Freitag, April 26, 2024

Langzeit-Nachsorge erforderlich: Krebs überleben, aber nicht vollständig gesund

Heutzutage können viele Menschen Krebs überleben und langfristig damit leben, doch Erkrankung und Therapien hinterlassen oft Spuren und machen eine Langzeit-Nachsorge notwendig.

Immer mehr Menschen können ihren Krebs überleben. Sie werden geheilt oder können mit der Krankheit langfristig leben. Doch die Krebserkrankung sowie auch ihre Behandlung fordern oft ihren Tribut. Viele Betroffene leiden noch Jahre und Jahrzehnte später unter körperlichen, seelischen sowie sozialen Folgen. Deswegen fordern Experten eine gesetzlich geregelte und umfassende Langzeit-Nachsorge nach der erfolgreichen Behandlung einer Krebs-Erkrankung.

 

Mehr als die Hälfte der Patienten können heute über fünf Jahre Krebs überleben

Heute können es in unseren Breiten Millionen Männer und Frauen ihren Krebs überleben, dementsprechend spricht man von Cancer Survivors. Mehr als die Hälfte können Krebs überleben und sind Langzeitüberlebende, deren Krebsdiagnose mehr als fünf Jahre zurückliegt – mit steigender Tendenz.

Dafür sind einerseits die zunehmende Zahl der Neuerkrankungen aufgrund der demographischen Entwicklung verantwortlich. Weiters konnten die Erfolge der biomedizinischen Forschung die Früherkennung, Diagnostik sowie die Therapien von Krebs verbessern.

Wenn Menschen Krebs überleben, stellt sich ihre Lebenssituation teilweise sehr unterschiedlich dar. Manche sind fast beschwerdefrei und kehren nach der Therapie zu einem normalen Leben zurück. Andere Betroffene hingegen entwickeln schwerwiegende Probleme.

Die Belastungen und Beschwerden können vorübergehend oder dauerhaft sein. Im Grunde genommen ist das Risiko für Spätfolgen von der Krebserkrankung und ihrer Behandlung abhängig. Allerdings spielen auch Veranlagung, Lebensführung sowie Umweltfaktoren eine Rolle.

 

Wenn Spätfolgen die Lebensqualität beeinträchtigen

Im Grunde genommen sind die Bandbreite und das Ausmaß der Spätfolgen sehr vielfältig. Patienten und Angehörige berichten beispielsweise von Fatigue, Neuropathie, Depressionen und Angst. Weiter spielen häufig familiäre, berufliche und finanzielle Probleme ein wichtige Rolle. Hinzu kommen Organschäden, zum Beispiel an Herz, Lunge und Nieren. Auch über Störungen der Fruchtbarkeit und Sexualität klagen viele.

 

Befragung von Krebspatienten, die über 5 Jahre ihren Krebs überleben konnten

Wissenschaftler um Dr. Volker Arndt im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben unlängst über 6.000 Langzeit-Krebsüberlebende befragt. Etwa ein Drittel der 6.057 Teilnehmenden betrachteten sich auch 5 bis 15 Jahre nach der Diagnose noch als Krebspatienten. Diese Selbstwahrnehmung ist im Zusammenhang mit vielerlei klinischen sowie psychosozialen Faktoren zu sehen. Wie zum Beispiel körperlichen Belastungen durch Spätfolgen, Angst vor einem Rückfall sowie Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Die Befragung wurde im Rahmen der CAESAR-Studie an sechs Krebsregistern in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung zeigten, wie wichtig für Langzeitpatienten die Aspekte individuelle Erfahrung und subjektive Wahrnehmung sind. Beides sollte bei der Entwicklung von neuen Versorgungsmodellen unbedingt Berücksichtigung finden.

 

Langzeit-Nachsorge auch nach erfolgreicher Behandlung von Krebs dringend erforderlich

Angesichts der wachsenden Zahl Krebs-Langzeitüberlebender und des Problems der Spätfolgen sehen viele Experten zunehmend die Notwendigkeit eines Konzeptes zur Langzeit-Nachsorge: Krebs-Langzeitüberlebende werden dabei ‒ entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse ‒ von einem interdisziplinär aufgestellten Team umfassend und langfristig betreut. Ziel ist es, den Menschen, die mit und nach Krebs leben, ein weitestgehend gesundes und aktives Leben mit einem möglichst hohen Maß an Lebensqualität zu ermöglichen.

Die Realität sieht zurzeit allerdings noch anders aus. Zwar sind erste Modelle zur Rundum-Versorgung ehemaliger Krebspatienten in der Erprobung. Nachsorge-Programme stehen allerdings längst nicht allen Cancer Survivors zur Verfügung. Auch Zuständigkeiten und Finanzierung sind bislang nicht geklärt.


Literatur:

Thong MSY, Wolschon EM, Koch-Gallenkamp L, Waldmann A, Waldeyer-Sauerland M, Pritzkuleit R, Bertram H, Kajüter H, Eberle A, Holleczek B, Zeissig SR, Brenner H, Arndt V (2018). Still a cancer patient. “Still a cancer patient” – Associations of cancer identity with patient-reported outcomes and health care use among cancer survivors. JNCI Cancer Spectrum, 2(2). doi:10.1093/jncics/pky031


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

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