Freitag, April 26, 2024

Knochengesundheit und Krebs

Gesunde Knochen trotz Krebs: Die österreichische Brustkrebsstudie ABCSG bringt ein wegweisendes Ergebnis zum Thema „Knochengesundheit und Krebs“.

Die Studiengruppe ABCSG (Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group) beweist mit Österreichs größter Brustkrebsstudie ABCSG 18 unter der Leitung von Michael Gnant, Leiter der Universitätsklinik für Chirurgie an der MedUni Wien, dass Osteoporose als Langzeitfolge einer endokrinen Krebstherapie reduzierbar ist, und positioniert sich mit diesem Ergebnis wieder an der Weltspitze der Krebsforschung.

Weltweit nur zwei Studien zum Thema „Knochengesundheit und Krebs“

Weltweit gibt es nur zwei Studien zum Thema „Knochengesundheit und Krebs“ – eine davon hat die seit 30 Jahren erfolgreiche österreichische Studiengruppe ABCSG nun nach über zehn Jahren Laufzeit mit einem hervorragenden Ergebnis abgeschlossen, das einen „practice-change“ in der Brustkrebstherapie bewirken kann.

Insgesamt 3.425 Patientinnen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs nahmen an dieser bislang größten Brustkrebsstudie in Österreich teil, die Rekrutierung lief von Dezember 2006 bis Juli 2013. Standardtherapie für postmenopausale Frauen mit hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom sind heutzutage Aromatase-Inhibitoren, die allerdings auch negative Auswirkungen auf die Knochendichte haben und somit das Osteoporoserisiko deutlich erhöhen. Das wiederum geht mit Frakturen und einer beträchtlichen Einschränkung der Lebensqualität einher.

Die placebo-kontrollierte doppelblinde Adjuvans-Studie ABCSG 18 konnte nun zeigen, dass diese therapie-induzierte Langzeitfolge um 50 Prozent reduziert werden kann, wenn der humane monoklonale Antikörper Denosumab zusätzlich zur endokrinen Therapie verabreicht wird (92 Frakturen versus 176 im Placebo-Arm, HR=0.50). Ohne zusätzliche Toxizität halbiert die Gabe von 60 mg Denosumab zweimal pro Jahr subkutan klinische Frakturen, außerdem erhöhte sich die Knochendichte in der Wirbelsäule um zehn Prozent, in der Hüfte um rund acht Prozent und im Oberschenkelhals um sechs Prozent.

„Unsere Daten müssen jedenfalls Einfluss auf die tägliche Praxis haben, denn wir können unseren Patientinnen jetzt sehr einfach mit nur zwei Injektionen pro Jahr und ohne zusätzliche Belastungen eine schwerwiegende Langzeitfolge der Krebstherapie ersparen“, bringt Michael Gnant, ABCSG-Präsident, Leiter der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien, stellvertretender Leiter des Comprehensive Cancer Center (CCC) Vienna und Leiter der Studie ABCSG 18, die Relevanz der Ergebnisse auf den Punkt.

Die Daten werden beim Annual Meeting der American Society of Clinical Oncolocgy (ASCO, 29.5.-2.6.) in Chicago präsentiert, zu dem Tausende Onkologie-Expertinnen und -Experten erwartet werden. „Es ist ein bahnbrechendes Ergebnis, und die Eindeutigkeit hat sogar uns überrascht“, so Gnant. „Die onkologische Welt wird wieder einmal gespannt auf Österreich blicken.“

ABCSG 18: Knochenarbeit für Österreich

Fast alle österreichischen Krebs-Zentren sowie einige Zentren aus Schweden engagierten sich in diesem Projekt, zusätzlich zu zahlreichen niedergelassenen Radiologinnen und Radiologen, die regelmäßig Knochendichtemessungen bei den Studienteilnehmerinnen vornahmen. Insgesamt waren 65 Zentren mit mehreren Hundert Ärztinnen und Ärzten in der Studie aktiv, um die gefürchtete Nebenwirkung Osteoporose aus der Krebstherapie zu eliminieren. Finanziert wurde ABCSG 18 von dem global agierenden Pharmaunternehmen Amgen.

Studien zeigen, dass 16 Prozent aller postmenopausalen Brustkrebspatientinnen fünf Jahre nach einer Aromatase-Inhibitor-Therapie an Osteoporose und einer deutlichen Abnahme der Knochendichte leiden. Bei diesen Frauen treten vermehrt Frakturen auf, die schlecht heilen, und neben den gesundheitsökonomischen Aspekten ist natürlich auch ihre Lebensqualität beträchtlich eingeschränkt. ABCSG 18 beweist eindeutig, dass adjuvant verabreichtes Denosumab ohne zusätzliche Toxizität die Knochengesundheit postmenopausaler Brustkrebspatientinnen erhöht und das Frakturrisiko halbiert.

Knochengesundheit und Krebs – kein Widerspruch mehr

Der IgG2-anti-RANKL-Antikörper Denosumab hat eine ähnliche Wirkung wie Bisphosphonate, die zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt werden. ABCSG 18 hat untersucht, ob der positive Effekt auf die Knochendichte auch eintritt, wenn hier noch keine Veränderungen vorliegen, man es also auch gesunden Patientinnen zur Verringerung des therapie-induzierten Osteoporoserisikos verabreicht. Postmenopausale Patientinnen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs wurden 1:1 in die Studie randomisiert, der primäre Endpunkt war die Zeitspanne von der Randomisierung bis zur ersten klinischen Fraktur (ausgenommen waren Brüche von Schädel, Gesicht, Fingern und Zehen, da diese selten mit Osteoporose assoziiert sind). Sekundäre Endpunkte waren unter anderem Veränderungen der Knochendichte und vertebrale Frakturen.

Denosumab imitiert im Knochenstoffwechsel die Effekte von Osteoprotegerin, einem Protein zur Erhöhung der Knochendichte sowie einem Fangrezeptor für RANKL (Receptor Activator of Nuclear Factor-kappaB Ligand). Dieses Protein wandelt Präosteoklasten, also Vorläuferzellen, in Osteoklasten und erhöht damit die Aktivität dieser für den Knochenabbau verantwortlichen Zellen, was zu Osteoporose führt.

Quellen und weitere Informationen:  www.abcsg.at; APAOTS

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