthritis die Krankheit voranschreitet und die Gelenke weiter zerstört werden, sodass bis Ende der 80er-Jahre  unter diesem Therapieregime etwa 50 Prozent der Patienten mit rheumatoider Arthritis nach 5 Jahren berufsunfähig wurden.

 

Antikörper haben die Rheuma-Therapie stark verbessert

Durch große Forschungsanstrengungen konnten immer mehr Details des Entzündungsgeschehens identifiziert werden, die für die Chronifizierung der Entzündung verantwortlich waren. Des Weiteren gelang es, über bestimmte Techniken sogenannte monoklonale Antikörper, d. h. aus einer Mutterzelle stammende, immer identische Eiweiße  zu produzieren, die entweder gezielt bestimmte Entzündungszellen hemmten oder zerstörten oder durch Bindung an entzündungsvermittelnde Hormone deren Funktion blockieren konnten.

Die Herstellung war initial sehr teuer. Die Anwendung ist immer parenteral, das heisst über Infusion oder subkutane Injektion. Denn das Eiweiß würde nach dem Schlucken im Magensaft zerstört werden.

Diese monoklonalen Antikörper haben die Therapiemöglichkeiten in der Rheumatologie entscheidend bereichert, sodass die Remission, d. h. das Fehlen jeglicher Entzündungsaktivität bei guter Lebensqualität des Patienten, ein realistisches Ziel für alle Patienten geworden ist. Dennoch gibt es einzelne Patienten, bei denen die Therapie nicht oder nicht optimal anspricht, sodass weitere Entwicklungen notwendig waren und sind.

Die ersten monoklonalen Antikörper zielten auf die Blockade von Tumornekrosefaktor alpha (TNF alpha), weitere Zulassungen neutralisierten das Interleukin-6, zielten auf die Zerstörung von B-Lymphozyten oder die Hemmung von T-Lymphozyten, blockierten Interleukin-1.



 

Neue Antikörper

In den letzten Jahren konnte man auch Antikörper gegen weitere Zytokine entwickeln und zulassen. Und zwar waren das beispielsweise das Ustekinumab, das Interleukin-12 und Interleukin-23 zeitgleich blockiert. Zudem das Secukinumab, das Interleukin-17a hemmt.

Diese Medikamente sind sehr wirksam bei Schuppenflechte (Psoriasis) und Schuppenflechte-Arthritis (Psoriasis-Arthritis). Sie wirken jedoch auch bei Spondyloarthritis, also chronischen Gelenkentzündungen der Wirbelsäule wie Morbus Bechterew. Besonders erfreulich ist, dass auch die recht schlecht zu therapierenden Sehnenansatzentzündungen (Enthesitis) oder Fingerweichteil- beziehungsweise Gelenkkapselentzündungen (Daktylitis) durch diese Medikamente recht gut zu beeinflussen sind.

Angesichts des Erfolgs dieser Therapieformen ist die Entwicklung neuer Medikamente bei Weitem nicht abgeschlossen. Dies nicht nur in der klinischen Immunologie und Rheumatologie, sondern auch in der Tumorimmunologie und anderen Fächern der Medizin. Beispielhaft sind Guselkumab, ein gegen die p19-Untereinheit von Interleukin-23 gerichteter Antikörper, und Ixekizumab, ein Interleukin-17a-neutralisierender IgG-4-Antikörper, zu nennen; beide Antikörper haben sich in Phase-3-Studien der Psoriasis-Arthritis bewährt. Weitere Interleukin-17-blockierende Antikörper sind Risankizumab, Tildrakizumab und Brodalumab.

 

Innovative Entwicklungen

Ein innovativer Ansatz zur Verwendung von Antikörpern ist die Entwicklung sogenannter bispezifischer Antikörper. Also Eiweißmoleküle, die zwei Antikörper in einem Molekül vereinen. Hier zeigte sich jedoch in Therapieansätzen mit einem bispezifischen Antikörper gegen TNF alpha und Interleukin-17a, dass kein Benefit über die Verwendung des jeweils einzelnen Antikörpers erzielt werden konnte. Weitere Interleukin-6-gerichtete Antikörper wie Sirukumab und Sarilumab sowie Olokizumab sind in Phase-3-Studien positiv getestet.

Eine komplett neue Therapie verfolgt das Mavrilimumab, ein gegen den GMCSF-Rezeptor gerichteter monoklonaler Antikörper, der in Phase-3-Studien der rheumatoiden Arthritis ebenfalls positiv abschnitt.

 




Quelle:

Neue Antikörper in der Therapie von Rheuma-Erkrankungen – Redemanuskript von Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz, Präsident der DGRh, Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg, Medizinisch- wissenschaftlicher Leiter des Rheumazentrums Baden-Baden

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