Freitag, April 19, 2024

Neu entdeckter Signalweg für mTor-abhängiges Zellwachstum

Die Aktivierung des mTor-Komplexes 1 in der Zelle ist mit entscheidend für viele lebenswichtige Vorgänge im Körper – z.B. für Zellwachstum und Stoffwechsel.

Die Aktivierung des mTor-Komplexes 1 in der Zelle ist zentral für viele lebenswichtige Vorgänge im Körper, zum Beispiel für das Zellwachstum und den Stoffwechsel. Ist dieser Signalweg jedoch überaktiv, können Krankheiten wie diabetische Insulinresistenz oder Krebs resultieren. Ein Team um den Forscher Volker Haucke (Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie und Freie Universität Berlin) hat nun herausgefunden, wie die Regulierung einer bestimmten Lipid-Kinase erfolgt. Wobei die entscheidend für die Inaktivierung des mTor-Komplexes 1 ist. Und damit einen neuen Angriffspunkt zur Behandlung von Diabetes und Krebs darstellt.

 

Lipid-Kinase PI3KC2ß – natürliche Bremse für das Protein mTor

Signalwege in Körperzellen sind enorm komplex: Damit ein bestimmter Mechanismus ausgelöst wird, müssen mehrere „Schalter“ in einer festgelegten Reihenfolge „umgelegt“ werden. Diese „Schalter“ zu finden, kann jedoch knifflig sein. Denn an der zellulären Signalübermittlung sind zahlreiche Substanzen und Stoffkomplexe beteiligt. Wobei man deren Rolle nicht immer einfach identifizieren kann.

So war lange unbekannt, wie der mTor-Komplex 1 in der Zelle deaktiviert werden kann. Diesen „Schalter“ hatten Forschende des FMP bereits 2017 identifizieren können: Eine bestimmte Lipid-Kinase (PI3KC2ß) fungiert als natürliche Bremse für das Protein mTor und sorgt dafür, dass der mTor-Komplex 1 abgeschaltet wird, etwa wenn bestimmte hormonelle Signale wie Insulin ausbleiben.

 

Welche Effekte manipulierte Lipid-Kinase auf die mTOR-Aktivierung und auf das Zellwachstum bringt

Alexander Wallroth aus der Arbeitsgruppe von Volker Haucke hat nun genauer untersucht, wie diese Lipid-Kinase reguliert wird. „Wir haben die Lipid-Kinase auf verschiedene Weise manipuliert und uns angeschaut, welche Effekte das auf die Aktivität von mTOR und auf das Zellwachstum hat“, so der Biologe. Dabei fanden die Forschenden einen Mechanismus, der die Lipid-Kinase PI3KC2ß inaktiviert. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine weitere Kinase, die Protein-Kinase N (PKN). Sie hemmt die Lipid-Kinase PI3KC2ß und sorgt dadurch indirekt für die Aktivierung von mTOR.

Über Wachstumsfaktoren erfolgt die Regulierung der Proteinkinase N. Wobei die Wachstumsfaktoren an der Zellmembran den mTor-Komplex 2, den zweiten Protein-Komplex mit mTor in der Zelle stimulieren. Dieser wiederum aktiviert die Protein-Kinase N, die ihrerseits die Lipid-Kinase deaktiviert.

Damit haben die Forscher zwei weitere Komponenten gefunden, die man pharmakologisch angreifen könnten. Schafft man es nämlich, Protein-Kinase N zu hemmen, wird die Lipid-Kinase PI3KC2ß aktiviert. Schließlich unterbindet das das mTOR-abhängiges Zellwachstum.

Wenn hingegen der mTor-Komplex 2 sowie Protein-Kinase N den Signalweg aktiviert, dann bleibt die Lipid-Kinase inaktiv und der mTOR-Komplex 1 kann das Zellwachstum befördern.

Inhibitoren, die Protein-Kinase N hemmen könnten, kennt man bereits. Diese sind allerdings nicht sehr spezifisch und blockieren auch viele andere lebenswichtige Vorgänge in der Zelle, so dass sie im lebenden Gewebe derzeit noch nicht eingesetzt werden können.

 

Der mTOR Komplex 2 steuert die Aktivität des wichtigen Komplex 1 mit

„Interessant an unseren Ergebnissen ist insbesondere, dass wir einen zellbiologischen Signalweg gefunden haben, der die mTor-Komplexe 1 und 2 miteinander verbindet. Schaltet man z.B. 2 aus, wirkt sich das auch auf 1 aus“, sagt Alexander Wallroth.

So konnten die Forschenden in der vorangegangenen Arbeit zeigen, dass die Lipid-Kinase PI3KC2ß direkt auf den mTor-Komplex 1 einwirkt, wenn sie aktiviert ist. Wird nun durch mTor-Komplex 2 die PKN aktiviert und damit die Lipid-Kinase deaktiviert, wirkt sich das auch auf den mTor-Komplex 1 aus. Über den mTor-Komplex 2 war im Verhältnis zu Komplex 1 bisher weniger bekannt.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen nun, dass mTOR Komplex 2 die Aktivität des wichtigen Komplex 1 mitsteuert. „Das gibt weiteren Forschungen zu medizinischen Eingriffsmöglichkeiten bei verschiedenen Krankheiten wie Insulinresistenz oder Krebs neuen Spielraum“, betont Alexander Wallroth.

Literatur:

Wallroth, A., Koch, P. A., Marat, A. L., Krause, E., Haucke, V. (2019). Protein kinase N controls a lysosomal lipid switch to facilitate nutrient signalling via mTORC1. Nature Cell Biology, Ausgabe September 2019.

Marat, A.L., Wallroth, A., Lo, W., Müller, R., Norata, G.D., Falsaca, M., Schultz, C., Haucke, V. (2017). mTORC1 activity repression by late endosomal phosphatidylinositol 3,4 bisphosphate. Science, Ausgabe vom 2. Juni 2017


Quelle: Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie und Freier Universität Berlin

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