Donnerstag, April 25, 2024

Kleine Gelenke – große Schmerzen: Fingerpolyarthrose ist eine Volkskrankheit

Kleine Gelenke – wie das Daumensattelgelenk, die Fingermittel- und -endgelenke – schmerzen meist zu Beginn der Fingerpolyarthrose nur leicht.

Im Grunde genommen ist die Fingerpolyarthrose eine Volkskrankheit. Denn bei 50 Prozent der Frauen zwischen 50 und 60 Jahren verursachen permanent kleine Gelenke chronische, teils heftige Schmerzen. Dabei sind Frauen neunmal häufiger betroffen als Männer und in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt.



 

Kleine Gelenke werden bei leichten Schmerzen oft nicht behandelt

Das Auftreten einer Fingerpolyarthrose scheint auch mit Veranlagung und Fettleibigkeit in Zusammenhang zu stehen. Wobei typischerweise das Daumensattelgelenk sowie die Fingermittel- und -endgelenke betroffen sind.

Im Grunde genommen schmerzen kleine Gelenke nach einer längeren Ruhe. Dieser Anlaufschmerz besteht für wenige Minuten – im Gegensatz zur Morgensteife bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, welche deutlich länger anhält.

Anfangs fallen knöcherne Deformierungen der Fingerendgelenke auf, die zunächst nicht schmerzen. Daher muss man auch keine Behandlung vornehmen. In dieser frühen Phase sollten die Betroffenen lediglich ihre Fingergelenke mehrmals täglich in vollem Umfang bewegen. Denn das hilft vorbeugend gegen Bewegungseinschränkungen.

 

Konservative Maßnahmen, wenn die Schmerzen heftiger werden

Wenn allerdings die Gelenkzerstörung durch den Verschleiß fortschreitet, so können verschiedene kleine Gelenke in den Fingern instabil werden und stärker schmerzen. Häufig ist vor allem am der Zeigefinger betroffen. Denn dieser ist durch den Gegengriff des Daumens besonders hohen Belastungen ausgesetzt. Zudem ist das Daumensattelgelenk eine häufige Problemzone.

Wenn die Schmerzen rein mechanisch bedingt sind, so können konfektionierte oder individuell angefertigte Schienen die Beschwerden lindern helfen. Allerdings behindern die Schienen die Greiffunktion. Deswegen sollten sie auch möglichst klein sein.

Bei arthrotischem Schmerz im „kalten“, nicht entzündeten Gelenk helfen Wärmeanwendungen, wie Paraffinkneten oder Schwammkneten im warmen Wasserbad.



Wenn eine Entzündung zur Arthrose dazukommt, so führt dies zu einem „warmen“ Gelenk. Dann sind Kälteanwendungen, wie Eisbäder, sehr schnell wirksam. Außerdem helfen sie dabei, dass man die entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) einsparen kann. Denn die können bekanntlich schwere Nebenwirkungen am Herz-Kreislauf-System sowie Magen-Darm-Trakt verursachen.

 

Operative Methoden

Wenn allerdings physikalische und medikamentöse Maßnahmen nicht genügen oder die Instabilität im Vordergrund steht, dann kann man auch operieren. Dazu entfernt der Chirurg am Daumensattelgelenk das Vieleckbein (Trapezium) und stabilisiert den Mittelhandknochen des Daumens an dem des Zeigefingers. Und zwar deswegen, weil das Vieleckbein am Mittelhandknochen des Daumens schmerzhaft reibt. Durch die Operation kann somit ein schmerzfrei belastbarer und stabiler Daumen wiederhergestellt werden.

Übrigens setzt man heute zur Vorbeugung einer späteren erneuten Instabilität (Rezidiv)  anstelle des entfernten Vieleckbeines einen selbstauflösende Kunststoffplatzhalter ein. Innerhalb eines Jahres ersetzt dann ein sehr festes Narbengewebe diese Kunststoffplatzhalter. Dazu gibt es sehr gute klinische Ergebnissen.

An den Mittel- und Endgelenken versteift man operativ die instabilen Gelenkes in der funktionell günstigsten Stellung. Das gilt heute als die Therapie der Wahl. An den Mittelgelenken können alternativ auch Silikonplatzhalter eingesetzt werden. Allerdings können die bei Belastung brechen. Außerdem verlieren sie innerhalb weniger Jahre durch die Narbenbildung wieder deutlich an Beweglichkeit.

Im Grunde genommen sollte man operative Methoden erst dann anwenden, wenn alle konservativen und medikamentösen Therapien ausgeschöpft sind. Denn durch die Operation kommt es vor allem an den Fingermittel- und -endgelenken zu einem Funktionsverlust.




Quelle:

EXPERTENSTATEMENT » Kleine Gelenke – großer Schmerz: Behandlungsmöglichkeiten der Fingerpolyarthrose «. Professor Dr. med. Ralph Gaulke Vizepräsident der DGORh, Leiter der Sektion Obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie. Ständiger Vertreter des Direktors der Unfallchirurgischen Klinik, Medizinische Hochschule Hannover. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), August 2019, Berlin.

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