Mittwoch, April 24, 2024

High-Protein-Produkte haben laut DGE keinen gesundheitlichen Nutzen

Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte überflüssig, die Extraportion Protein hat laut DGE keinen gesundheitlichen Nutzen.

Mit Bezeichnungen wie „High Protein“, „reich an Protein“, „Proteinquelle“ werben Hersteller für eiweißreiche Produkte. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Trend vom Fitnessstudio über das Eiweißbrot auf ein breites Lebensmittelangebot ausgeweitet. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte überflüssig. Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“, sagt Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

 

Einzelne Innovationen sinnvoll

„Lediglich einzelne Innovationen können sinnvoll sein, etwa Nudeln aus Linsen oder Erbsen für Menschen mit Zöliakie“, ergänzt Gahl. Protein (Eiweiß) ist lebenswichtig für Muskeln, Knochen, Bindegewebe, Immunsystem und Blutgerinnung. Eine gesundheitsfördernde, nachhaltige Ernährung liefert eine ausreichende Menge an Nährstoffen mit weitgehend naturbelassenen oder wenig verarbeiteten und abwechslungsreich ausgewählten Lebensmitteln. Hochverarbeitete High-Protein-Produkte wie Chips und Schokoriegel sind kein „gesunder Genuss“, nur weil viel Protein zugesetzt wurde.

 

Mit „Protein“ beworbene Lebensmittel reichen von Müsli über High-Protein-Pudding und Proteineis bis hin zu Linsenchips.

Lebensmittel dürfen die Angabe „Proteinquelle“ tragen, wenn mindestens 12 % des Energiegehalts aus Protein stammen. Bei Angaben wie „High Protein“ müssen mindestens 20 % des Energiegehalts aus Protein sein. Das ist beispielsweise bei Pudding der Fall, der 80 Kilokalorien (kcal) und 1 g Protein enthält. Mit 4 kcal pro Gramm Protein liegt der Proteinanteil (40 kcal) bei 50 % des Energiegehalts.

Hersteller nutzen den Trend und loben Lebensmittel mit natürlicherweise hohem Proteingehalt wie zum Beispiel Quark als Proteinquelle aus. Weitere proteinreiche Lebensmittel sind z. B. Skyr, Nudeln aus Linsen und Produkte aus Insekten und Algen. Daneben kreieren Hersteller High-Protein-Produkte wie Fertiggerichte durch Kombination proteinreicher Zutaten. Und es gibt mit Protein angereicherte Produkte: An sich kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot werden mit Eiweißkonzentraten z. B. aus Weizen, Soja oder Lupinen versetzt. Auch bereits proteinreiche Lebensmittel wie Milch werden z. B. mit Milcheiweiß angereichert, um Label wie „High Protein“ zu tragen.

 

Viele High-Protein-Produkte sind hochverarbeitete Lebensmittel.

Das sind aus kostengünstigen Zutaten – überwiegend aus industriellen Energie- und Nährstoffquellen und Zusatzstoffen – zusammengesetzte Produkte. Sie sind meist ansprechend verpackt, intensiv vermarktet, lange haltbar, verzehrfertig und schmackhaft. Wenn häufig zu diesen Produkten gegriffen wird und sie Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Nüsse verdrängen, kann das langfristig kritisch für die Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen sein und mit Übergewicht, ernährungsbedingten Krankheiten und ökologischen Nachteilen einhergehen.

 

Hersteller vermarkten Proteinprodukte massiv.

Der Großteil der Bevölkerung hat aber gar kein Problem mit der Proteinversorgung. Deswegen ist auch ein gesundheitlicher Nutzen durch die Extraportion Protein nicht zu erwarten. Denn Muskelaufbau oder Schlanksein passiert nicht allein durch mehr Protein bei unveränderter Ernährung und Bewegung.

Im Grunde genommen können selbst Menschen, die aufgrund ihres Alters oder bei Leistungssport einen höheren Proteinbedarf haben, diesen über herkömmliche proteinreiche Lebensmittel decken. Dazu zählen neben Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern beispielsweise vor allem Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen.

Auch Veganer*innen sind mit pflanzlichen Proteinen aus gezielter Kombination von Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln gut versorgt. Voraussetzung ist eine ausreichende Energiezufuhr.

 

Für Erwachsene gilt ein Referenzwert für die Proteinzufuhr von 0,8 g pro kg Körpergewicht pro Tag.

Bei einem Menschen, der 68 kg wiegt, sind das 54 g Protein pro Tag. Die Menge steckt z. B. in 2 Scheiben Vollkornbrot mit Erdnussmus (1 g Protein), 25 g Ofenkartoffeln mit 15 g Quark (2 g Protein) und 15 g gegarten Linsen (1 g Protein). Siehe Tabelle „Proteingehalte verschiedener Lebensmittel”.

High-Protein-Produkte liefern meist mehr Protein, als nötig ist. Bei gesunden Erwachsenen schadet dies zwar nicht. Überflüssiges Protein baut der Körper ab, dabei entsteht Harnstoff, der mit dem Urin ausgeschieden werden muss. Deshalb ist ausreichendes Trinken bei hoher Proteinzufuhr wichtig. Bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion kann viel Protein allerdings problematisch sein und zu einer Verschlechterung führen.

Die Extradosis Protein geht schließlich meist mit Extrakosten für Verbraucher*innen einher. So kostet beispielsweise ein Proteinporridge mit 2 g Protein 1,40 € pro 10 g. Wobei Bio-Haferflocken mit 1 g Protein schon ab ca. 0,20 € pro 10 g zu bekommen sind.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)

Related Articles

Aktuell

Hülsenfrüchte liefern hochwertiges Eiweiß und qualitativ gute Fette

Hülsenfrüchte sind gesunde Energielieferanten und haben mit ihrem hochwertigen Eiweiß und guten Fetten einen großen Nutzen für die Ernährung. Hülsenfrüchte, einschließlich Linsen, Erbsen und Bohnen,...
- Advertisement -

Latest Articles

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...

Terpene und Cannabinoide in Cannabis sativa, dem Hanf

Cannabis sativa, der Hanf-Pflanze, und seine medizinische Bedeutung – ein Überblick über Terpene und Cannabinoide. Cannabis sativa, allgemein bekannt als Hanf, zählt zu den ältesten...

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...