Samstag, April 20, 2024

Hochallergene Nahrungsmittel gegen Nahrungsmittelallergie beim Säugling

Es ist unklar, welche Nahrungsmittel früh und regelmäßig gegeben werden sollten, um eine Nahrungsmittelallergie beim Säugling zu verhindern.

Noch bis vor wenigen Jahren galt besonders bei Kindern mit familiärem Allergierisiko die Empfehlung, hochallergene Nahrungsmittel wie Hühnerei, Erdnuss oder Baumnüsse erst spät in die Ernährung einzuführen. Unlängst brachte allerdings eine Studie in England widersprüchliche Ergebnisse. Denn die Ergebnisse zeigten, dass die frühe Einführung von Erdnüssen in die Säuglingsernährung zwischen dem vollendeten 4. und 11. Lebensmonat zu einer deutlichen Reduzierung der Häufigkeit von Erdnussallergien führen könnte. Zurzeit vollkommen unklar ist jedoch, welche Nahrungsmittel früh und regelmäßig gegeben werden sollten, um eine Nahrungsmittelallergie beim Säugling zu verhindern.

Über Jahrzehnte hinweg lautete die Empfehlung von Allergologen, hoch allergieauslösende Nahrungsmittel, wie beispielsweise Erdnüsse, zur Vorbeugung von Nahrungsmittelallergien zu meiden. Die Empfehlung galt besonders für Säuglinge und Kinder mit einem erhöhten familiären Allergierisiko. Gerade diese Vorsicht könnte aber eher zu einer Zunahme der Allergien führen.

 

Erdnüsse können zu einer Nahrungsmittelallergie beim Säugling führen

Die Ergebnisse der LEAP-Studie (Learning Early About Peanut) deutete darauf hin, dass die frühe Einführung von Erdnüssen in die Säuglingsernährung zwischen dem vollendeten 4. und 11. Lebensmonat zu einer deutlichen Verminderung der Rate an Erdnussallergien führen kann. Die Wissenschaftler vermuten, dass der kindliche Magen-Darm-Trakt im ersten Lebensjahr durch eine regelmäßige Auseinandersetzung mit Nahrungsmitteln eine Toleranz statt einer allergischen Immunantwort entwickeln könnte.

Wie eingangs erwähnt weiß man bislang aber nicht, welche Nahrungsmittel Nahrungsmittelallergien beim Säugling verhindern können. Und wie früh und regelmäßig man diese einsetzen müsste. Darüber hinaus besteht bei Gabe zum Beispiel von Erdnüssen oder anderen Nüssen bei kleinen Kindern die Gefahr der Aspiration. Das kann bekanntlich zu lebensbedrohlichen Erstickungsereignissen führen. Sinnvolle Zubereitungen hoch allergener Nahrungsmittel als Alternative stünden für dieses Alter jedoch kaum zur Verfügung.

Im Rahmen der Studie zu Nahrungsmittelallergien bei Säuglingen wurden nur Kinder untersucht, die unter einer ausgeprägten Neurodermitis litten. Somit hatten diese Säuglinge und Kinder ein bekannt erhöhtes Risiko für eine Nahrungsmittelallergie. Daher lassen sich die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf gesunde Kinder übertragen. Darüber hinaus zeigte sich, dass ein recht großer Teil der an Neurodermitis erkrankten Kinder (ca. 10 %) bereits vor dem ersten Kontakt mit Erdnüssen allergisch waren und auf die erste Gabe mit Allergiesymptomen reagierten.

 

Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis

Noch gravierender war das Risiko allergischer Reaktionen in einer zuvor veröffentlichten Studie aus Australien. Dabei testete man ebenfalls das Prinzip der frühen Einführung, allerdings mit Hühnerei. Hierzu erhielten Kinder mit Neurodermitis bereits im Alter von 4 Monaten Hühnerei.

Ziel der Untersuchung zu Nahrungsmittelallergien bei Säuglingen war eine Hühnereiallergie, die in Australien besonders häufig ist, zu verhindern. Diese Studie wurde von den Initiatoren vorzeitig abgebrochen, weil zu viele Kinder bereits beim ersten Kontakt mit Hühnereiweiß zum Teil schwere allergische Symptome zeigten.

Die notwendige Konsequenz vor der frühen Einführung bestimmter Nahrungsmittel wäre also, alle Kindern mit Neurodermitis vorsorglich vor dem ersten Kontakt einem Allergietest zu unterziehen und bei den Allergietest-positiven Kindern orale Nahrungsmittelprovokationen durchzuführen, ein teures und zeitaufwändiges Prozedere.

Bis zum Vorliegen der Studienergebnisse sind seriöse Empfehlungen hinsichtlich der Einführung potenziell allergener Nahrungsmittel nicht möglich. Wenn Kinder aber einen Kontakt mit Nüssen oder Erdnuss zum Beispiel in Form von Brotaufstrichen bereits problemlos vertragen, sollten diese Nahrungsmittel regelmäßig verabreicht werden, um dem Körper die Möglichkeit zur Toleranzentwicklung zu erhalten.


Literatur:

Akelma Z, Köse SŞ, Özmen S. The risk factors for food allergy in infants with atopic dermatitis. Turk J Pediatr. 2023;65(2):235-244. doi: 10.24953/turkjped.2022.656. PMID: 37114689.

Sicherer SH, Warren CM, Dant C, Gupta RS, Nadeau KC. Food Allergy from Infancy Through Adulthood. J Allergy Clin Immunol Pract. 2020 Jun;8(6):1854-1864. doi: 10.1016/j.jaip.2020.02.010. PMID: 32499034; PMCID: PMC7899184.

Fisher HR, Du Toit G, Bahnson HT, Lack G. The challenges of preventing food allergy: Lessons learned from LEAP and EAT. Ann Allergy Asthma Immunol. 2018 Sep;121(3):313-319. doi: 10.1016/j.anai.2018.06.008. Epub 2018 Jun 15. PMID: 29909054.

Heine RG. Food Allergy Prevention and Treatment by Targeted Nutrition. Ann Nutr Metab. 2018;72 Suppl 3:33-45. doi: 10.1159/000487380. Epub 2018 Apr 9. PMID: 29631274.


Quelle: http://www.leapstudy.co.uk/

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