Samstag, April 20, 2024

Körpersprache hat klare medizinische Relevanz

Körpersprache ist im Alltag bei non-verbaler Kommunikation oder sozialer Wahrnehmung sehr wichtige, Frauen sollen beim Verstehen non-verbaler Signale Männern überlegen sein.

Die Körpersprache sagt viel über uns aus. Durch Non-verbale Kommunikation kann zuverlässig auf den emotionalen Zustand geschlossen werden. Bei der Untersuchung von Geschlechtsunterschieden bei der Wahrnehmung von Körpersprache zeigt sich, dass es sehr auf die Emotion ankommt.

Die Mehrzahl neurologischer Entwicklungsstörungen sowie psychiatrischer und psychosomatischer Erkrankungen, bei denen auch die non-verbale Wahrnehmung und Kommunikation beeinträchtigt sind, tritt bei Frauen und Männern unterschiedlich auf. Zum Beispiel treten Autismus und ADHS häufiger bei Jungen auf, Schizophrenie, Depression, Angst- und Essstörungen werden häufiger bei Frauen erkannt. Ohne die zugrunde liegenden neurobiologischen Geschlechtsunterschiede zu verstehen ist eine personalisierte Medizin nicht denkbar.

Unter Federführung von Prof. Dr. Marina Pavlova vom Universitätsklinik Tübingen wurden Geschlechtsunterschiede differenziert erforscht. In einer ersten Untersuchung sollten gesunde Versuchsteilnehmer erkennen, ob eine an der Tür klopfende Person fröhlich, neutral oder wütend gestimmt war. In der zweiten Studie wurden Emotionen gehender Menschen beurteilt. In beiden Fällen waren Männer beim Erkennen fröhlicher Körpersprache besser als Frauen, Frauen wiederum bei wütenden Bewegungen. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass Männer fröhlich gehende Frauen am besten erkennen.

 

Erkenntnisse durch Magnetenzephalographie des Gehirns

Mit Hilfe der Magnetenzephalographie, kurz MEG, konnte bei Frauen eine frühere und höhere Aktivität über dem rechten Temporallappen nachgewiesen werden – einer Gehirnregion, in der die neuronalen Netzwerke für Bewegungswahrnehmung und Erkennen emotionaler Körpersprache überlappen. Bei Männern wird eine spätere Gehirnaktivität über dem Frontalhirn aufgezeichnet – dort, wo sozial relevante Entscheidungen getroffen werden. Es wird vermutet, dass die Gehirne beider Geschlechter sich unterschiedlicher spezifischer Strategien zum Lesen von Körpersprache bedienen.

Trotz neurobiologischer Unterschiede kann das beobachtete Verhalten beider Geschlechter ähnlich sein. Die unterschiedliche Gehirnaktivität kann sogar als Anpassungsstrategie gesehen werden. Um eine angepasste soziale Reaktion zu zeigen, könnten Männer eher auf Entscheidungsebene zurückgreifen, während bei Frauen reine visuelle Wahrnehmungsprozesse im Vordergrund stehen könnten. Dennoch können solche Mechanismen oder deren Ausfall der geschlechtsunterschiedlichen Prädisposition für bestimmte neuropsychiatrische Erkrankungen zugrunde liegen.

Körpersprache hat Bedeutung für den Alltag

Die weit verbreitete Annahme, dass Frauen generell non-verbale Signale besser verstehen, konnte also nicht bestätigt werden. Geschlechtsunterschiede beim Verstehen von Körpersprache gibt es aber durchaus, und zwar abhängig von der Art der Emotion: Männer erkennen besser fröhliche, Frauen wütende Körpersignale. Außerhalb der Medizin und Neurowissenschaften sind diese Ergebnisse auch für unser Alltagsleben von großer Bedeutung: scheinbar mögen Männer einfach fröhliche Frauen.

Literatur:

Pavlova MA, Sokolov AN, Bidet-Ildei C. (2014). Sex differences in the neuromagnetic response to biological motion. CEREBRAL CORTEX advanced online access. doi: 10.1093/cercor/bhu175. (IF 8.3)
Krüger S, Sokolov AN, Enck P, Krägeloh-Mann I, Pavlova MA. (2013). Emotion through locomotion: gender impact. PLoS ONE, 8(11): e81716. doi: 10.1371/journal.pone.0081716. (IF 3.5)
Sokolov AA, Krüger S, Enck P, Krägeloh-Mann I, Pavlova MA. (2011). Gender affects body language reading. FRONTIERS PSYCHOLOGY 2:16 doi:10.3389/fpsyg.2011.00016. (IF 2.8)

Quelle: Radiologischen Universitätsklinik Tübingen

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