Freitag, April 19, 2024

Migränemedikament gegen Hepatitis C

Das in Europa und Kanada eingesetzte Migränemedikament Flunarizin scheint gegen Hepatitis C wirksam sein. Damit wäre eine wesentlich kostengünstigere Therapie verfügbar.

Obwohl es inzwischen wirksame Medikamente gegen Hepatitis-C-Virusinfektionen gibt, sind nach wie vor etwa 130 Mio Menschen weltweit chronisch mit dem Virus infiziert. Es ist die Hauptursache für Lebertransplantationen. Das Problem: Diese Medikamente gegen das Virus sind sehr kostspielig. Um neue, kostengünstige Therapiemöglichkeiten für Patienten mit chronischen HCV-Infektionen zu finden, haben Wissenschaftler des TWINCORE Substanzsammlungen aus Wirkstoffen untersucht, die bereits für die Behandlung anderer Krankheiten zugelassen sind. Und das Screening hat einen viel versprechenden Treffer ergeben: Das in Kanada und Europa eingesetzte Migränemedikament Flunarizin. Dabei haben sich die Forscher bei der Suche nach neuen Ansätzen gegen HCV zunächst auf Medikamente konzentriert, die Ionenkanäle blockieren, da diese eine wichtige Rolle bei der Infektion der einzelnen Leberzellen mit den unterschiedlichen Hepatitis-C-Virusstämmen spielen. Denn HCV ist durchaus nicht gleich HCV.

 

Calciumkanalblocker Flunarizin

Bereits im Jahr 1967 wurde Flunarizin entdeckt. Der Wirkstoff kommt vor allem in der Migräneprophylaxe und zur Behandlung von Schwindel zur Anwendung. Flunarizin ist ein Calciumkanalblocker, für den zusätzliche Wirkungen als H1-Antihistaminikum, Antikonvulsivum und Antiarrhythmikum nachgewiesen wurden.

Heptitis-C-Viren sind sehr variabel und Wissenschaftler unterscheiden derzeit sieben unterschiedliche Genotypen mit wiederum diversen Subtypen – die sich mit leicht unterschiedlichen Mechanismen ihren Platz in der menschlichen Leber sichern. 23 Medikamente, die für unterschiedlichste Krankheiten zugelassen und erprobt sind, wurden getestet, um Entwicklungskosten zu sparen und somit schneller und kostengünstiger zu neuen Wirkstoffen gegen HCV zu gelangen. Mit dieser Strategie wurde dann das Migränemedikament Flunarizin als Wirkstoff gegen einen Genotyp von HCV identifiziert. Flunarizin bremst HC-Viren vom Genotyp II, während des Viruseintritts – so die Beobachtung der Wissenschaftlerin. Wenn die Membran des Virus und der Wirtszelle miteinander verschmelzen, stört das Migränemedikament diese Verschmelzung und verhindert so, dass die Viren in die Leberzelle hineingelangen.

Obwohl der Wirkstoff nur einen von sieben Genotypen am Eintritt in die Zellen hindert, ist die Suche ein Erfolg. Immerhin sind etwa 16 Millionen Patienten mit diesem Virusgenotypen infiziert und vor allem, kann nun versucht werdenen, den Wirkstoff so zu modifizieren, sodass er auch gegen andere Genotypen eingesetzt werden kann.

Quelle:

Perin PM, Haid S, Brown RJ, Doerrbecker J, Schulze K, Zeilinger C, von Schaewen M, Heller B, Vercauteren K, Luxenburger E, Baktash YM, Vondran FW, Speerstra S, Awadh A, Mukhtarov F, Schang LM, Kirschning A, Muller R, Guzman CA, Kaderali L, Randall G, Meuleman P, Ploss A, Pietschmann T (2016) Flunarizine prevents hepatitis C virus membrane fusion in a genotype-dependent manner by targeting the potential fusion peptide within E1. Hepatology 63(1): 49-62.

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