Baldrian sorgt für Beruhigung und fördert den Schlaf, wobei für die Schlaf fördernde Wirkung vor allem die enthaltenen Lignane verantwortlich sind.
Lignane sind farblose, kristalline und geruchlose Verbindungen, die zur Gruppe der Polyphenole gehören und in Baldrian enthalten sind, helfen den Menschen bei der Beruhigung und fördern so auch den Schlaf. Die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe werden aber verschiedene andere positive Effekte zugesprochen.
Unterschiedliche Wirkungen
Lignane gelten beispielsweise als Phytoöstrogene, die im menschlichen Körper an die Rezeptoren für das weibliche Geschlechtshormon Östrogen andocken können. Und die man mit der täglichen Ernährung aufnehmen kann. Aufgrund dieser östrogenartigen Wirkungen und weiterer biochemischer Eigenschaften scheinen Lignane vorbeugend gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und andere chronische Erkrankungen wirken zu können. So konnte die Forschung beispielsweise deutliche Hinweise darauf finden, dass Lignane nicht nur das Erkrankungsrisiko für Brustkrebs nach den Wechseljahren senken können. Sondern sie können auch allgemein das Sterblichkeitsrisiko senken.
Zur Beruhigung: die schlaffördernden Lignane in Baldrian
Schon Hippokrates wusste, dass Baldrian beruhigt und fördert den Schlaf. Bestimmte ihrer Pflanzeninhaltsstoffe haben als pflanzliche Sedativa sedierenden Effekte, die beruhigende und schlaffördernde Wirkungen bieten. Die Lignane scheinen dazu an bestimmte Rezeptoren im Gehirn zu binden, die den Wach-Schlaf-Rhythmus steuern. Früher vermutete man, dass Baldrian in den GABA-Regelkreis eingreift und den Botenstoff GABA als Müdemacher beeinflusst.
Doch heute geht man davon aus, dass die Anwendung von Baldrian vor allem auf das Müdigkeits-Molekül Adenosin anregend wirkt. Dazu binden Moleküle aus der Gruppe der Lignane an bestimmte Nervenzell-Rezeptoren, die Adenosin-Rezeptoren vom Typ A1. Damit wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die den Organismus letztlich schläfrig macht. Bei Koffein, das ebenfalls auf A1-Rezeptoren wirkt, verhält es sich übrigens umgekehrt.
Adenosin selbst eignet sich nicht als Beruhigungsmittel, denn es wird innerhalb von Sekunden abgebaut. Stabile Adenosin-Derivate sind ebenfalls problematisch: Da es im Herzmuskel auch A1-Rezeptoren gibt, allerdings viel weniger als im Gehirn, können sie zu einer Herzmuskellähmung führen. Lignane hingegen scheinen nur im Gehirn ihre beruhigende Wirkung entfalten zu können. Dabei spielen spezielle Transportmoleküle eine maßgebliche Rolle, um die Moleküle effektiv im Gehirn zu platzieren.
Literatur
Sendker J, Lechtenberg M, Hensel A. An Unsuccessful Attempt to Confirm the Occurrence of 4′-O-β- d-Glucosyl-9-O-(6″-deoxysaccharosyl)olivil in Valerian Root. Planta Med. 2020 Oct;86(15):1133-1139. doi: 10.1055/a-1078-5195. Epub 2020 Jan 3. PMID: 31899925.
Wang PC, Ran XH, Chen R, Luo HR, Ma QY, Liu YQ, Hu JM, Huang SZ, Jiang HZ, Chen ZQ, Zhou J, Zhao YX. Sesquiterpenoids and lignans from the roots of Valeriana officinalis L. Chem Biodivers. 2011 Oct;8(10):1908-13. doi: 10.1002/cbdv.201000247. PMID: 22006719.
Quelle: Pharmazeutisches Institut der Universität Bonn http://www.uni-bonn.de