Freitag, April 19, 2024

Pflanzenhormon Jasmonsäure nicht nur für Aroma zuständig

Die Pflanzenhormon Jasmonsäure verantwortet nicht nur das Aroma der Jasminpflanze, die die Kosmetik- und Parfümindustrie seit langem in zahlreichen Produkten einsetzt.

Die Jasmonsäure ist nicht nur für das Aroma der Jasminpflanze (Jasminum grandiflorum) verantwortlich, die in der Kosmetik- und Parfümindustrie verwendet wird. Das Pflanzenhormon übernimmt auch eine weitere Funktion, die bislang unbekannt war. Denn es sorgt dafür, dass sich die Blattporen schließen, sobald die Blätter verletzt werden. Für die betroffene Pflanze könnte das ein Notsignal sein.

 

Jasmonsäure bringt Abwehrreaktionen in Gang

Auch andere Pflanzen produzieren das Pflanzenhormon, sobald sie von Insekten angefressen oder mechanisch verletzt werden. Dann wirkt die Jasmonsäure wie ein Hormon, das Abwehrreaktionen in Gang bringt. Attackierte Pflanzen nutzen auch Abwandlungen der Jasmonsäure, die sich leicht verflüchtigen, über die Luft zu Nachbarpflanzen gelangen und diese vor der Bedrohung warnen.

Nun gibt es neue neue Erkenntnisse über dieses Pflanzenhormon. Denn offensichtlich wirkt Jasmonsäure auch an der Regulation der Blattporen mit.

 

Verwundungen lassen Blattporen zugehen

Pflanzenblätter haben regulierbare Poren, die Stomata, die von zwei Schließzellen gebildet werden. Über die Öffnungsweite der Poren steuern sie die für die Photosynthese wichtige Kohlendioxidaufnahme und gleichzeitig den Wasserhaushalt. Das Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA) ist ein Schlüsselsignal, das zum Schließen der Stomata führt. Pflanzen produzieren es bei Trockenheit, um Wasser zu sparen.

Ein JMU-Team vom Lehrstuhl für Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik stellte nun erstmals fest. Auch eine mechanische Verletzung der Blätter führt bei der Modellpflanze Arabidopsis thaliana dazu, dass die Blattporen schnell zugehen. Überraschenderweise passiert das nicht nur beim verwundeten Blatt, sondern auch in den benachbarten Blättern.

„Dieser bislang nicht beobachtete Effekt legte nahe, dass in den Schließzellen der Jasmonsäure-Signalweg aktiviert wird“, erklärt Dirk Becker. Das ist tatsächlich auch der Fall, wie das Würzburger Team mit Unterstützung des Pflanzenbiologen Antoine Larrieu (Ecole Normale Supérieure Lyon) gezeigt hat. Der Nachweis gelang mit einem von Larrieu entwickelten Sensor, mit dem sich der Jasmonsäure-Signalweg in lebenden Zellen verfolgen lässt.

 

Von der Jasmonsäure zum Kaliumkanal

Wie sieht der molekulare Mechanismus aus, über den Jasmonsäure die Blattporen verschließt? Um das zu beantworten, untersuchte das JMU-Team Arabidopsis-Mutanten, die nicht auf Jasmonsäure reagieren. Dabei zeigte sich, dass der Kaliumkanal GORK eine wesentliche Rolle spielt.

In Zusammenarbeit mit den Laboren von Jörg Kudla (Universität Münster) und Erwin Grill (Technische Universität München) wurde eine Calcium-abhängige Proteinkinase identifiziert (der pflanzenspezifische CBL / CIPK-Komplex), welche die Aktivität des GORK-Kaliumkanals reguliert. Das wurde mit elektrophysiologischen Studien nachgewiesen. Das Forschungsteam identifizierte außerdem die Protein-Phosphatase ABI2 als einen Hemmstoff des Jasmonsäure-Signals in Schließzellen. Das Protein wirkt der Kinase-vermittelten Kanalaktivierung entgegen.

 

Zwei Pflanzenhormone überlagern sich

Dirk Becker: „Interessanterweise ist ABI2 der Co-Rezeptor für das pflanzliche Trockenhormon ABA. Das deutet darauf hin, dass sich die beiden Pflanzenhormone Jasmonsäure und Abscisinsäure hier überlagern.“ In der Tat konnte das Team mit Kollegen aus dem Labor von Pedro Rodriguez (Universitat Politecnica Valencia) zeigen, dass Arabidopsis-Mutanten, denen die ABA-Rezeptoren der Schließzellen fehlen, auch nicht auf Jasmonsäure ansprechen.

Das internationale Team von Pflanzenbiologen hat damit gezeigt, dass das durch Verwundung hervorgerufene Verschließen der Stomata ein Notsignal der Pflanzen sein könnte. „Derzeit wissen wir nicht, wie Jasmonsäure den Signalweg der Abscisinsäure beeinflusst“, sagt Becker. Darum will das JMU-Team als nächstes untersuchen, ob Jasmonsäure die Abscisinsäure-Biosynthese auslöst oder ob sie auf einer anderen Ebene eingreift.

 

Verwirrenden Gegensatz aufgedeckt

Die neuen Erkenntnisse haben auch einen verwirrenden Aspekt zutage gefördert: Pflanzenforscher verwenden in ihren Experimenten als Ersatz für Jasmonsäure oft eine molekular sehr ähnliche Verbindung namens Coronatin. Diese stammt aus Bakterien, die Pflanzen befallen.

„In den Schließzellen bewirkt Coronatin aber das genaue Gegenteil von Jasmonsäure: Es öffnet die Stomata; so bekommen die Bakterien eine Eintrittspforte“, erklärt Becker. Dieser rätselhafte Gegensatz soll nun weiter untersucht werden – durch einen Vergleich der Gene, die nach einer Behandlung mit Jasmonsäure oder Coronatin in den Schließzellen aktiviert werden.

Literatur:

Wounding Induced Stomatal Closure Requires Jasmonate-Mediated Activation of GORK K+ Channels by a Ca2+ Sensor-Kinase CBL1-CIPK5 Complex. Developmental Cell, 6. Dezember 2018, DOI: 10.1016/j.devcel.2018.11.014

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