Mittwoch, April 24, 2024

Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern oft unentdeckt

Die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern bleibt also oftmals lange Zeit unentdeckt und unbehandelt, obwohl 1 Prozent der Bevölkerung betroffen ist.

Die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern betrifft ein Prozent der Bevölkerung, die Erkrankung ist eine der häufigsten Ursache von Schlaganfällen. Da die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern von Betroffenen aber häufig nur als Müdigkeit oder Leistungsabfall wahrgenommen und bei herkömmlichen Untersuchungen oft nicht bemerkt wird, bleibt diese Herzerkrankung oftmals lange Zeit unentdeckt und unbehandelt – eine aktuelle Studie zeigt, dass eine einmalige Kontrolle in vielen Fällen trügerische, falsch negative Befunde liefert.

Die Österreichische Kardiologische Gesellschaft ÖKG empfiehlt ein flächendeckendes Screening von Risikogruppen auf die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern. Damit könnten mehr Leben gerettet werden als mit den Brust- oder Prostatakrebs-Vorsorgeprogrammen, was wiederum auch Kosten sparen helfen würde.

 

Epidemie Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern

„Vorhofflimmern ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts schlechthin und von seiner Bedeutung sogar relevanter als die weit verbreitete Herzinsuffizienz“, sagt Prim. Univ.-Doz. Dr. Franz Xaver Roithinger vom LK Wiener Neustadt, Präsident der ÖKG anlässlich der ÖKG-Jahrestagung 2017. „Zielführend wäre eine breit angelegte Kampagne und ein flächendeckendes Screening von Risikogruppen. Aus meiner Sicht ist ein solches Programm die wesentlichste Vorsorgemaßnahme der nächsten 20 Jahre. Wir würden damit wohl nicht nur mehr Leben retten als mit den heutigen Brust- oder Prostatakrebs-Programmen, sondern auch noch Kosten sparen.“

Ein großes Problem der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern ist es, dass um die 70 Prozent der Vorhofflimmer-Attacken von den Betroffenen gar nicht bemerkt oder nur mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Leistungsabfall oder Schlafstörungen wahrgenommen werden. Und mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden wie Ruhe- oder Langzeit-EKG ist die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern oft nur schwer nachzuweisen. Daher wird die Erkrankung, von der laut Literatur etwa ein Prozent der Menschen betroffen ist, häufig gar nicht oder erst sehr spät erkannt. Vorhofflimmern ist zwar zunächst nicht unmittelbar lebensbedrohlich, aber eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle: Werden Gerinnsel, die sich bei Vorhofflimmern im Herz („linken Herzohr“) bilden, ausgeschwemmt, können sie die Gefäße im Gehirn verstopfen.

 

Schlaganfallrisiko eerhöht auch durch kurze Episoden

Sowohl permanentes Vorhofflimmern, als auch vorübergehend auftretende Störungen erhöhen das Schlaganfallrisiko. In einer 2014 publizierten Untersuchung mit mehr als 6.500 Teilnehmern betrug die Rate ischämischer Schlaganfälle bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern 4,2 Prozent pro Jahr, bei jenen mit persistierend über sieben Tage auftretenden Störungen 3 Prozent und bei Patienten mit vorübergehenden Episoden 2,1 Prozent.

Heute können die Ursachen für Schlaganfälle oft nur retrospektiv entdeckt werden. Prim. Roithinger: „Zielführender wäre es, dieses Risiko frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen einzuleiten.“ Zwar empfehlen die Behandlungsrichtlinien der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft ab dem Alter von 65 nach Vorhofflimmern zu fahnden – das Problem ist allerdings, dass eine einmalige Kontrolle in vielen Fällen trügerische, falsch negative Befunde liefert. So wurde in einer soeben in Chicago präsentierten Studie mit 385 Risiko-Patienten bei der initialen Diagnostik kein einziger Fall von Vorhofflimmern entdeckt. Im Laufe der nächsten 18 Monate stellte sich aber heraus, dass 29,3 Prozent der Teilnehmer solche Herzrhythmusstörungen hatten, nach 30 Monaten waren es sogar rund 40 Prozent.

 

Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern Screening

Eine Arbeitsgruppe von 60 internationalen Experten hat aktuell in einem White Paper die Voraussetzungen für ein flächendeckendes Screening von Risikogruppen zusammengefasst – einschließlich der technischen Möglichkeiten. „Zwar sind die diversen Smartphone-Apps für das im Expertenpapier empfohlene Langzeit-Monitoring meist noch zu wenig ausgereift, allerdings dürften schon in naher Zukunft kleine, aufklebbare Eventrekorder zur Verfügung stehen, die eine zuverlässige Messung über einen längeren Zeitraum erlauben,“ erklärt Prim. Roithinger.

Eine schwedische Analyse konnte zeigen, dass bei einem Screening von 1.000 Personen acht Schlaganfälle zu verhindern und zwölf zusätzliche gesunde Lebensjahre (QALYs) zu gewinnen sind. Die Schwedische Dental and Pharmaceutical Benefits Agency (TLV) betonte in ihrem Abschlussbericht, dass dem finanziellen Aufwand von rund 50.000 Euro für das Screening eingesparte Kosten für verhinderte Schlaganfälle und andere Krankheiten gegenüberstehen, die mit 100.000 Euro doppelt so hoch liegen.

Quellen:

Reiffel J et al. High Incidence Of Previously Unknown (“Silent”) Atrial Fibrillation In Patients At High Risk For Atrial Fibrillation And Stroke: Primary Results From The REVEAL AF Study. Kongress der Heart Rhythm Society (HRS) 2017; Chicago, 10.–13. Mai 2017, Abstract: C-LBCT02-05

S. J. Connoly et al, Risk of ischaemic stroke according to pattern of atrial fibrillation: analysis of 6563 aspirin-treated patients in ACTIVE-A and AVERROES; Eur Heart J (2015) 36 (5): 281-288

E. Svennberg et al, Cost-effectiveness of mass screening for untreated atrial fibrillation using intermittent ECG recording. Arzneimittelbrief 2013, 47, 54a

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