Samstag, April 20, 2024

Wann Hypertonie das Demenzrisiko senken kann

Eine aktuelle Studie weist entgegen bisheriger Annahmen darauf hin, dass das Demenzrisiko bei älteren Patienten durch Hypertonie sogar niedriger sein könnte.

Im Grunde genommen gilt eine Hypertonie – hoher Blutdruck – grundsätzlich als Risikofaktor für die Entwicklung von Demenz. Doch aktuelle Forschungsergebnisse widersprechen dem. Denn scheint einiges darauf hinzuweisen, dass Hypertonie das Demenzrisiko sogar senken kann – vor allem bei älteren Patienten.

Speziell in den wohlhabenden Industrienationen treten aufgrund der steigenden Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten immer häufiger Demenzerkrankungen auf. Dabei besteht bei den Demenzkranken ein sogenanntes A-B-C-Syndrom, wobei

  • A für Verluste im Bereich activities of daily living = Alltagsfertigkeiten,
  • B für behavior = Verhaltensstörungen und psychiatrische Störungen) und
  • C für cognition = Störungen im Denken / der Merkfähigkeit stellvertretend ist.

Es ist wichtig im Kampf gegen Demenzerkrankungen, dass man herausfindet, welche spezifischen Faktoren das Demenzrisiko positiv oder negativ beeinflussen können.

 

Demenzrisiko erkennen

Menschen, die immer wieder über kleine Gedächtnislücken stolpern, haben ein im Alter höheres Demenzrisiko. Wenn einem beispielsweise Namen nicht einfallen, muss das zwar nicht gleich ein Alarmsignal für Demenz sein. Passiert dies jedoch immer wieder, können solche Gedächtnislücken oder eben Vergesslichkeit auf ein Demenzrisiko hinweisen.

 

Risikofaktoren

Auch eine bleibende Gewichtsabnahme, die im mittleren Lebensalter beginnt, wird mit einem erhöhten Demenzrisiko im späteren Jahren in Verbindung gebracht. Dies ergab erst unlängst eine US-Studie der Mayo Clinic. Vor allem eine ungewollte Gewichtsabnahme sollte berücksichtigt werden, denn eine solche ist nicht unbedingt vorteilhaft für zukünftige psychische Funktionen. Dies sollte auch im Sinne einer permanenten Kalorienreduktion mitbedacht werden.

Auch Schlafstörungen zählen zu den wichtigen Risikofaktoren bei kognitiven Erkrankungen. Wissenschafter stellten beispielsweise fest, dass Veteranen mit nicht spezifischen Schlafstörungen, Apnoe oder Schlaflosigkeit ein 30 Prozent höheres Demenzrisiko gegenüber Veteranen ohne Schlafstörungen aufweisen.

Spezielle spezifische kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Rauchen, Übergewicht und Diabetes erhöhen bekannterweise das Demenzrisiko sehr. Dazu wurde auch gerne die Hypertonie in mittleren Jahren gezählt. Doch muss nun ein Umdenken erfolgen? Denn eine aktuelle Studie behauptet das Gegenteil.

 

Hypertonie und Demenzrisiko bei Menschen 90+ untersucht

Ein Team von Forschern der Universität von Kalifornien-Irvine unter der Leitung von Maria Corrada, Professor für Neurologie und Epidemiologie, untersuchte den Zusammenhang zwischen Hypertonie und Demenz bei Patienten im Alter von 90 Jahren und darüber. Eingeschlossen wurden 559 Patienten aus einer längerfristigen Beobachtungsstudie von Menschen im Alter von 90 und älter, bekannt als The 90+ Study.

Die 90 +-Teilnehmer waren überwiegend hochgebildet (75 Prozent), Kaukasier (99 Prozent) und Frauen (71 Prozent). Sie wurden aus den Überlebenden der Leisure World Cohort-Studie ausgewählt, die 13.978 Mitglieder einer kalifornischen Ruhestandgemeinde umfasste.

Zu Beginn der 90 + -Studie hatten die Befragten – im Durchschnitt 93 Jahre alt – keine Demenz. Die Forscher folgten den Teilnehmern für 2,8 Jahre und untersuchten sie alle 6 Monate auf kognitive Beeinträchtigungen. Dies umfasste neurologische und neuropsychologische Untersuchungen, sowie eine Überprüfung der medizinischen Dokumentationen zur Hypertonie-Diagnose. Allgemein stand die Assoziation zwischen Demenzrisiko und Hypertonie im Fokus.

 

Späte Hypertonie-Diagnose von Vorteil

Es zeigte sich, dass das Demenzrisiko am niedrigsten war, wenn die Patienten im Alter von 90 Jahren Bluchhochdruck hatten. Die meisten Teilnehmer berichteten über eine Hypertonie-Diagnose nach dem 70. Lebensjahr, aber bei etwa einem Fünftel der Teilnehmer wurde Bluthochdruck erst mit Beginn der 80er und darüber entdeckt.

Insgesamt schienen alle Studienteilnehmer mit Hypertonie – egal in welchem Stadium – verglichen mit Probanden mit normalem Blutdruck – ein geringeres Demenzrisiko  zu haben. Aber vor allem jene Personen mit einer Hypertonie-Diagnose im Alter zwischen 80 und 89 Jahren hatten ein signifikant geringes Demenzrisiko. Darüber hinaus hatten jene Personen, die die Hypertonie-Diagnose im Alter von 90 und mehr bekamen, das niedrigste Demenzrisiko.

Offensichtlich braucht das Gehirn für eine normale Denkleistung eine bestimmte Durchblutung. Wobei sich dies mit höheren Alter ändern kann. Dementsprechend könnte eine Hypertonie, die sich später im Leben entwickelt, notwendig sein, um ein adäquates Blutfluss-Niveau zu gewährleisten. Die Autoren verwiesen auf frühere Studien, die zeigten, dass ein niedrigerer Blutfluss die Hirnleistung beeinträchtigt.


Quelle: Alzheimer’s Association

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