Samstag, April 20, 2024

Myrtucommulon in der Myrte gegen Krebs

Forscher haben herausgefunden, wie das Myrtucommulon gegen Krebs hilft, aktuell versucht man, den Inhaltsstoff in der Myrte noch besser zu erforschen.

Vor allem im Mittelmeerraum Die Gemeine Myrte – eine eher unscheinbares Gewäch – weit verbreitet. Schon im Altertum wurde sie bei der Verehrung der Göttin Aphrodite hinzugegeben, heute wird sie als Gewürz sowie in der Likörherstellung verwendet. Nun finden Wissenschaftler immer mehr Details, was noch alles in der Myrte steckt. Dem enthaltenen Wirkstoff Myrtucommulon, der aus den Blättern des Myrte-Strauches gewonnen wird, wurde schon vor mehreren Jahren eine antibakterielle, entzündungshemmende und antioxidative Wirkung zugesprochen. Der Myrte-Inhaltsstoff Myrtucommulon kann in relativ niedriger Konzentration aber auch gegen Krebs helfen. Und zwar auf sehr selektive Art und Weise: Myrtucommulon greift, etwa bei Leukämie, nur die Krebszellen an, verschont dabei alle anderen weißen Blutzellen. Dazu hatten Pharmazeuten der Friedrich-Schiller-Universität Jena unlängst herausgefunden, wie genau der Wirkstoff den Krebs aufhält. Zudem konnten sie ganz nebenbei wichtige biologische Abläufe innerhalb einer Krebszelle aufdecken.

 

Wo Myrtucommulon andockt

Dass Myrtucommulon die Mitochondrien einer Krebszelle attackiert, war schon länger bekannt. Da sich Tumorzellen sehr schnell verbreiten, sind sie auf die Energie dieser „Zellkraftwerke“ besonders angewiesen. Liegt eine Störung vor, gerät das Krebswachstum ins Stocken. Gemeinsam mit Kollegen von der Universität Saarbrücken und des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben die Experten der Universität Jena nun herausgefunden, wo der Wirkstoff genau andockt.

„Um gezielt das Protein in den Mitochondrien einer Leukämiezelle herauszugreifen, das mit dem Wirkstoff interagiert, haben wir genau genommen einfach danach gefischt“, erklärt Prof. Dr. Oliver Werz von der Universität Jena, der vor allem mit seiner Mitarbeiterin Katja Wiechmann an dem Projekt gearbeitet hat. „Dazu haben wir uns eine Angel mit Myrtucommulon als Köder gebaut, an dem nur das entsprechende Protein-Gegenstück anbeißen kann.“ Zwar hafteten nach dem Versuch mehrere Proteine an der Angel, aber nur eines direkt am Köder, alle anderen eher an der Schnur oder der als Rute dienenden Matrix.

Nach einigen Analysen konnten die Wissenschaftler schließlich das passende Puzzleteil identifizieren: Es handelt sich um das Hitzeschockprotein Hsp60, das zu den sogenannten Chaperon-Proteinen gehört. Benannt sind sie nach dem französischen Wort für „Anstandsdame“ – ein Hinweis auf die Funktion von Hsp60: „Diese besonderen Chaperone schützen bestimmte Proteine der Mitochondrien und verhindern so deren Inaktivierung durch Zellstress“, erklärt Werz. „Schaltet man sie aus, kann das ganze Zellkraftwerk lahmgelegt werden.“

Die Forscher konnten weiters während ihrer Untersuchungen die beiden Chaperone-Proteine genau bestimmen, die von der „Anstandsdame“ bewacht werden. „Wir wussten, dass diese beiden Proteine das Tumorwachstum fördern, dass sie aber von Hsp60 geschützt werden, war bisher nicht bekannt. Somit haben wir während des Projektes zum einen den Bindungspartner des Wirkstoffs Myrtucommulon identifizieren können und somit wertvolle Informationen über die Wirkungsweise dieser Substanz erfahren. Zum anderen haben wir neue Erkenntnisse über die biologischen Prozesse innerhalb einer Tumorzelle gewonnen“, resümiert der Jenaer Pharmazeut. „Bei Letzterem diente uns der Naturstoff aus der Myrte als sehr hilfreiches chemisches Werkzeug.“

Für die Zukunft gilt es nun, das Myrtucommulon weiter zu erforschen und es noch effizienter zu machen. Möglicherweise könnte man Darreichungen der Myrte-Substanz dann sogar gegen Leukämie und andere Arten von Krebs einsetzen.


Literatur:

Wiechmann K., Müller H., König S., Wielsch N., Svatoš A., Jauch J., Werz O. (2017) Mitochondrial chaperonin HSP60 is the apoptosis-related target for myrtucommulone. Cell Chem. Biol., Doi: 10.1016/j.chembiol.2017.04.008.

Weitere Informationen: http://www.uni-jena.de

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