Samstag, April 20, 2024

Hohe Demenz-Kompetenz der Polizei

Die MAS Alzheimerhilfe und die Donau-Universität Krems zeichnen 25 demenzfreundliche Polizeidienststellen für ihre Demenz-Kompetenz aus.

In einem feierlichen Festakt am 22.Mai 2017 wurden im Festsaal des Bundesministeriums für Inneres in Wien, durch das Zentrum für Demenzstudien der Donau-Universität Krems und die MAS Alzheimerhilfe, 25 Polizeidienststellen als demenzfreundlich ausgezeichnet. „Das Wissen über Demenz/Alzheimer und Möglichkeiten der Problemlösung werden zukünftig wesentlicher Bestandteil des Handlungs- und Reaktionsrepertoires von Polizistinnen und Polizisten sein“, lobte Stefanie Auer, Professorin für Demenzforschung der Donau-Universität Krems und wissenschaftliche Leiterin der MAS Alzheimerhilfe das besondere Engagement der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres (SIAK) als Partner des Projekts und strich die Vorreiterrolle der Polizei in der österreichischen Demenzstrategie hervor. Projektleiterin Auer übergab mit den jeweiligen Landespolizeipräsidenten Urkunde und Tafel an die Polizeidienststellen, um deren Demenz-Kompetenz für die Öffentlichkeit nach außen sichtbar zu machen. Voraussetzung für die Erlangung der Zertifizierung war der positive Abschluss eines internetbasierten Trainingsprogramms (Einsatz Demenz) der MAS Alzheimerhilfe und der Donau-Universität Krems mitfinanziert durch den Fonds Gesundes Österreich und der BVA sowie der SIAK. Mindestens 70% der Polizisten einer Dienststelle mussten den Wissenscheck des E-learning Moduls (das allen Polizistinnen und Polizisten seit Jänner 2016 über die Lernplattform des BMI („SIAK-Campus“) zugänglich ist) positiv absolviert haben. Darüber hinaus müssen sich die Dienststellen mit Ansprechpartnern aus dem sozialen Bereich (Demenzservicestellen, Pflegeheime, soziale Einrichtungen wie Tagesstätten) vernetzen. Bis dato haben über 2.500 PolizistInnen österreichweit das Demenzmodul bearbeitet. Ziel der Projektpartner ist es, dass in den nächsten Jahren 20.000 PolizistInnen diese Ausbildung durchlaufen haben.

Demenzfreundliche Polizei

Auf der Basis von Fokusgruppen Interviews wurden im Projekt „Einsatz Demenz“ Lernmodule entwickelt, die inhaltlich auf mögliche Situationen im Arbeitsalltag der PolizistInnen abgestimmt wurden (Grundlagen; Sicherheit durch Kompetenz; ein Verständnis für Betroffene) und sich nach den verfügbaren Zeitressourcen der PolizistInnen richten.

Karl Hutter, stellvertretender Leiter der Sektion I (Präsidium) im Bundesministerium für Inneres, würdigte in seiner Laudatio die Vorbildfunktion dieser 25 Polizeidienststellen und der KollegInnen, die als Einzelkämpfer in ihren Dienststellen das Online Lernprogramm durchgearbeitet  und sich damit entsprechend sensibilisiert haben für den Umgang mit Menschen mit Demenz. „Eine Aufgabe die schwierig ist und eine Aufgabe, die in Zukunft leider immer öfter auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei und der Sicherheitsverwaltung zukommen wird“, so Hutter. Auch er hofft, dass den bisherigen 25 demenzfreundlichen Dienststellen – Burgenland 2, Oberösterreich 6, Salzburg 1, Wien 5, Kärnten 3, Niederösterreich 3, Kommissariat (Döbling), Stadtpolizei Liesing, Teilorganisation Landespolizeidirektion Salzburg, SIAK-Bildungszentrum Oberösterreich und die SIAK Zentrale -, viele weitere folgen werden.

Der stellvertretende Direktor der Sicherheitsakademie Markus Richter sagt über die Motivation des Projekts: „Die Polizei ist oft mit Situationen mit Menschen mit Demenz konfrontiert: Menschen, die sich verirren, Trickdiebe, die Orientierungslosigkeit ausnutzen, aber auch Einsätze, bei denen das Wissen und die Kommunikations-Kompetenz der Polizistinnen und Polizisten oft über Ausgang einer Situation und die Zukunft einer Person mit Demenz entscheiden können. Daher muss die Polizei immer gewappnet sein, die Situation erstens richtig zu erkennen und dann dementsprechend zu handeln. Die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zu erkennen führe zur Verbesserung und Kontrollierbarkeit der Situation und es können so stressbedingte Belastungen für alle Beteiligten verhindert werden“, betont Richter die Wichtigkeit des Projekts: „Wissen über die Krankheit und Möglichkeiten der Problemlösung sollten daher ein essenzieller Bestandteil des Handlungsrepertoires von Polizistinnen und Polizisten sein.“

„Einsatz Demenz“ als Blaupause für effiziente Demenz-Maßnahmen

„In Österreich leiden derzeit 130.000 Menschen. In kürzester Zeit werden nahezu alle Familien in Österreich direkt oder indirekt von Demenz betroffen sein. Gesellschaftliches Bewusstsein für dieses Phänomen ist dringend nötig. Menschen aus möglichst vielen Berufssparten sollen im richtigen Umgang mit Betroffenen geschult und vorbereitet werden“, sieht die Demenzexpertin Auer das E-learning Projekt als Blaupause für effiziente Demenz-Maßnahmen und denkt das Projekt bereits weiter. „Die MAS Alzheimerhilfe hofft, dass das Polizeibeispiel Schule macht und sich weitere Berufssparten der Herausforderung Demenz stellen.“ Das E-learning Modul sei nun praxiserprobt und relativ leicht auch für andere Organisationen adaptierbar. Die MAS Alzheimerhilfe und die SIAK arbeiten daran, dass Blaulichtorganisationen, Handelsunternehmen, Banken oder auch größere Unternehmen zukünftig das E-learning Module für ihre MitarbeitInnen einsetzen werden. „Bei relativ geringem Aufwand (1,5- bis 2 Stunden) können alle MitarbeiterInnen auf ein Kompetenz-Niveau gebracht werden, welches ihnen hilft, auch schwierigere Situationen im Umgang mit Menschen mit Demenz zu meistern“, sieht Auer einen großen Gewinn für die AnwenderInnen. Auer verweist auf zwei weitere Argumente: „Das E-learning Modul ist ein ressourcenschonendes Lernmodul, anstatt kostenintensiver Anwesenheitsschulungen. Und das Projekt hat einen Präventionseffekt. Es hilft auch für die persönliche Situation im Umgang mit betroffenen Angehörigen.“

 

http://www.alzheimer-hilfe.at/forschungsarbeit_projekte.html

http://www.donau-uni.ac.at/de/studium/demenzstudien/

http://www.fgoe.org/projektfoerderung/gefoerderte-projekte/FgoeProject_4052/91331.pdf

Das Projekt wurde mit Mitteln des Fonds Gesundes Österreich und der Versicherungsanstalt Öffentlicher Bediensteter (BVA) finanziert. http://www.bva.at/portal27/bvaportal/content?contentid=10007.733270&viewmode=content&portal:componentId=gtn5ff3f442-b164-4ead-822b-6ad078e2a834

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