Donnerstag, März 28, 2024

Antikörper zur Migräneprophylaxe gegen Migräneattacken

Antikörper zur Migräneprophylaxe hemmen Stoffwechselschritte, die eine wesentliche Rolle bei der Generierung von Migräneattacken spielen.

Eine wirksame  Migräne-Akuttherapie ist sehr wichtig. Doch gerade wenn Migräneattacken häufig auftreten, gewinnen Maßnahmen zur Migräneprophylaxe zunehmend an Bedeutung. Neu entwickelte Antikörper, die in Form von subkutanen Injektionen unter die Haut appliziert werden, können bereits effektiv zur Migräneprophylaxe angewandt werden. Diese hemmen durch Blockade des Botenstoffs CGRP (Calzitonin-gene related peptide) gewisse Stoffwechselvorgänge, die bei Migräneattacken eine wesentliche Rolle spielen.

 

Antikörper vorbeugend gegen Migräneattacken einsetzen

Idealerweise werden Migräneattacken vor Auftreten verhindert. Wissenschaftliche Kenntnisse zur Pathophysiologie der Migräne und neue pharmakologische Techniken ermöglichten in den letzten Jahren gezielt die Entwicklung neuer Antikörper zur Migräneprophylaxe entwickelt werden. Diese Substanzen richten sich gegen CGRP beziehungsweise den CGRP-Rezeptor.

Antikörper sind zunächst Eiweißstoffe, die vom Menschen physiologisch gebildet werden und die z.B. bei der Infektabwehr eine Rolle spielen. Inzwischen kann man Antikörper regelrecht designen, um definierte Funktionen im Organismus zu blockieren. Die Antikörper zur Migräneprophylaxe hemmen durch Blockade des Botenstoffs CGRP Stoffwechselschritte, die eine wesentliche Rolle bei der Generierung einer Migräneattacke spielen.

Wie alle Antikörper können sie nicht als Tablette verabreicht werden. Sie sind als Präparate zur subcutanen Injektion verfügbar und müssen je nach Präparat 1x in zwei oder vier Wochen gespritzt werden.

 

Welche Rolle spielt CGRP im menschlichen Körper?

CGRP ist ein Botenstoff, der in der Migräneattacke ausgeschüttet wird und wesentlich für die Ausbildung der Kopfschmerzen verantwortlich gemacht wird, da er – zusammen mit anderen Botenstoffen – die sogenannte neurovaskuläre Entzündung an den Blutgefäßen von Gehirn und Hirnhäuten auslöst.

In der Attacke ist CGRP im Blut und im Nervenwasser erhöht. Bei Patienten mit einer chronischen Migräne, das sind Betroffene mit ≥ 15 überwiegend migränetypischen Kopfschmerztagen pro Monat, sind die CGRP Spiegel im Blut sogar dauerhaft erhöht. CGRP spielt allerdings nicht nur bei der Migräne eine Rolle. CGRP ist der wichtigste – aber nicht der einzige – Botenstoff im Körper, der im Falle einer Minderdurchblutung Blutgefäße weitstellt und so die Durchblutung verbessert. CGRP wird auch von Immunzellen, Zellen der Gefäßwände – dem sogenannten Endothel – und bestimmten Zellen in der Haut gebildet. Seine Bindungsstellen, die Rezeptoren, findet man zum Beispiel an Blutgefäßen im gesamten Körper, an der Niere und im Gastrointestinalsystem.

 

Die Substanzen Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab im Überblick

Die neuen CGRP-Rezeptor-Antikörper wurde in zahlreichen Studien auf vorbeugende Wirkungen untersucht. Die Studien schlossen Patienten mit episodischer Migräne und bei Patienten mit chronischer Migräne ein. Sie untersuchten zum Teil auch schwer zu behandelnde Patienten, die bislang auf mehrere vorbeugend wirksame Medikamente nicht ansprachen.

Aktuell erhielt Erenumab als erster Antikörper, der den CGRP-Rezeptor blockiert, unlängst die europäische Zulassung. Mit der Zulassung der beiden weiteren CGRP-Rezeptor-Antikörper Fremanezumab sowie Galcanezumab wird aufgrund positiver Studienergebnisse im kommenden Jahres mit der Zulassung gerechnet.

 

Wirksamkeit und Verträglichkeit

Erenumab und Fremanezumab sowie Galcanezumab waren in allen vorliegenden Studien wirksamer Placebo. Sie führen zu einer signifikanten Abnahme der Migräneattacken beziehungsweise der Migränetage. Alle drei Antikörper zeigen bereits in den ersten vier Therapiewochen einen signifikanten Therapieeffekt. Ältere, etablierte Substanzen zur Migräneprophylaxe zeigen hingegen erst nach frühestens sechs bis acht Wochen ihre Effekte.

Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab sind sehr gute verträglich. Dokumentierte Nebenwirkungen entsprachen in Art, Schwere und Häufigkeit den Nebenwirkungen von Placebo. Am häufigsten traten Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle auf. Nebenwirkungen, die man vielleicht aufgrund der generellen Blockade von CGRP theoretisch befürchten könnte, traten in den selektierten Studienkollektiven nicht auf.

 

Zusammenfassung der Studienergebnisse

Erenumab. Unter der Behandlung mit Erenumab kam es bei Patienten mit episodischer Migräne und durchschnittlich ca. acht Migränetagen pro Monat zu einem Rückgang um ca. drei Tage. In den Studien zeigten etwa 40 % der Patienten, die mit dem Antikörper Erenumab behandelt wurden, eine Besserung der Migräne von mindestens 50%. Bei der besonders schwer zu behandelnden chronischen Migräne mit durchschnittlich ca. 18 Migränetagen pro Monat gingen die Kopfschmerztage um sechs bis sieben Tage zurück. Eine mindestens 50%-ige Besserung war bei etwa 40 % der Patienten zu verzeichnen.

Fremanezumab. Unter Behandlung mit Fremanezumab wurde bei der sogenannten hochfrequenten episodischen Migräne mit acht bis vierzehn Migränetagen pro Monat ein Rückgang um ca. sechs Tage erreicht. Über 50 % der Patienten zeigten eine Besserung um mindestens 50 %. Bei Patienten mit chronischer Migräne gingen die Kopfschmerztage um vier bis fünf Tage zurück. Eine mindestens 50%ige Besserung war bei ca. 40 % der Patienten zu verzeichnen.

Galcanezumab. Galcanezumab wurde in den Studien ausschließlich bei der episodischen Migräne eingesetzt. Die Migränetage nahmen, ausgehend von etwa neun Migränetagen pro Monat, um etwa vier bis knapp fünf Tage ab und es wurde eine Verbesserung der Migräne um mindestens 50 % bei etwa 60 % der Patienten festgestellt.

Die Daten zeigen, dass die neuen und gut wirksamen sowie verträglichen Antikörper Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab die vorbeugende Behandlung der Migräne verbessern werden.

Quelle:

Statement » Migräneattacken mit Antikörpern verhindern: Neue Medikamente zur Migräneprophylaxe kommen auf dem Markt « von Priv. Doz. Dr. med. Stefanie Förderreuther Präsidentin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG), Oberärztin an der Neurologischen Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinikum Innenstadt, München zum Deutschen Schmerzkongress der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. sowie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V., Oktober 2018, Mannheim

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