Donnerstag, März 28, 2024

Homotoxikologie – hinweg mit den Schadstoffen

Homotoxikologie zielt auf die Anregung zur Selbstheilung, Wiederherstellung und Unterstützung körpereigener Reaktionen sowie Abwehrvorgänge im Sinne einer Stimulationstherapie.

Die Therapieform Homotoxikologie wurde vom deutschen Arzt Dr. Hans-Heinrich Reckeweg (1905–1985) im vorigen Jahrhundert begründet. Im Mittelpunkt der Homotoxikologie stehen so genannte „Homotoxine“, d.h. den Körper belastende Stoffe. Das können Umweltgifte sein, Stoffe, die mit der Nahrung aufgenommen werden; oder auch Stoffwechselprodukte, die ihren Ursprung im eigenen Körper haben. Der Organismus versucht, diese belastenden Substanzen auszuscheiden. Wird eine vollständige Ausleitung der Schadstoffe verhindert, können sich – nach Reckeweg – Krankheiten entwickeln.

Homotoxikologie ist jenes naturheilkundliche Verfahren, das homöopathische Arzneien verschiedenster Herkunft anwendet.

Krankheiten sind aus Sicht der Homotoxikologie Ausdruck der körperlichen Abwehrmaßnahmen gegen endogene und exogene „Homotoxine“, wobei der Körper versucht, diese Schadstoffe auszuscheiden und Schäden zu kompensieren. Begründer Dr. Reckeweg gliederte Krankheitsverläufe zeit-und gewebsabhängig in sechs unterschiedliche Phasen:

  • Ausscheidungsphase: Über eine Steigerung der physiologischen Ausscheidungsmechanismen versucht der Organismus die Schadstoffe auszuscheiden. Mögliche körpereigenen Reaktionen sind Schwitzen, Durchfall, Erbrechen oder eine gesteigerte Schleimproduktion.
  • Entzündungsphase oder Reaktionsphase : Der Organismus versucht bei akuter Entzündung über die Aktivierung des Bindegewebes und mithilfe einer Gefäßweitstellung, Stoffwechselvorgänge zu beschleunigen und somit die Noxen zu eliminieren. Das klinische Bild sind lokale Entzündungen, Fieber oder Leukozytosen bzw. Lymphozytosen.
  • Die Ablagerungsphase ergibt sich, wenn die Phasen 1 und 2 zur Gesundung nicht effektiv waren. Der Schadstoff (das „Homotoxin“) kann nun nicht mehr eliminiert werden, es wird im Gewebe (in diesem Fall im Bindegewebe) deponiert. Dabei stellt sich ein labiles Wechselspiel zwischen Schadwirkungen und Abwehrvorgängen ein: chronische Entzündungen, z. B. vergrößerte Lymphknoten oder entzündete Mandeln können beispielsweise die Folge sein. Die Zelle selbst reagiert mit Zellvermehrung, bleibt aber in Form und Funktion intakt.
  • Zellerkrankungsphase: Die ortsfremde Substanz durchdringt die Gewebestruktur und setzt sich im Gewebe fest. Durch funktionelle Überforderung und materielle Überladung des Bindegewebes wird der Stofftransport behindert, die Zelle wird vom Stoffwechsel isoliert, es kommt zu Speicherungsphänomenen. Beispiele sind Störungen im Zuckerstoffwechsel. Mit dem Zusammenbruch der Filterfunktion und der Zellschutzfunktion des Bindegewebes gehen die Regulationsmechanismen verloren.
  • In der Zelluntergangsphase verlagert sich das Krankheitsgeschehen vom Bindegewebe in die Zelle, deren Funktion vermindert wird und intrazelluläre Strukturveränderungen entstehen. Im Unterschied zur sechsten und letzten Phase ist die Degeneration noch in die hierarchische Ordnung des Organismus integriert.
  • Zellveränderungsphase: Durch ihre chronische Schädigung verlässt die Zelle die für ihren Zelltyp charakteristische Form und Funktion. Sie wird zu einer undifferenzierten, unspezialisierten Zellform und scheidet aus dem hierarchischen Ordnungssystem des Organismus aus. Die Dedifferenzierung entsteht durch Einwirken vieler exogener und endogener Noxen. Die zur malignen Entartung hin genetisch prädisponierten Organzellen werden durch Umschalten der Supressorgene entdifferenziert und somit definitiv neoplastisch d.h.: sie werden zu teilungsfähigen neoplastischen Zellen, deren Stoffwechselage in weiterer Folge anaerob wird .

 

Der biologische Schnitt

Die imaginäre Trennlinie zwischen den Krankheitsphasen 1-3 und 4-6 wird als biologischer Schnitt bezeichnet. Die drei ersten Krankheitsphasen oder -stadien ermöglichen eine vollständige Gesundung (Restitutio ad integrum= Heilung ohne organischen oder funktionellen Restschaden). Bei den Phasen 4 bis 6 ist das teilweise nicht mehr möglich. Der Grund dafür sind oft über Jahre hinweg andauernde Schädigungen des Gewebes, bleibende Dauerschäden mit Funktionseinbuße auf degenerativer Basis, bzw. Veränderung der zellulären Aufbaues in Richtung Neoplasie. Hier ist es oft unumgänglich, zur Schulmedizin zu greifen und/oder chirurgische Eingriffe vorzunehmen.

 

Die Vikariation

Als Vikariation bezeichnet man die Beobachtung des Vorgangs, wenn Homotoxine zu lange auf einen Organismus einwirken und dann eine Erkrankung von einer Phase in die nächste wechselt. Gleichzeitig mit der Vikariation kann auch ein Gewebs- und Organwechsel im Verlauf der Abwehrvorgänge gegen den einwirkenden Schadstoff erfolgen.

Die Zuordnung einer Erkrankung zu einer Phase gibt an, in welchem Stadium die Erkrankung ist; und welche Behandlungsmaßnahmen einzusetzen sind. Befindet man sich beispielsweise in Phase drei einer Erkrankung, so ist Eile geboten um ein Verlagern der Krankheit in Phase vier und damit über den biologischen Schnitt hinaus zu verhindern.

Ausgehend von diesem dynamischen Krankheitsverständnis hat Dr. Reckeweg die antihomotoxische Therapie entwickelt, die als jenes naturheilkundliche Verfahren bezeichnet werden kann, das homöopathische Arzneien verschiedenster Herkunft anwendet:

  • Einzelmittel der „klassischen“ Homöopathie in niedrigen und mittleren Potenzen
  • Nosoden als Heilmittel des diagnostisch ermittelten Terrains
  • Homöopathisierte Gewebe- und Organzubereitungen
  • Homöopathisierte Allopathika
  • Homöopathisierte Vitamine der Vitamin-B-Gruppe als Co-Faktoren
  • Homöopathisierte Biokatalysatoren: Säuren des Zitronensäurezyklus, Chinone und andere Karbonylgruppen-Verbindungen
  • stimulativ wirkende Verbindungen mit Katalysator-Effekt, z. B. biogene Amine, Anthozyane, Elemente (z. B. Cer)
  • Antihomotoxische homöopathische Komplexmittel (z. B. Traumeel, Zeel, etc.)

Hier werden oft homöopathische Einzel- Komplexmittel eingesetzt, die nach schulmedizinischen Richtlinien verordnet werden. Vor allem bei chronischen Erkrankungen werden sie in einer individuellen Kombination eingesetzt.

Die Anwendung erfolgt nach klassischer klinischer Diagnose und immer nach einer exakten Abklärung der individuellen Krankheitssituation, d. h. nur unter Feststellung der vorliegenden Homotoxinphase nach Reckeweg.

Im Sinne eines kybernetischen Denkens dürfen diese Medikamente nie nur organgerichtet eingesetzt werden. Ihre Auswahl sollte vielmehr immer den Kriterien eines ganzheitlichen therapeutischen Denkens folgen.

 

Fazit

Das wichtigste Ziel einer antihomotoxischen Therapie ist die Anregung zur Selbstheilung, Wiederherstellung und Unterstützung körpereigener Reaktionen und Abwehrvorgänge im Sinne einer Stimulationstherapie.

Dem zugrunde liegt die therapeutische Absicht eine Belastung durch Schadstoffe so genannte „Homotoxine“ zu beseitigen. Die Schadstoffe sollen dabei möglichst schonend aus dem Körper ausgeleitet werden und damit die Entstehung chronischer Krankheiten verhindert werden. Dies geschieht indem man entsprechend der 6-Phasentabelle „Homotoxine“ durch den gezielten Einsatz von homöopathischen Komplexmitteln aus dem Körper ausleitet.

Aus der Charakteristik der Homotoxikologie sind auch die Grenzen der antihomotoxischen Therapie klar zu erkennen: Sie liegen dort, wo durch diagnostisch zu klärende Bedingungen die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation überschritten oder aufgehoben ist. Diese Feststellung, die für jede komplementäre Methode gilt, ist aber für die Homotoxikologie im Vergleich zur Einzelmittelhomöopathie wesentlich anders zu qualifizieren. Denn bei Vorliegen von Stadien mit eingeschränkter Regulationsfähigkeit, können diese Störungen durch eine entsprechende antihomotoxische Therapie beseitigt werden.


Quelle: Was ist Homotoxikologie? MEDMIX 7/2005

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