Freitag, April 19, 2024

Intrazerebrale Blutung – Blutung im Hirngewebe ohne Trauma oder OP

Als intrazerebrale Blutung bezeichnet man eine Blutung innerhalb des Hirngewebes, wobei dieser akute Blutaustritt ins Gehirnparenchym ohne ein Trauma oder eine OP auftritt.

Eine intrazerebrale Blutung ist ein medizinisch-neurologischer Notfall, der infolge ein Blutgerinnsel verursacht, das raumfordernd auf das Gehirn wirkt. Dieses in einem geschlossenen System steigert dann oft den (intrakraniellen) Druck im inneren des Schädels. Der Begriff spontane intrazerebrale Blutung (ICB) beschreibt einen akuten Blutaustritt in das Hirngewebe, dem Gehirnparenchym. Dies geschieht dabei, ohne dass ein vorhergehendes Trauma oder eine operativen Eingriff in Zusammenhang steht. Etwa zehn bis 15 Prozent aller Schlaganfälle in Europa hängen damit zusammen.

 

Ursache und Risikofaktoren

In den häufigsten Fällen entsteht eine intrazerebrale Blutung, da eine Ruptur kleiner penetrierender Arterien besteht. Wobei vor allem chronischer arterieller Bluthochdruck sowie Amyloid-Angiopathie die Gefäße schädigen. Außerdem können vaskuläre Fehlbildungen, Gerinnungsstörungen, Vaskulitiden, Sinus-Venenthrombosen, Neoplasien sowie Substanzmissbrauch wie beispielsweise Kokain eine intrazerebrale Blutung verursachen.

Eine wichtige Ursache für eine intrazerebrale Blutung kann auch eine gerinnungshemmende medikamentöse Therapie sein. Der Anteil intrazerebraler Blutungen unter einer oralen Antikoagulationstherapie (mit sogenannten OAKs) beträgt beispielweise zwischen 12 und 20 Prozent. Ob dabei diese Gerinnungshemmer per se ein Risiko darstellen, ist schwer zu klären. Außerdem darf man nicht vergessen, dass auch die vermehrt eingesetzte Kombination von Thrombozytenfunktionshemmern mit Acetylsalicylsäure und Clopidogrel eine intrazerebrale Blutung begünstigen kann.

Hingegen zeigen die neuen direkten oralen Antikoagulanzien – die sogenannten NOAKs wie Dabigatran, Apixaban, Edoxaban, Otamixaban sowie Rivaroxaban – zeigen im Vergleich zu den sogenannten Vitamin-K-Antagonisten ein geringeres Risiko für eine intrazerebrale Blutung.

Im Grunde genommen stellt aber arterieller Bluthochdruck über die Schädigung der mittleren und kleinen Hirngefäße die wichtigste Ursache dar. In den meisten dieser Bluthochdruck assoziierten Fälle kann man die intrazerebrale Blutung im Bereich der Stammganglien lokalisieren.

 

Symptome

Intrazerebrale Blutungen verursachen einerseits plötzlich auftretende Kopfschmerzen, denen dann eine Bewusstseinsminderung beziehungsweise Schläfrigkeit folgt. Andererseits können sich ansteigende Kopfschmerzen manifestieren, die dann im weiteren Verlauf ebenfalls mit einer Bewusstseinstrübung einhergehen. Schließlich kann eine intrazerebrale Blutung aufgrund einer Blutdruckentgleisung oftmals zu einer Halbseitenlähmung sowie auch einer Sprachstörung führen.

Zu beachten sind dementsprechend eine Schwindelsymptomatik, Sprachstörungen, Koordinationsstörungen und Gangstörungen. Patienten sowie Angehörige sollte wissen, dass bei einer solchen Symptomatik schnellstmögliche eine Klinik lebenswichtig sein kann.

Unter dem Strich verursachen intrazerebrale Blutungen verglichen mit ischämischen Schlaganfällen in der Akutphase häufig eben Bewusstseinsveränderungen bis hin zum Koma sowie intensiven Kopfschmerzen. Weiters sind Übelkeit und Erbrechen klinische Anzeichen der meningealen Reizung oder einer Hirndruckerhöhung.

 

Diagnostik

Zur Notfalldiagnostik erfolgt vor allem die Durchführung einer zerebraler Computertomographie des Gehirns (eventuell auch einer Magnetresonanztomographie). Manchmal lässt eine sogenannte atypische Blutung auch auf ein Aneurysma oder eine krankhafte Gefäßunregelmäßigkeit schließen. Dann sollte man weitere diagnostische Verfahren wie beispielsweise einer Katheteruntersuchung der Gefäße machen lassen. Dann sollte der Arzt weiter mittels gezielter Anamnese schnell die notwendigen Informationen für das weitere Therapiemanagement erheben.

Die Computertomographie ist heutzutage rasch und einfach durchzuführen. Sie kann weiters eine akute Einblutung ins Gehirnparenchym darstellen und eine rasche Abschätzung des Hämatomvolumens ermöglichen. Außerdem kann es eine Ausdehnung der Blutung nach intraventrikulär oder in den Subarachnoidalraum zeigen.

Wichtige weitere Maßnahmen im Krankenhaus – idealerweise in einer Stroke Unit – sind das Überprüfen der Vitalparameter sowie die Blutabnahme mit Legen eines venösen Zugangs. Zu den wesentlichen Wichtige Laborparameter in der Akutdiagnostik sind Blutbild mit Differenzialblutbild (Thrombozyten). Weiters Elektrolyte, Nieren-, Leber-, Entzündungs-, Herzparameter (inkl. Troponin-T) sowie Blutglukose. Speziell die Gerinnungsparameter (PZ, PZINR und aPTT) sind auch sehr aussagekräftig.

 

Eine intrazerebrale Blutung akut therapieren

Der Arzt beziehungsweise das Behandlungsteam bestimmt das jeweilige Therapiemanagement für eine intrazerebrale Blutung in Abhängigkeit von Lokalisation und Ausdehnung der Blutung. Wichtig ist dabei natürlich auch der klinische Zustand des Patienten.

Mögliche chirurgische Maßnahmen sind die Einlage einer Drainage in eine Hirnkammer zur akuten Druckentlastung sowie die mikrochirurgische operative Ausräumung der Blutung. Alle Patienten mit einer intrazerebralen Blutung werden auf der Intensivstation überwacht und sollten möglichst rasch vom Beatmungsgerät entwöhnt werden. Denn nur so kann man Wachheit und neurologische Ausfälle klinisch beurteilen.

Ein einmonatiges Überleben hängt vor allem von Größe und Lokalisation der Blutung, Alter sowie anderen bestehenden Nebenerkrankungen ab. Insgesamt verschlechtert sich die Prognose bei tiefer liegenden Blutungen. Hingegen bieten oberflächliche, kleinere Blutungen eine größere Chance auf Überleben. Besonders nach einer ersten Blutung profitieren die Patienten von einer adäquaten Blutdrucksenkung. Allerdings bleiben oft dauerhafte Beeinträchtigungen bestehen.

Quellen:

Österreichische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie

MEDMIX 08/2007. Dr. Darko Stamenov. Intrazerebrale Blutung.

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