Wann liegt eine Lebenskrise oder Depression vor? Nicht jedes seelische Leid muss eine Krankheit sein. Diagnosen sollten auf medizinisch relevantes Leiden beschränkt werden.
Nicht jedes seelische oder soziale Leid muss zur psychischen Krankheit erklärt werden, statt Depression oder anderen psychischen Erkrankungen kann beispielsweise eine spezifische Lebenskrise vorliegen. Deswegen sollten Krankheitsdiagnosen auf medizinisch relevante Leiden beschränkt werden.
Im Einzelfall gut abzuwegen: Diagnose zu Lebenskrise oder Depression
Die Frage, wo und wann Krankheit beginnt, stellt sich nicht nur im Bereich der psychischen Gesundheit. Auch bei körperlichen Erkrankungen wie Bluthochdruck ist es keinesfalls klar und einfach zu bestimmen, ab welchen Schwellen nun wirklich eine manifeste Erkrankung sowie Behandlungsbedarf vorliegt.
Die Diagnose psychischer Störungen ist in der Regel zumindest ebenso zuverlässig wie die Diagnostik vieler körperlicher Erkrankungen – auch wenn sich dort häufig ‚objektive‘ Laborparameter heranziehen lassen.
In beiden Fällen braucht es eine Konvention für Schwellenwerte, ab denen eine Diagnose gestellt wird. Auch wenn es beispielsweise bei depressiven Erkrankungen viele Fälle gibt, bei denen die Diagnose unzweifelhaft ist, gibt es auch solche, die sich in einem Grenzbereich bewegen. Hier ist eine klare Unterscheidung zu alltäglicher Verstimmung, Lebenskrise sowie Traurigkeit notwendig und die Diagnose muss im Einzelfall gut abgewogen werden.
Alltägliche Befindlichkeitsstörungen sollten nicht vorschnell als behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen definiert werden. In jedem Fall zeigt die Diagnose einer psychischen Störung einen Beratungsbedarf an, was zu einer medizinischen oder psychotherapeutischen Behandlung führen kann, aber nicht muss. Vielmehr können gegebenenfalls auch die Fähigkeiten zur Selbsthilfe und -regulation aktiviert werden. Die sogenannte Resilienz, der Schutz vor Krankheitsanfälligkeit, könnte auf diesem Weg sogar nachhaltiger gestaltet werden.
Krankheitskonzepte auf medizinisch signifikantes Leiden beschränken
Krankheitskonzepte auf medizinisch signifikante Leiden beschränken. Das liegt vor, wenn psychische Funktionen und die soziale Teilhabe wesentlich beeinträchtigt sind und die betroffene Person darunter leidet. In diesem Sinn ist nicht jede Lebenskrise eine Erkrankung, wobei auch dann eine psychotherapeutisch Behandlung Sinn machen kann. Harmlosere Befindlichkeitsstörungen und gesellschaftliche Probleme sowie normale Alterungsprozesse sollten aber nicht pathologisiert werden.
Bildtext: Lebenskrise oder Depression? Nicht jedes seelische oder soziale Leid sollte zur psychischen Krankheit erklärt werden. © Jens Diemer / flickr.com