Freitag, April 19, 2024

Innovative gastroenterologische Endoskopie – Minimal-invasive Eingriffe

Gastroenterologische Endoskopie: Minimal-invasive Eingriffe in der Gastroenterologie ein Vordringen in neue bislang unvorstellbare Anwendungsgebiete.

Die gastroenterologische Endoskopie erfährt seit Jahren einen scheinbar unaufhaltsamen technischen und methodischen Fortschritt, der uns erlaubt, minimal-invasive Eingriffe dringen in neue bislang unvorstellbare Anwendungsgebiete vor. So steht uns heute beispielsweise ein wachsendes Portfolio an endoskopischen Resektionsverfahren zur erfolgreichen Abtragung auch großer, auf die Oberfläche des Magen-Darm-Traktes beschränkter gutartiger und bösartiger Neubildungen zur Verfügung. Diese können jedenfalls in vielen Fällen einen chirurgischen Eingriff sinnvoll ersetzen.

 

Endoskopische Mukosaresektion und Submukosadissektion

Mit der endoskopischen Mukosaresektion (EMR) und der aufwendigeren Submukosadissektion (ESD) gelingt in vielen Fällen und in der Hand des Experten zuverlässig die erfolgreiche Entfernung oberflächlicher Tumoren, die auf die obersten Wandschichten des Verdauungstraktes begrenzt sind, womit heutzutage häufig auf einen aufwendigen und für den Patienten belastenden operativen Eingriff verzichtet werden kann.

Mukosaresektion und Submukosadissektion wurden zwischenzeitlich an vielen Tausenden Patienten mit adenomatösen Veränderungen und frühen Tumorerkrankungen der Speiseröhre, des Magens und des Dickdarms mit großem Erfolg durchgeführt, sodass beide Techniken heute zum festen Bestandteil einer interventionellen Endoskopie gehören.

Das Spektrum an erwähnenswerten Komplikationen ist in der Hand des erfahrenen Endoskopeurs überschaubar und beschränkt sich im Wesentlichen auf verfahrensassoziierte Blutungen und Verletzungen (Perforationen) der Darmwand, die selten auch eine operative Versorgung nach sich ziehen können.

 

EFTR – endoscopic full thickness resection

Seit Kurzem steht einigen spezialisierten Zentren mit der EFTR (endoscopic full thickness resection)-Technik ein völlig neues Verfahren zur Verfügung, welches bei bestimmten Indikationen, wie zum Beispiel der Abtragung eines Adenomrezidivs nach endoskopischer Mukosaresektion, die vollständige Entfernung eines umschriebenen Teils der kompletten Darmwand mit gleichzeitigem Verschluss des entstandenen Lochs durch Anwendung eines speziellen Klammersystems erlaubt. Erste Erfahrungen mit der EFTR sind sehr vielversprechend, prospektive Studien werden jedoch zeigen müssen, ob und bei welchen Indikationen sich dieses Verfahren als Alternative zur chirurgischen Resektion etablieren wird.

 

POEM – endoskopische Spaltung der Speiseröhrenmuskulatur

Ein weiteres „Highlight“ der endoskopischen Verfahrensentwicklung der letzten Jahre ist die Technik der endoskopischen Spaltung der Speiseröhrenmuskulatur. Im Jahre 2010 erstmals beschrieben, scheint sich das POEM (peroral endoscopic myotomy of the esophagus)-Verfahren in der Behandlung der Achalasie und möglicherweise auch bei anderen Motilitätsstörungen der Speiseröhre als alternatives Behandlungskonzept zur Operation nach Heller zu etablieren. Basierend auf den Erfahrungen der endoskopischen Spaltung und Tunnelbildung muskulärer Wandschichten erfährt diese Technik jüngst eine bemerkenswerte Erweiterung, die das Ziel verfolgt, künftig sogar Tumoren, die unterhalb der Oberfläche wachsen, endoskopisch vollständig abzutragen.

 

Gastroenterologische Endoskopie – weitere minimal-invasive Entwicklungen

Weitere spannende Entwicklungen sehen wir in nahezu allen Bereichen der diagnostischen und therapeutischen Endoskopie wie zum Beispiel in speziellen Färbungsverfahren zur Detektion von Präneoplasien, der endoskopischen Beurteilung der Gallenwege, der Einlage ummantelter Metallgitterprothesen bei Strikturen des Hauptgangs der Bauchspeicheldrüse oder der endosonographisch gesteuerten transgastralen Punktion und Drainagen-Anlage bei Patienten mit infizierten Nekrosen als Folge einer schweren Pankreatitis.

Es bleibt festzuhalten, dass die interventionelle Endoskopie in den letzten Jahren einen großen Fortschritt erlebt. Wobei dieser neue Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie eröffnet, Hierzu erscheint dessen Ende derzeit nicht absehbar. Nicht unerwähnt soll außerdem bleiben, dass die Etablierung und Durchführung neuer und aufwendiger Verfahren nicht nur die Hand eines geübten Endoskopeurs benötigt. Sondern auch eine hervorragend ausgebildete Assistenz. Schließlich sind auch exzellente interdisziplinäre Strukturen notwendig. Denn die ist einerseits für eine unkomplizierte Kooperation mit der interventionellen Radiologie notwendig. Andererseits erfordert die Interdisziplinarität auch die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen viszeral-chirurgischen Partner.


Professor Dr. med. Volker Ellenrieder
Professor Dr. med. Volker Ellenrieder

Quelle:

Statement von Professor Dr. med. Volker Ellenrieder – Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Endokrinologie, Universitätsmedizin Göttingen – http:www.dgim16.de

 

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