Die Proteinvariationen, die durch den Vorgang des alternativen Spleissens entstehen, steuern die Identität und Funktion der Nervenzellen im Gehirn.
Die Identität und die Funktion der Nervenzellen im Gehirn erlaubt es dem Körper, mit einer limitierten Anzahl von Genen ein hochkomplexes neuronales Netzwerk aufzubauen. Im Grunde genommen besteht unser Gehirn aus hunderten, wenn nicht sogar tausenden verschiedenen Arten von Nervenzellen. Dabei steuern diese durch ihre individuellen Eigenschaften unsere Hirnfunktionen. Aber wie schaffen es die verschiedenen Typen von Zellen, ihre vielfältigen Eigenschaften auszubilden? Eine Forschungsgruppe von Prof. Peter Scheiffele am Biozentrum der Universität Basel konnte nun in einer genomweiten Analyse nachweisen, dass das sogenannte alternative Spleissen zu einer Bandbreite von verschiedenen Varianten einzelner Proteine führt, mit der sich schliesslich auch die Nervenzellen voneinander unterscheiden lassen.
Alternatives Spleissen definiert die Typen der Nervenzellen im Gehirn
Das alternative Spleissen ermöglicht es, dass von einem einzelnen Gen eine Vielzahl von unterschiedlichen Proteinvarianten gebildet werden können. Im Mausmodell hat das Team von Scheiffele nun solche sogenannten Spleissvarianten im Detail untersucht. „Wir konnten hunderte von Varianten identifizieren, die es möglich machen, die verschiedenen Zelltypen voneinander zu unterscheiden“, sagt Scheiffele. „Der dabei entstandene umfangreiche Datensatz bildet das breite Repertoire von Spleissvarianten in einzelnen Nervenzelltypen ab.“
Dieses Repertoire an Spleissvarianten in einer Nervenzelle bestimmt dabei massgeblich ihre Identität und Funktion. „Obwohl alle neuronalen Zelltypen dieselben Gene enthalten, produzieren selbst nah verwandte Zelltypen unterschiedlichste Spleissvarianten“, so Scheiffele. Besonders variantenreich sind dabei die Proteine an neuronalen Kontaktstellen – den Synapsen, welche die Weiterleitung und Verarbeitung von Informationen vermitteln. Damit steuert der Spleiss-Prozess auch die Funktion des gesamten Nervenzellen-Netzwerks im Gehirn.
Datenplattform für Forschende
Die Erhebung und Auswertung der umfangreichen Datensätze ist Teil des EU-geförderten Projektes SPLICECODE. In Zusammenarbeit mit dem universitären «Center for Scientific Computing», kurz sciCORE, wurde eine nutzerfreundliche Webseite erstellt. Die erlaubt es Forschenden weltweit, die Rolle einzelner Spleissvarianten für Hirnfunktionen in weiterführenden Studien zu untersuchen.
Literatur:
Elisabetta Furlanis, Lisa Traunmüller, Geoffrey Fucile, Peter Scheiffele. Landscape of ribosome-engaged transcript isoforms reveals extensive neuronal cell class-specific alternative splicing programs. Nature Neuroscience (2019), doi: 10.1038/s41593-019-0465-5
Quelle: Universität Basel