Freitag, April 19, 2024

Mit neuem App Stress messen

Mit einer neuen App soll man Stress messen können. Dabei werden Langzeit-EKG-Daten mit individuellen Stress-Level-Profilen zur Risikoanalyse genutzt.

Bachelorstudenten des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) haben eine innovative App entwickelt, die bei depressiver Symptomatik mittels Langzeit-EKG-Daten bei eine individuelle Risikoanalyse erstellen kann.  Beim HPI-Bachelorpodium demonstrierte das Informatiker-Team seine Lösung vor mehr als 200 Entscheidern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.

 

Stress messen durch individuelle Stress-Level-Analyse

Die Entwicklung der App für die individuelle Stresslevel-Analyse der fünf Bachelorstudenten des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts aus dem HPI-Fachgebiet Betriebssysteme und Middleware arbeiteten in Kooperation mit der Getemed AG in Teltow.
Bei Verdacht auf Übermüdung, Depression oder Burnout kann die App mit Langzeit-EKG-Daten eine erste Risikoabschätzung vornehmen. Die Aufnahmegeräte senden dazu die Herzschlag-Intervalle über eine Bluetooth-Verbindung an die App.

Stress messen mit Langzeit-EKG seit langem bekannt

Mit der sogenannten Herzratenvariabilitätsmessung kann man auch den Stress messen. Dazu wird mittels eines 24-Stunden-EKG und der dazu gehörigen Software die Aktivität des sympathischen und parasympathischen Nervensystems durch die Messung der Zeitintervalle zwischen zwei Herzschlägen ermittelt und so das Verhältnis von Regenerationsfähigkeit und Aktivität erfasst werden.
Dazu ist zu wissen, dass unser autonomes Nervensystem aus dem für die Aktivierung zuständigen Sympathikus und dem für die Regeneration zuständigen Parasympathikus besteht. Der Sympathikus – das sympathische Nervensystem ist neben dem Parasympathikus und dem Darmnervensystem (enterischen) Teil des vegetativen Nervensystems. Der Sympathikus hat eine ergotrope Wirkung – das heißt, er erhöht die nach außen gerichtete Aktionsfähigkeit bei tatsächlicher oder gefühlter Belastung („Fight-or-flight“) und ermöglicht so die Bereitstellung von Energie in akuten Stresssituationen. Der Parasympathikus wird auch als „Ruhenerv“ bezeichnet, da seine trophotrope – mit dem Sympathikus Gleichgewicht herstellende – Wirkung dem Stoffwechsel, der Erholung und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Sympathikus und Paraympathikus werden von Hormonen und Botenstoffen gesteuert. Bei dauerhaftem< Stress kommt es zur Verminderung von Botenstoffen.

Stress messen durch Ermittlung der Herzfrequenzvariabilität

Unterschiedliche Biofeedback-Techniken und Geräten der letzten Jahrzehnten dienen dazu, die Variabilität der Herzfrequenz zu messen. Wichtig ist die Messung der Koppelung von Herz und Atmung, um so den Grad der Synchronisation von Herzrhythmus und Atemfrequenz bestimmen zu können. Die Messung des Pulses erfolgt mit Hilfe eines Brustgurtes oder eines Ohrclips.

Experten konnten feststellen, dass bei komplexen Gefühlen wie Liebe oder Dankbarkeit, die mit der emotionalen Reaktion der Freude verbunden sind, eine messbare Synchronisation der Rhythmen von Herz und Atmung – der sogenannten respiratorischen Sinusarrhythmie – erfolgt. Diese Balance zwischen Atmung und Herzschlag verschwindet bei Stressreaktionen – oder ähnlichen Reaktionen wie Ärger oder Angst –, bei den vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden.

 

Herzfrequenzvariabilität-Biofeedback

Das Herzfrequenzvariabilität-Biofeedback (VRV) wird als Coaching-Methode oder komplementärmedizinische Methode in der verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie genutzt. Amerikanische Untersuchungen zeigten, dass dadurch Depressionen, Herzerkrankungen, Asthma, Angststörungen und Schlaflosigkeit günstig beeinflussbar sind. Die Synchronisation beziehungsweise Kohärenz von Atmung und Herz soll beim Abbau von Anspannungen helfen können – bei der Bewältigung von Stress und Angst.

HRV-Biofeedback wird auch erfolgreich in der betrieblichen Gesundheitsförderung eingesetzt, um in kurzer Zeit Entspannungs- und Konzentrationsfähigkeit der Mitarbeiter verbessern zu können. Die autonome Balance, gemessen an der HRV, nimmt zu und das individuelle Stressempfinden sinkt.

Weitere Informationen:

https://hpi.de/bachelorpodium.

www.facebook.com/HassoPlattnerInstitute www.twitter.com/HPI_DE www.youtube.com/hpitv1

https://de.wikipedia.org/wiki/Herzfrequenzvariabilit%C3%A4t

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