Donnerstag, März 28, 2024

Herzinsuffizienz: Immer mehr Betroffene – bessere Therapien senken die Sterblichkeit

Herzinsuffizienz ist bereits die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausaufenthalte. Grund ist die steigende Lebenserwartung.

Die gute Nachricht: Die Zahl der Patienten, die an Herzinsuffizienz – dieser schweren Herzerkrankung – sterben, ist seit Jahren rückläufig. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie hat eine neue Qualitätsoffensive zur Verbesserung der Therapiemöglichkeiten eingeleitet.

 

Herzinsuffizienz – steigende Zahl stationär versorgter Patienten

Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist inzwischen die häufigste Einzeldiagnose bei vollstationär behandelten Patienten. Damit setzt sich ein seit Jahren beobachtbarer Trend fort: Mit 444.632 Fällen von Herzinsuffizienz stieg die Zahl der stationär versorgten Patienten 2015 im Vergleich zum Vorjahr erneut um 2,7 Prozent an. Noch drastischer fällt der 20-Jahres-Vergleich aus: Lag die Erkrankungshäufigkeit 1995 noch bei 275 Fällen pro 100.000 Einwohner, stieg der Wert bis 2015 auf 541 an. Das ist eine Steigerung um 96,72 Prozent, also nahezu eine Verdoppelung.

„Paradoxerweise ist die Zunahme bei der Herzinsuffizienz  gleichzeitig auch ein Nachweis für die Fortschritte der Herz-Medizin in anderen Bereichen“, erklärt Prof. Dr. Hugo Katus (Heidelberg), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), bei der Präsentation des aktuellen „Deutschen Herzberichts 2016“. „Durch die Erfolge in der Behandlung der akuten und chronischen Herzerkrankungen und durch die älter werdende Bevölkerung stehen wir in der Kardiologie geradezu vor einer Epidemie der Herzinsuffizienz.“

 

Trotz steigender Fallzahlen weniger Todesfälle

Die Sterbestatistik zeigt die gegenläufige Entwicklung. Obwohl immer mehr Menschen an einer Herzschwäche leiden, sank die Zahl der dadurch bedingten Todesfälle von 82 pro 100.000 Einwohner im Jahr 1990 auf 54,9 im Jahr 2014. „Der Rückgang um 33 Prozent ist auf die Fortschritte in der Therapie der Herzschwäche zurück zu führen. Dazu gehören die lebensverlängernden Effekte der medikamentösen Therapie sowie die konsequente Umsetzung der Leitlinienempfehlungen in der Versorgung der Patienten mit Herzinsuffizienz“, analysiert Prof. Dr. Georg Ertl (Würzburg).

 

Frauen sterben öfter an Herzschwäche als Männer

Auffällig ist, dass die Sterblichkeit bei Männern deutlich stärker zurückging als bei Frauen. Obwohl Frauen mit 540,4 und Männer mit 541,7 Fällen pro 100.000 Einwohner etwa gleich oft betroffen sind, zeigt die Sterbeziffer ein deutliches Gefälle. Bei Männern beträgt die Zahl der Todesfälle 40,3 pro 100.000 Einwohner, bei Frauen liegt dieser Wert bei 68,9 – und ist damit um 70,96 Prozent höher. „Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist unerwartet groß und mit heutigem Wissen nicht ohne weiteres erklärlich“, so Prof. Ertl.

 

Rhythmus-Implantate verbessern die Prognose

Im Frühstadium der Erkrankung werden die meisten Herzschwäche-Patienten, wie in den Leitlinien vorgesehen, mit einer medikamentösen Therapie versorgt. Damit lassen sich die meisten Symptome lindern und Krankenhausaufenthalte verhindern. Zuletzt wurden vielversprechende medikamentöse Therapieansätze vorgestellt, die sich allerdings noch in großen randomisierten Studien beweisen müssen.

 

CRT-Systeme zur Behandlung im fortgeschrittenen Stadium erfolgreich

Neben der Vergrößerung des geschwächten Herzens kommt es bei etwa jedem dritten Herzinsuffizienz-Patienten zu einer Reizleitungsstörung, einem sogenannten Linksschenkelblock. In der Folge arbeiten die linke und die rechte Herzhälfte nicht mehr synchron, was die Pumpkraft weiter schwächt. Zur Behandlung solcher Fälle wurden 2015 in Deutschland 21.479 Stimulationsgeräte zur sogenannten Resynchronisationstherapie (CRT) implantiert. „Wie Studien gezeigt haben, sind die CRT den herkömmlichen implantierbaren Defibrillatoren überlegen“, erklärt Prof. Dr. Norbert Frey (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel). „Die Einführung dieser auch in den Leitlinien empfohlenen Therapieform hat zu einer weiteren Verbesserung der therapeutischen Optionen bei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz geführt.“

 

Organspenden weiter rückläufig

Mit nur 286 Herz- und Herz-Lungen-Transplantationen in ganz Deutschland wurde 2015 erneut ein Negativrekord aufgestellt. Um die seit Jahren sinkende Zahl an Organspenden zu kompensieren, gewinnen mechanische Möglichkeiten zur Kreislaufunterstützung bis hin zur Implantation von sogenannten Kunstherzen zunehmend an Bedeutung in der Behandlung der Herzinsuffizienz.

2015 wurden insgesamt 3.075 solcher Eingriffe durchgeführt, 5,67 Prozent mehr als im Jahr davor. Allerdings ist die Zunahme im Wesentlichen auf den vermehrten Einsatz von kurzfristig wirksamen Notfallsystemen zurück zu führen. „In Zukunft wird aber auch die Zahl permanent implantierter Systeme steigen“, so Prof. Frey. „Da eine Transplantation für die meisten Patienten immer unwahrscheinlicher wird, sind sogenannte LVAD-Systeme, die trotz des vorhandene Komplikationspotentials eine relativ akzeptable Lebensqualität ermöglichen, der einzige Ausweg, das Leben der Patienten auf der Warteliste zu retten.“

 

DGK-Positionspapier und Zertifizierungen sollen weitere Verbesserungen bringen

Trotz der insgesamt positiven Bilanz bei der Behandlung von Herzinsuffizienz wollen sich die Kardiologen mit dem Erreichten nicht zufriedengeben: „Obwohl die verbesserten Therapien zu einer längeren Überlebenszeit beigetragen haben, steigt die Sterblichkeit wegen Herzinsuffizienz in hohem Lebensalter dramatisch an“, so Prof. Ertl. „Dieser Entwicklung müssen wir Rechnung tragen und haben große Anstrengungen unternommen, um die Versorgung der Patienten mit Herzinsuffizienz in Deutschland zu verbessern.“

Die strukturellen und medizinischen Voraussetzungen für eine optimale Versorgung der Patienten in allen Stadien einer Herzinsuffizienz hat die DGK in einem Positionspapier beschrieben. Zudem wurde ein Zertifizierungsprozess von Herzinsuffizienz-Zentren implementiert. „Die speziellen medizinischen Herausforderungen bei den älteren multimorbiden Patienten mit Herzinsuffizienz erfordern eine besondere Kompetenz in der Herzmedizin, die durch begleitende Weiterbildung für den Kardiologen in Curricula sichergestellt wird“, kündigt DGK-Präsident Prof. Katus an.

Weitere Informationen unter www.dgk.org.

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