Das Innenohr zeigt heutzutage leichte Formunterschiede zwischen verschiedenen Populationen, was Erkenntnisse zur globalen Ausbreitung des Menschen bringt.
Anhand genetischer und morphologischer Analysen kann die Ausbreitung des Menschen von Afrika aus über die ganze Welt belegt werden. Diese morphologische Daten des Schädels und Skeletts lassen aber oft nur bedingt Rückschlüsse auf das geographische Ausbreitungsmuster zu, vor allem wegen der vielfältigen Anpassungen des menschlichen Skeletts an die örtlichen Umweltbedingungen. Wissenschaftler haben nun die Innenohr-Morphologie als geeigneten Indikator für die Populationsgeschichte und Ausbreitung des Menschen erkannt.
Innenohr-Formunterschiede innerhalb einer Population grösser
Auch beim Menschen ist der Gehör- und Gleichgewichtssinn in einem Hohlraumsystem in der Schädelbasis enthalten, dem knöchernen Labyrinth des Innenohrs. Forscher untersuchten nun diese Labyrinthstrukturen in menschlichen Populationen von Süd- und Nordafrika über Europa, Asien, Australien und Amerika bis nach Patagonien.
Mittels Mikro-Computertomographie konnten sie die dreidimensionalen Daten des knöchernen Labyrinths zerstörungsfrei erfassen. Dabei zeigte sich, dass die Form des Labyrinths stark variiert: Die Variation innerhalb einer Population ist bedeutend grösser als die Variation zwischen Populationen.
«Dieses typisch menschliche Variationsmuster ist auch von genetischen Vergleichsdaten bekannt. Es zeigt, dass alle Menschen sehr nahe miteinander verwandt sind und ihre Wurzeln in Afrika haben», erläutert UZH-Anthropologin Marcia Ponce de León von der Universität Zürich.
Es zeigte sich weiters, dass die dreidimensionale Form des Labyrinths wichtige Informationen über die globale Ausbreitung des Menschen vom afrikanischen Kontinent aus enthält. Je weiter eine Population geographisch von Südafrika entfernt ist, desto mehr unterscheidet sie sich in der Form des Labyrinths von südafrikanischen Populationen.
Zudem stimmen die Labyrinth-Daten mit jenen von DNA-Untersuchungen überein, die zeigen, dass die genetische Distanz mit der geographischen Distanz zu Afrika zunimmt.
Literatur:
Marcia S. Ponce de León, Toetik Koesbardiati, John David Weissmann, Marco Milella, Carlos S. Reyna-Blanco, Gen Suwa, Osamu Kondo, Anna-Sapfo Malaspinas, Tim D. White, and Christoph P. E. Zollikofer. Human bony labyrinth is an indicator of population history and dispersal from Africa. PNAS. April 2, 2018. Doi: 10.1073/pnas.1717873115
Quelle: http://www.uzh.ch/