Freitag, April 19, 2024

Highlights und Schwerpunkte der DOG 2016

Leitthema der DOG 2016 der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft lautet: „Augenheilkunde – ein großes Fach“– Statement von Professor Dr. med. Horst Helbig.

Das Auge ist ein kleines Organ, es macht nur 0,01 Prozent des Körpers aus. Jetzt machen Sie einmal die Augen zu und stellen sich vor, wie Sie mit geschlossenen Augen so einfache Dinge wie: „von hier aus nach Hause kommen“ bewerkstelligen würden oder wie Sie Ihren Beruf ausüben wollten. Ihre Augen sind wahrscheinlich die wichtigsten 0,01 Prozent Ihres Körpers. Viele Krankheiten bedrohen Ihr Augenlicht. Wir werden heute in dieser Pressekonferenz von der Makuladegeneration hören, vom Grauen Star und vom Grünen Star. Viele von Ihnen werden diese Erkrankungen im Laufe Ihres Lebens bekommen. Es sind echte Volkskrankheiten. Viele davon können wir inzwischen erfolgreich behandeln. Die Graue-Star-Operation, der Austausch der eigenen getrübten Linse gegen eine Kunstlinse, ist die weltweit häufigste Operation. Johann Sebastian Bach ist an den Folgen einer solchen Operation noch verstorben. Heute wird sie ambulant in örtlicher Betäubung durchgeführt und meist schon am nächsten Tag kann der operierte Patient wieder sehen. Für uns Augenärzte ist die Augenheilkunde nicht nur ein großes Fach, sondern auch ein extrem dankbares, ein großartiges Fach. Mit dem Thema des DOG 2016 „Augenheilkunde – ein großes Fach“ möchte ich unterstreichen, wie wichtig es für den einzelnen Menschen, aber auch – wegen der Häufigkeit der Augenerkrankungen – für die Gesellschaft ist, diese Krankheiten, die die Sehkraft bedrohen, zu behandeln. Ein Schwerpunkt des diesjährigen Kongresses soll deshalb die Epidemiologie und Versorgungsforschung sein, die sich darum kümmert, konkrete Zahlen zu Häufigkeiten von Erkrankungen zu erheben und zu untersuchen, wie die Versorgung der Bevölkerung tatsächlich ist. Aber nicht nur ältere Menschen erkranken an Augenleiden. Auch kleine Kinder sind betroffen. Für die Schwachsichtigkeit etwa bei Schielkindern gibt es neue Behandlungen, von denen wir heute noch hören werden.

Aber nicht nur aus den genannten Gründen ist die Augenheilkunde groß. Auch das Spektrum der Behandlungen ist umfassend und reicht von der Gabe von Augentropfen bis zur Implantation von Netzhaut-Chips, also Sehprothesen für erblindete Patienten. Ein Highlight der Tagung wird daher die Verleihung der „Graefe-Medaille“ an Professor Eberhart Zrenner sein, den Erfinder des Retina-Implantats. Die Graefe-Medaille ist die höchste Auszeichnung der Augenheilkunde in Deutschland und wird nur alle zehn Jahre an ganz herausragende Persönlichkeiten verliehen. Professor Zrenner, der die ophthalmologische Forschung in Deutschland so maßgeblich vorantrieb, ist wie kaum ein zweiter Wissenschaftler berufen, im Anschluss an die Verleihung der von-Graefe-Medaille in seiner Vorlesung über „Augenheilkunde als medizinische Leitdisziplin“ zu referieren. Künstlicher Organersatz, Transplantationen, Gentherapie, Netzhaut-Chips – auf all diesen Gebieten war und ist die Augenheilkunde Vorreiter. Diese Vorlesung möchte ich Ihnen besonders ans Herz legen.

Unsere weiteren Keynote Lectures werden in diesem Jahr von zwei international renommierten Experten zu ganz praktischen Themen gehalten. Professor Minas Coroneo aus Sydney, Australien, forscht zur Frage der schädlichen Wirkung des Sonnenlichtes auf das Auge. Er wird uns erklären, warum wir das Auge vor Sonnenlicht schützen sollen.

Professor Morten Dornonville de la Cour aus Dänemark spricht zur Häufigkeit der Netzhautablösung. Fast ein Prozent der Bevölkerung ist von dieser bedrohlichen Erkrankung im Laufe des Lebens betroffen. Er beschäftigt sich besonders mit dem Zusammenhang zwischen Grauer-Star-Operation und Netzhautablösung.

Und dann möchte ich noch auf zwei neue Sitzungsformate hinweisen, die wir in diesem Jahr auf dem DOG 2016 einführen. Zwei Symposien am DOG 2016 widmen sich Fehlern und Irrtümern in der Augenheilkunde. Zum einen wollen wir in dem Symposium „Aus Fehlern lernen“ zu einem offenen Umgang mit Fehlern aufrufen, als beste Methode zur zukünftigen Vermeidung von Fehlern. Zum anderen wird sich das Symposium „Vom Saulus zum Paulus“ damit beschäftigen, wie wir als Augenärzte mit der Dynamik unseres Faches umgehen. Wie wir dazu gezwungen werden, unsere Meinungen zu verschiedenen Themen aufgrund neuer Daten und Erfahrungen im Laufe der Zeit zu ändern. Wie wir damit umgehen, wenn neue Therapieformen aufkommen und unsere bewährten Ansichten sich wandeln. In der Eröffnungsveranstaltung haben wir als Festredner Caritasdirektor Monsignore Dr. Roland Batz gewinnen können. Er wird über „Barmherzigkeit und Wirtschaftlichkeit“ sprechen. Hier steht eine Institution wie die Caritas vor dem gleichen Problem wie wir als Ärzte: eine nicht nur qualitativ gute, sondern auch menschlich zugewandte medizinische Versorgung in einem Umfeld aufrechtzuerhalten, in dem die Anforderungen wachsen, zugleich aber der wirtschaftliche Druck von Krankenkassen, Verwaltungen und Gesundheitspolitik immer größer wird. Dieser Zwiespalt ist eine der größten Herausforderungen an den ärztlichen Ethos jedes einzelnen Arztes geworden. Zurück zu unserem Kongress-Motto. „Die Augenheilkunde ist ein großes Fach“:

  • weil die Sehkraft einen enorm hohen Stellenwert hat,
  • weil viele Volkskrankheiten am Auge das Sehen bedrohen,
  • weil Augenärzte ein großes Spektrum an verschiedensten Behandlungen anbieten,
  • weil die Augenheilkunde in vielen Aspekten eine Vorreiterrolle in der Medizin einnimmt,
  • und weil wir großartige Erfolge für das Sehen unserer Patienten erzielen.

Quelle:

Professor Dr. med. Horst Helbig
Professor Dr. med. Horst Helbig

Highlights und Schwerpunkte der DOG 2016. Professor Dr. med. Horst Helbig, Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg.

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