Freitag, April 19, 2024

Wahrscheinlicher Zusammenhang: Krebs durch nächtliche Schichtarbeit

Ähnlich wie Glyphosat oder rotes Fleisch könnte nächtliche Schichtarbeit ein Auslöser von Krebs sein. Grund dafür ist der gestörte Tag-Nacht-Rhythmus.

Die nächtliche Schichtarbeit löst vermutlich Krebs aus. Diese Einschätzung bestätigte unlängst ein international besetztes Gremium aus 27 Wissenschaftlern für die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC). Ihre Einschätzung publizierten sie in der Fachzeitschrift „Lancet Oncology“.

 

Schichtarbeit stört Tag-Nacht-Rhythmus und könnte so Krebs fördern

Unter dem Strich arbeiten etwa 20 Prozent aller Beschäftigten außerhalb der typischen Arbeitszeit am Tag. Bereits im Jahr 2007 stufte eine Arbeitsgruppe der IARC Nacht-Schichtarbeit als „wahrscheinlich für Menschen Krebs erregend“ (probably carcinogenic to humans) ein. Schichtarbeit, bei der der Tag-Nacht-Rhythmus gestört wird, fällt damit in die Gruppe 2A, zu der auch Glyphosat oder rotes Fleisch gehören.

Schließlich hat man diese Einschätzung nun in einer Folgeevaluation bestätigt. Dabei war der Grund für die Neubewertung die relativ hohe Zahl in den letzten Jahren veröffentlichter Studien zum Thema. Ihre Schlussfolgerung ziehen die beteiligten Wissenschaftler zwar auf der Basis einer beschränkten Datenlage in Studien am Menschen. Allerdings ist die Studienlage in Tierexperimenten gut. Außerdem besteht eine starke biologische Plausibilität.

Dabei bewerteten die Forscher die Stärke der Evidenz für die Kanzerogenität des zu beurteilenden Faktors auf Basis der von der IARC vorgegebenen Kriterien. Diese Einstufung gilt explizit nicht als Risikobewertung. Sie kann also nichts über die Wahrscheinlichkeit aussagen, mit der ein Stoff oder Agens Krebs auslöst.

 

Schichtarbeit wahrscheinlich Krebs erregend

„Es war eine in weiten Teilen durchaus kontrovers geführte Diskussion der wissenschaftlichen Daten zum Thema. Einige neuere Studien fanden keinen Zusammenhang zwischen Nacht-Schichtarbeit und Krebs. Andere wiederum zeigten überzeugend Risiken auf. Und die Einordnung der biologischen Befunde ist teils hoch kompliziert“, sagt Prof. Dr. Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS.

„Es gibt eine relativ deutliche Assoziation zwischen Nachtarbeit und malignen Tumoren der Brust, der Prostata und des Darms. Allerdings lassen sich, bedingt durch die Studiendesigns, andere Erklärungen nicht vollkommen ausschließen. Darum mussten wir uns den Entscheidungskriterien der IARC gemäß für die Gruppe 2A, wahrscheinlich krebserregend, entscheiden“, so Zeeb.


Literatur:

IARC Monographs Vol 124 group, with the collaboration of Zeeb, Hajo. Carcinogenicity of night shift work. The Lancet Oncology. 2019; forthcoming. DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(19)30455-3


Quelle: Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS

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