Freitag, März 29, 2024

Nach dem Sturz ist vor der Heilung – Schütz Deinen Kopf

Initiative » Schütz Deinen Kopf ! «präsentiert bei den Grizzlys Wolfsburg innovative Medien zum Thema Gehirnerschütterungen – Tester für App gesucht

Mit dem Kopf voran prallt der Eishockeyspieler gegen die Bande. Er rappelt sich mühsam hoch, wirkt benommen – und zeigt dennoch dem Mannschaftsarzt den erhobenen Daumen. Wie in den neuen Informationsfilmen der Initiative „ Schütz Deinen Kopf ! “ der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung geht es noch immer in vielen Trainings und Turnieren zu, mahnen Experten – daher bleiben viele Gehirnerschütterungen unerkannt. Die Verletzten werden nicht geschont, ihr Risiko für weitere Unfälle und neurologische Langzeitschäden steigt enorm.

 

Spätfolgen werden unterschätzt

Prof. Dr. Eckhard Rickels, Chefarzt der Neurotraumatologie im Allgemeinen Krankenhaus Celle, unterstützt die Initiative als medizinischer Berater. Er gibt zu bedenken: „Die Gehirnerschütterung ist eine durch Gewalteinwirkung auf den Kopf hervorgerufene zeitlich begrenzte Hirnfunktionsstörung.“ Dabei können die Schädigungen nach dem Unfall meistens nicht in der Computertomographie oder Magnetresonanztomographie sichtbar gemacht werden. „Trotzdem finden wir bei den Betroffenen neurologische Auffälligkeiten“, betont Rickels, „diese klingen nur dann zuverlässig ab, wenn der Patient sich schont.“ Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, die seit 1983 Menschen mit Hirnverletzungen und ihre Angehörigen unterstützt, setzt sich dafür ein, dass jeder diese Schonzeit erhält – egal, ob im Schul-, Freizeit- oder Leistungssport. Ihre Initiative „ Schütz Deinen Kopf ! “ arbeitet mit namhaften Organisationen, Medizinern und Sportverbänden zusammen, um für das Thema zu sensibilisieren.

 

Prozesse im Gehirn verstehen dank neuer Informationsfilme

Einer der Filme richtet sich an Grundschüler, einer an Jugendliche und Erwachsene, der dritte an Trainer, Pädagogen und ehrenamtliche Betreuer. Dr. Axel Gänsslen vom Klinikum Wolfsburg, Mannschaftsarzt des Eishockey-Bundesligisten Grizzlys Wolfsburg, war als medizinischer Berater involviert. Er betont, dass noch viel Klärungsbedarf rund um Gehirnerschütterungen besteht – quer durch alle Sportarten und Ligen. „Fragt man nur nach Symptomen, machen die Sportler manchmal falsche Angaben“, gibt Gänsslen zu bedenken. „In wichtigen Turnieren denken sie: Wenn ich jetzt ausfalle, schwäche ich mein Team.“ Die Filme verdeutlichen, warum die Sportler damit unrecht haben. Zeichnungen und 3D-Animationen vermitteln, welche Prozesse nach dem Aufprall innerhalb des Schädels ablaufen. Je nachdem, wo die Gehirnmasse gegen den Knochen stößt, entstehen Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit oder eine Verengung des Sichtfelds. Wer trotz Gehirnerschütterung weiterspielt, zeigen diverse Szenen, verlangsamt sich und neigt zu Fehlentscheidungen. Schlimmer noch: Das Risiko für weitere Stürze oder Zusammenstöße steigt.

Ermöglicht wurde die Produktion der neuen Filme unter anderem dank einer großzügigen Spende der Willy Robert Pitzer Stiftung. „Als Stiftung, die der Förderung der Volksgesundheit verpflichtet ist, haben wir die Initiative der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung sehr gerne unterstützt“, so Dr. Helmut Häuser, Vorstandsvorsitzender der Pitzer Stiftung. „Gut eingebunden in die Kampagne „Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport“, vermitteln die neuen Lehr- und Erklärfilme zielgruppengerecht, wie eine Gehirnerschütterung zu erkennen ist und wie anschließend angemessen reagiert werden sollte. Zugleich zeigen sie, dass Sport gesund ist, den Gemeinschaftssinn stärkt und Spaß macht. Wir hoffen, dass unsere Spende dazu beiträgt, Breiten- und Leistungssportler für die Problematik der nicht erkannten Gehirnerschütterungen zu sensibilisieren.“

 

„TestApp!“ für Hinweise auf Gehirnerschütterungen

Um herauszufinden, ob sie eine Gehirnerschütterung haben könnten, können sich sportlich Aktive ab Mitte Dezember die „Schütz Deinen Kopf!“-App „GET – Gehirn Erschüttert?
TestAPP!“ kostenfrei herunterladen. Sie ist für ein Zweierteam gedacht – etwa Spieler und Trainer oder Spieler und Mannschaftsarzt – und kann direkt nach dem Zusammenprall oder Sturz zum Einsatz kommen. Am Spielfeldrand oder in der Umkleidekabine soll der Spieler binnen drei bis vier Minuten Fragen zu Symptomen beantworten, seinen Gleichgewichtssinn unter Beweis stellen, einen Reaktionstest durchführen und seine Augenfunktion testen. Meldet die App anschließend „Gefahr einer Gehirnerschütterung“, sollte der Sportler zum Arzt – auf keinen Fall ins Spiel oder Training zurück.

Die Testphase der App wurde gestern gestartet. Mitte Dezember soll sie dann in allen App-Stores kostenlos zur Verfügung stehen. Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung sucht noch sportlich Aktive, die bereit sind, die App auf ihrem Smartphone oder Tablet zu testen. Interessierte finden alle Informationen unter www.schuetzdeinenkopf.de.

Die Deutsche Telekom AG förderte das Projekt im Rahmen ihres gesellschaftlichen Engagements. „Mit ihren Lösungen und Anwendungen ist die Telekom einer der Gestalter der digitalen Welt. Daher unterstützen wir innovative, digitale Angebote, die Menschen einen direkten Mehrwert bieten und konkrete Hilfe leisten“, so Martina Schwebe-Eckstein, Projektleiterin Corporate Responsibility der Deutschen Telekom AG zum Hintergrund. „Deshalb haben wir uns an der Entwicklung der App finanziell beteiligt. Zudem engagiert sich die Telekom in der Sportförderung. Sowohl für den Spitzen- als auch für den Breitensport ist die App eine gute Unterstützung, um bei Sportunfällen sicher und schnell reagieren zu können.“

Zweiter Kooperationspartner war die Berufsgenossenschaft VBG, die gesetzliche Unfallversicherung für den bezahlten Sport in Deutschland. Norbert Moser, bei der VBG verantwortlich für Prävention im Sport, hofft, dass viele die App nutzen. „Meine Erfahrung zeigt, dass die neue Drei-Minuten-Regel, bei der das Spiel für eine Untersuchung wegen Gehirnerschütterungsverdacht unterbrochen werden kann, in der Wettkampfpraxis so gut wie nie angewendet wird“, kritisiert er. Auch in anderen Sportarten bleibe viel zu tun.

Privatdozent Dr. Werner Krutsch vom FIFA-Medical Center of Excellence Regensburg, Verbandsarzt des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV), informiert: „Im professionellen Fußball sind erste Regelungen zum Thema Schädelhirntrauma eingeführt worden, allerdings führt die spezielle Situation im Profifußball dazu, dass Schädelhirntraumen auch bagatellisiert werden.“ Dort, aber auch im Amateur- und Juniorenfußball, gebe es großes Interesse an den Informationen der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung. Doch auch für aktive Familien, Vereine und Pädagogen eignen sich die neuen „Schütz Deinen Kopf!“-Medien.

Helga Lüngen, Geschäftsführerin der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, betont: „Wir hoffen, bei unseren App-Nutzern etwas zu bewegen. Wichtig ist uns, dass das Weiterspielen nach erlittener Gehirnerschütterung weder im Spitzensport mit seiner Vorbildfunktion noch im Freizeit- und Schulsport zum guten Ton gehören darf.“ Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, kommentiert: „Gehirnerschütterungen im Sport dürfen keineswegs als Lappalie abgetan, sondern müssen ernstgenommen werden. Dazu ist es zunächst unabdingbar, dass die Symptome erkannt und richtig gedeutet werden. Die Initiative „Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport“ der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung mit ihren vielfältigen Informationsmitteln und -kanälen wird hoffentlich zur Aufklärung über die häufig noch unterschätzte Gefahr von Gehirnerschütterungen beitragen und das Bewusstsein schärfen, dem Gehirn nach einem Trauma die notwendige Ruhe zu geben.“

Weitere Informationen:

https://www.youtube.com/channel/UCLerMCUMnGQ3qQOJmoGuCUg
http://www.hannelore-kohl-stiftung.de
http://www.schuetzdeinenkopf.de

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