Freitag, April 19, 2024

Mythen und Fakten zu Erkältung und Halsschmerzen

Neben medizinischen Therapien gibt es zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältung und Halsschmerzen auch viele Tipps zu Hausmitteln.

Zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältung und Halsschmerzen kursieren neben medizinischen Therapien auch viele Tipps zu Hausmitteln. Solche werden dann gerne von Generation zu Generation weitergegeben werden. Einige davon stützen sich auf Fakten, andere wiederum basieren auf einem Irrglauben. Unabhängig von der Ursache von Halsschmerzen eignet sich auch bestimmte Wirkstoffe zur Behandlung der Symptome. Dazu gehören auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), die eine schnelle Linderung bewirken. Infolgedessen bleibt ihre Wirkung gegen Schmerzen und Entzündung bis zu sechs Stunden aufrecht. Nachstehend sind die wichtigsten Mythen und Fakten zusammengefasst und überprüft.



Antibiotika helfen nicht immer bei Halsschmerzen

Im Grunde genommen sind bei etwa 80 Prozent der Halsschmerzen Viren die Verursacher. Deswegen sind lokale Antibiotika in den meisten Fällen nicht sinnvoll, da diese ja Bakterien bekämpfen. Eine geeignete Behandlungsform stellen hingegen andere Wirkstoffe mit erprobten entzündungs- und schmerzhemmenden Wirkstoffen dar.

Allerdings gilt sogar, dass Antibiotika bei Halsweh nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich sein können. Denn Antibiotika sind in Hinblick auf die Bildung von Antibiotikaresistenzen gefährlich. Durch eine strukturierte Vorgangsweise nach einer Art Stufenschema. Damit kann man bei Erkältung und Halsschmerzen in vielen Fällen die Gabe von Antibiotika ohne Nachteile für die Betroffenen vermeiden.

Die heiße Zitrone kann Viren und Bakterien bekämpfen und das Immunsystem stärken.

Dies ist eher ein Mythos. Subjektives Wohlgefühl wird dem fröstelnden Menschen durch das heiße Getränk gebracht. Hingegen lenkt die Zitrone bestenfalls vom unangenehmen Geschmack im schmerzenden Hals ab. Zudem kann die „innere Erwärmung“ durch das Heißgetränk den sich nach Wärme sehnenden Patienten auch objektiv unterstützen. Allerdings spricht man sehr wohl dem Vitamin C in der Zitrone zu, dass es das Immunsystem und Abwehrkräfte stärken kann.



Hühnersuppe hilft bei einer Erkältung.

Dies ist ein Fakt. Wissenschaftler der Universität Nebraska haben herausgefunden, dass die in echter Hühnersuppe enthaltene Aminosäure Cystein bestimmte weiße Blutkörperchen, die Neutrophile, blockiert. Sie sind für Entzündungsprozesse verantwortlich und werden bei einer Virusinfektion in großen Mengen freigesetzt. Cystein wirkt so entzündungshemmend und lässt die Schleimhäute abschwellen. Darüber hinaus ist Hühnersuppe reich an Zink. Wichtig: Im Krankheitsfall aber auf die bequeme Packerlsuppen-Variante verzichten und auf jeden Fall selbst kochen.

Viel trinken hilft, Erreger aus dem Körper zu spülen.

Dies ist ein Mythos. Es gibt keinen medizinischen Beweis dafür, dass man mit viel Trinken die Viren und Bakterien aus dem Körper „hinausspülen“ kann. Aber ausreichendes Trinken schützt die Schleimhäute davor auszutrocknen. Der Schleim enthält verschiedene Stoffe, die Keime und Viren abwehren können. Die Keimzahl im Rachen wird reduziert. Sind die Schleimhäute zu trocken, sind sie deshalb anfälliger für Keime. Viel trinken ist also als begleitende, nicht alleinstehende, Therapiemaßnahme durchaus empfehlenswert.



Ein warmer Schal lässt Halsschmerzen verschwinden.

Dies ist ein Mythos: Mit einem warmen Schal steigt möglicherweise das Wohlgefühl. Allerdings kann man damit eine richtige Halsentzündung nicht ausreichend behandeln. Dazu braucht es zusätzliche Maßnahmen. Ein dicker Schal kann bei Halsentzündungen sogar kontraproduktiv sein. Denn es kann der gegenteilige Effekt auftreten. Denn die Schwellung durch die Wärme kann den Hals noch dicker und unangenehmer machen. Hingegen hilft es bei Rötungen, Schwellungen und Schmerzen, den Hals zu kühlen. Zum Beispiel mit einem Topfenwickel.

Erkältung und Halsschmerzen treten nicht nur im Winter auf.

Unter dem Strich verursachen auch kalte Getränke, Zugluft und Klimaanlagen den Körper. Deswegen leiden viele Menschen auch im Sommer unter Erkältung und Halsschmerzen. Die empfundenen Schmerzen bei Halsweh sind für die meisten Befragten von der Jahreszeit unabhängig. Viele leiden im Sommer gleich stark wie im Winter. Nur ein Drittel der betroffenen Menschen empfindet die Schmerzen bei kalten Temperaturen als noch unangenehmer.



Erkältungsviren lassen sich ausschwitzen.

Hierzu ist ein Mythos oder auch eine Fehlinterpretation, dass man die Erkältungsviren herausschwitzen kann. Wenn der Mensch fiebert, dann empfindet er Kälte. Und zwar selbst dann, wenn er objektiv schon mehr als 37 Grad Temperatur hat. Infolgedessen hat man das Bedürfnis nach einer warmen Decke und manchmal beginnt man auch spontan zu zittern. Diese unwillkürliche Muskelarbeit, der Schüttelfrost, erzeugt Wärme. Wenn dann das Fieber wieder zurückgeht, so kühlt sich der Körper durch Verdampfen des aus den Poren tretenden Schweißes. Schließlich schwitzen Betroffene und das entzieht dem Körper die Wärme durch Verdampfung.

So entstand der Kurzschluss, dass das Schwitzen gesund macht. Wahr ist, dass man bei Fieber spontan schwitzt. Allerdings nicht, dass künstlich herbeigeführte Überwärmung bis zum Schwitzen gesund machen könnte.

Richtig ist hingegen, dass Temperaturen deutlich über 37 Grad Viren und deren Vermehrung schaden können. Sowie dass eine Unterkühlung die Lebensbedingungen der Viren begünstigt. Das sollte man daher bei der Wahl passender Kleidung berücksichtigen.

Gesunder wohltuender und ausreichend Schlaf sind bei Erkältung und Halsschmerzen besonders wichtig.

Im Grunde genommen führt Schlafmangel zu einer allgemeinen körperlichen Schwächung. Darüber hinaus setzt er nicht nur die Schmerzschwelle herab, sondern erhöht auch die Schmerzempfindlichkeit. Die Nervenrezeptoren werden nachts nicht so stark von anderen Einflüssen überlagert. Und deshalb empfindet man Schmerzen als stärker. Schlaf ist somit bei Halsschmerzen besonders wichtig, weil sich der Körper in dieser Zeit erholt und die Heilung in Gang setzt.



Bei Halsschmerzen muss man nicht zum Arzt gehen.

Nur zu Beginn und wenn ein harmloser Verlauf zu erwarten ist, können Betroffene Halsschmerzen durchaus selbst behandeln. Allerdings sind Hausmittel und Selbstbehandlung bei zahlreichen Symptomen von Erkältung und Halsschmerzen Grenzen gesetzt. Beispielsweise wenn Hausmittel nicht mehr helfen und die Schmerzen immer schlimmer werden. Zudem wenn Warnsignale gefährlicher Erkrankungen wie Luftnot und starke Schluckbeschwerden auftreten. Schließlich sollte man dann auch bei einer Erkältung und Halsschmerzen umgehend zum Arzt gehen.


Literatur:

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Quellen:

Initiative Arznei & Vernunft, Vernünftiger Umgang mit Medikamenten, Antiinfektiva – Behandlung von Infektionen, 2. Aufl. Nov. 2010.

Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.; http://www.dgss.org/patienteninformationen/besonderheiten-bei-schmerz/schmerz-und-schlaf/

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