Donnerstag, März 28, 2024

Neue Leitlinie arterielle Hypertonie der ESC

Die aktualisierte neue Leitlinie arterielle Hypertonie verbessert die Behandlung. Dazu sollten Ärzte ihre Patienten zukünftig intensiver und zielgerichteter behandeln.

Bekanntlich kann eine effektive Blutdrucksenkung den Patienten sehr nützen. Denn pro 10mmHg systolischer Blutdrucksenkung verringert sich das Risiko für einen Schlaganfall um 27%. Weiters für Herzinsuffizienz um 28% sowie für eine schwerwiegende kardiovaskuläre Erkrankung um 20%. Unter dem Strich ist arterielle Hypertonie die häufigste chronische Erkrankung, die zu Komplikationen wie Schlaganfall, Demenz, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz sowie Niereninsuffizienz führen kann. Mit der Aktualisierung der ESC-Leitlinie arterielle Hypertonie wurde ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Behandlung von Hypertonie-Patienten gemacht.

 

Leitlinie arterielle Hypertonie: Europa versus USA

Die neue Leitlinie zum Management der arteriellen Hypertonie beinhaltet vorrangig vier Kernpunkte, mit denen betroffene Patienten von Beginn der Krankheit an intensiver und zielgerichtet behandelt werden sollen.

Im Gegensatz zur US-amerikanischen Leitlinie geht die neue europäische Leitlinie nicht mit einer Änderung der Definition der Hypertonie einher. Sie wird weiterhin bei einem Blutdruck von über 140/90 mmHg und bei den über 80-jährigen von über 160/90 mmHg festgestellt. Das ist wohl einer der wichtigsten Aspekte der neuen Leitlinie. Während die US-Amerikaner die SPRINT-Studie, die in den USA durchgeführt wurde, als Basis für die neue Hypertonie-Definition heranziehen, gibt es unserer Meinung nach zu wenig epidemiologische oder klinische Daten, um die Änderung der Defintion zu rechtfertigen.

Die Studie zeigte ein besseres Outcome für hypertensive Patienten mit hohem Risiko und einem Blutdruck zwischen 130 und 180 mmHg, wenn sie einer intensiven blutdrucksenkenden Therapie (Zielblutdruck 120 mmHg) zugeführt wurden. Das rechtfertigt aus unserer Sicht aber keine Neudefinition der Erkrankung. Wie beispielsweise die HOPE 3-Studie belegte, verbessert in der Allgemeinpopulation der Patienten mit niedrig normalen Blutdruckwerten eine antihypertensive Therapie die Prognose nicht.

 

Unterer Zielkorridor

Der zweite wichtige Punkt ist, dass wir einen engeren Zielblutdruck anstreben, der für die meisten Patienten zwischen 120 bis 130 mmHg systolisch und 70 bis 80 mmHg diastolisch liegen sollte. Eine absolute Neuheit ist dabei die Einrichtung eines unteren Zielkorridors, der bei der Blutdrucksenkung nicht unterschritten werden sollte. Der Blutdruck sollte systolisch nicht unter 120 mmHg und diastolisch nicht unter 70 mmHg fallen. Auch ältere Patienten über 65 müssen intensiver behandelt werden (Zielblutdruck 130-140 mmHg). Diese Blutdruckwerte zu erreichen wird eine große Herausforderung.

Bei Patienten mit moderatem Risiko empfehlen wir im ersten Schritt noch immer die Lebensstilintervention. Dazu gehören Reduktion der Salzzufuhr, des Alkoholgenusses und des Nikotins bei körperlicher Bewegung und gesunder Ernährung im Sinne von mediterraner Kost. Das ist in vielen Fällen allerdings nicht erfolgreich.

Daher brauchen die Aptienten in den meisten Fällen schon früh Medikamenten, um die niedrigen Zielwerte zu erreichen. Die neue Leitlinie wertet außerdem die Blutdruckmessung außerhalb der Praxis auf. Sowohl der Langzeitblutdruck als auch der häusliche Blutdruck. Hierzu fehlen aber weiterhin wichtige Daten, denn obwohl wir wissen, dass die Langzeitblutdruckmessung prognostische Relevanz hat, ist noch immer unklar, was die optimalen Zielwerte für Patienten mit arterieller Hypertonie in der Langzeitblutdruckmessung sind und ob eine auf einen Langzeitblutdruck ausgerichtete Blutdruckeinstellung einer auf einen Praxisblutdruck ausgerichtete Blutdruckeinstellung überlegen ist.

 

Duale Wirkstoff-Kombination empfohlen

Eine weitere wichtige Empfehlung der neuen Leitlinie arterielle Hypertonie ist, dass die meisten Patienten nun von Anfang an eine duale Wirkstoff-Kombination erhalten. Dadurch erwirkt man einerseits eine größere initiale Blutdrucksenkung, mit der die Patienten schneller ihren Zielwert erreichen. Andererseits bekämpft man durch die Reduktion der Tablettenlast das häufige Problem einer mangelnden Therapietreue. Viele Patienten mit arterieller Hypertonie nehmen ihre Medikamente unregelhaft ein.

Eine Therapie mit Kombinationspräparaten in einer Tablette erleichtert den Patienten die Einnahme. Wenn die duale Fixkombination nach drei Monaten nicht erfolgreich, sollte der Arzt drei Wirkstoffe in einer Tablette kombinieren. Wenn dadurch keine Blutdruckeinstellung gelingt, liegt eine therapieresistente Hypertonie vor undder Arzt sollte zusätzlich Spironolacton verabreichen.

 

Renale Denervation

Eine alternative Therapiemöglichkeit, die zukünftig womöglich wieder eine Rolle spielen wird, ist die renale Denervation. Dieses Verfahren muss aber noch weiter untersucht werden. Die neuen Studienergebnisse, die eine klare Evidenz für eine Blutdrucksenkung durch die Prozedur gezeigt haben, wurden erst nach der Aktualisierung der Leitlinie arterielle Hypertonie veröffentlicht,. Deswegen konnten man sie auch nicht mehr berücksichtigen. Die Leitlinien besagen, dass das Verfahren bis zum Abschluss der größeren randomisierten kontrollierten Studien zur Routinebehandlung der arteriellen Hypertonie nur im Einzelfall und an spezialisierten Zentren in Erwägung gezogen werden sollte. Die Studien, die Ende 2019/Anfang 2020 abgeschlossen sein werden, werden hoffentlich mehr Aufschluss über den Einsatz der renalen Denervation geben.

Quelle:

Statement Prof. Dr. Felix Mahfoud, Kommissarischer Sprecher der Arbeitsgruppe Arterielle
Hypertonie (AG 43). Pressetext DGK 04/2019. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. – www.dgk.org

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