Donnerstag, März 28, 2024

Hoher Blutdruck bei Frauen ab 65 häufiger als bei Männern

Bluthochdruck ist Volkskrankheit Nummer 1. Ab einem Alter von 65 Jahren wird hoher Blutdruck bei Frauen noch häufiger diagnostiziert als bei Männern.

Hoher Blutdruck bei Frauen und Männern ist durch einen Anstieg des systolischen Blutdruckwertes mit zunehmendem Alter gekennzeichnet. Daten der Framingham Studie zufolge liegt der systolische peripher gemessene Blutdruck (RR) im Mittel zwischen 140 bis 150 mmHg bei den Über-75-Jährigen. Frauen haben durchschnittlich niedrigere diastolische Werte und so einen höheren Pulsdruck im Vergleich zu Männern.

 

Hoher Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen

Hoher Blutdruck bei Frauen erhöht das Risiko für eine koronare Herzerkrankung (KHK) oder Schlaganfall um das Dreifache, wenn der systolische-RR Wert ohne Therapie regelmäßig bei über 185 mmHg liegt. Deshalb sollten erhöhte Blutdruckwerte frühzeitig erkannt und therapiert werden. Das sollte geschehen, wenn hoher Blutdruck noch keine Symptome aufgrund von Folgeerkrankungen verursacht. Doch oft wird erst bei Diagnose Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Diabetes bereits bestehender hoher Blutdruck erkannt.

Aufgrund der längeren Lebenszeit belastet hoher Blutdruck und dessen Folgekrankheiten Frauen meistens länger als Männer. Doch Frauen unterschätzen laut Untersuchungen ihr eigenes kardiovaskuläres Risiko.

 

Präventive Maßnahmen

Es wird empfohlen, bei Frauen und Männern ab dem 40. Lebensjahr aktiv nach kardiovaskulären Risikofaktoren zu suchen. Zum Erkennen von Risikogruppen können frühzeitig auch nicht-invasive Methoden eingesetzt werden. Eine Störung der Gefäßfunktion kann einer manifesten Hypertonie um Jahre vorausgehen und mithilfe der Messung des Augmentationsindex und der Pulswellengeschwindigkeit diagnostiziert werden.

 

BEFRI Studie

Laut BEFRI Studie weisen 45 Prozent der weiblichen Berliner Allgemeinbevölkerung eine Störung der arteriellen Gefäßfunktion und/ oder eine erhöhte Steifigkeit der Gefäßwände auf. Diese Veränderungen in der subklinischen Phase der Hypertonie-Entstehung sind oft reversibel, so dass gesundheitsfördernde Maßnahmen hier sehr effektiv eingesetzt werden können. Betroffen sind 77 Prozent der Frauen in postmenopausalem Alter sowie 23 Prozent in prä- beziehungsweise perimenopausalem Alter. 30 Prozent der Frauen wiesen eine bis dahin nicht diagnostizierte diastolische Funktionsstörung des Herzens auf. Begünstigende Faktoren waren Alter, ein Taillenumfang größer als 80 cm und eine Pulswellengeschwindigkeit höher als 9.7 m/s.

Diese Daten zeigen einen Zusammenhang zwischen Gefäßfunktion und diastolischer Ventrikelfunktion. Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen den Ansatz, auch prämenopausale Frauen in die Aufklärungskampagnen und Präventionsmaßnahmen einzuschließen und das Argument des Östrogenschutzes der Frauen bis zur Postmenopause nicht als Ausschlussargument gelten zu lassen.

Auch wenn der positive Effekt des körpereigenen Estradiol auf die Gefäßfunktion im Sinne eines Schutzes vor kardiovaskulären Erkrankungen in Studien mehrfach gezeigt werden konnte und postuliert wird, dass endogenes Östrogen das Hypertonierisiko senkt, so ist hoher Blutdruck mit einer exogenen Hormonbehandlung assoziiert.

 

Hoher Blutdruck, die Pille und andere Risikofaktoren bei Frauen

Nicht umsonst ist die „Pille“ weiterhin ein verschreibungspflichtiges Medikament. Nutzen und Risiko müssen immer wieder neu beurteilt werden und Frauen mit Übergewicht, Nikotinkonsum und thromboembolischen Ereignissen auf ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall hingewiesen werden.

Frauen, die die Pille nehmen, haben im Durchschnitt um 2 bis 8 mmHg höhere RR Werte. Unter Einnahme der Pille ist das Hypertonie-Risiko zwei- bis dreifach erhöht, insbesondere in der Kombination mit Übergewicht und höherem Alter. Hoher Blutdruck kann auch durch rheumatische Erkrankungen und Schwangerschaftskomplikationen verursacht werden.


Literatur:

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Quelle:

Statement » Bluthochdruck bei Frauen – Geschlechterspezifische Aspekte als besondere Herausforderung? « – Dr. med. Ute Seeland, Fachärztin für Innere Medizin und Gendermedizinerin am Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GIM), Charité-Universitätsmedizin Berlin

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