Donnerstag, März 28, 2024

Wie hoch HDL-Cholesterin sein sollte – laufende Diskussion

Wie hoch das LDL- und HDL-Cholesterin sein sollten, wird immer wieder diskutiert, wobei man einen niedrigen HDL-Wert zumindest auf 50 mg/dl erhöhen sollte.

Das Cholesterin spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der atherosklerotischen Plaques beziehungsweise der Arteriosklerose. Und zwar genauer gesagt das Verhältnis zwischen LDL- und HDL-Cholesterin. Daher hat man bereits vor vielen Jahren die Messung des Gesamt-Cholesterins um die selektive Messung von HDL und LDL erweitert. Viele Studien zeigten in der Vergangenheit, dass die HDL-Cholesterin-Spiegel (High Density Lipoprotein Cholesterol) nicht zu niedrig sein sollten und man es gegebenenfalls erhöhen sollte, um dadurch Herz und Kreislauf zu unterstützen.

Allerdings brachten neuere Interventionsstudien mit Medikamenten, die dafür sorgten, dass das HDL-Cholesterin für den Herzschutz hoch genug ist, widersprüchliche Ergebnisse. Denn es zeigte sich kein Vorteil in Bezug auf vaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Im Gegenteil. Jüngste Studien zeigen, dass sowohl niedrige als auch hohe HDL-C-Spiegel mit einer erhöhten Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung verbunden waren. Das galt insbesondere für plötzlichen Herztod, gefolgt von Herzinsuffizienz sowie intrazerebrale Blutungen. Unter dem Strich scheinen hohe HDL-C-Werte nicht unbedingt ein Zeichen für eine gute kardiovaskuläre Gesundheit zu sein. Speziell bei jüngeren Erwachsenen.

Gutes Cholesterin

Unter dem Strich gilt das HDL-(High-Density-Lipoprotein-Cholesterin jedenfalls als das »gute« Cholesterin. Denn es hilft dem Körper dabei, andere Formen von Cholesterin aus dem Blutkreislauf zu entfernen. Dazu nimmt das HDL-Cholesterin das überschüssige Cholesterin im Blut auf. Dann bringt es dieses zurück zur Leber. Schließlich baut es der Organismus dann ab und infolgedessen wird es aus dem Körper entfernt.

Höhere HDL-Cholesterin-Spiegel sind eigentlich mit einem geringeren Risiko für Herzerkrankungen verbunden. Allerdings konnten aktuelle Untersuchungen zeigen, dass der HDL-Cholesterin-Wert bei Patienten mit koronaren Herzkrankheiten keine gute Aussagekraft darüber hat, wie gut die herzschützenden Funktionen von des HDLs – High Density Lipoprotein – sind (die GENES-Studie).

Eine aktuelle Studie zum Cholesterinverhältnis von LDL-Cho­l­­­esterin und HDL-Cho­l­­­esterin bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern als klinischer Indikator für ischämischen Schlaganfall ergab, dass bereits bei einem Verhältnis von größer als 1,22 das Risiko erhöht ist. Das Verhältnis kann somit ein wichtiger Hinweis für die Therapie sein. Das spricht dann wiederum ebenfalls für einen hohen HDL-Cholesterin-Wert.

 

Empfohlene Richtwerte für LDL- und HDL-Cholesterin

Der Gesamt-Cholesterin-Wert sollte unter 200 mg/dl liegen. Erstrebenswert sind ein LDL-Wert von höchstens 100 mg/dl und ein HDL-Wert von mindestens 50 mg/dl hoch sein. Also ein Verhältnis von 2:1. Dramatisch wird das Erkrankungsrisiko ab einem Verhältnis größer als 4:1.

Weil die Sexualhormone im Körper einen Einfluss auf das Cho­l­­­esterin haben, sind die HDL-Richtwerte bei Männern und Frauen leicht unterschiedlich. Die liegen bei Männern über 40 mg/dl sowie Frauen über 45 mg/dl.  Frauen haben zunächst einen besseren Schutz vor Cholesterin-Schäden. Allerdings geht der mit den Wechseljahren verloren.

Widersprüchliche Ergebnisse

Laut jüngsten Studienergebnissen aus den USA sollen HDL-Cholesterin-Werte, die zu hoch sind, zumindest nicht bei allen Menschen positiv wirken. So zeigte eine Untersuchung von Patienten mit Herzkrankheiten, dass sehr hohe HDL-Cholesterin-Werte im Zusammenhang mit einem höherem Herzinfarkt- und Sterblichkeitsrisiko stehen (MEDMIX berichtete – https://medmix.at/hdl-cholesterin-gute-schlecht/). Wobei auch hier weitere Detail-Ergebnisse abzuwarten sind.

Bedeutung von Cholesterin

Im Grunde genommen ist das Cholesterin nicht wasserlöslich und kann somit im Blut nicht frei transportiert werden. In der Leber wird es daher in Lipoproteine eingebaut und mit ihrer Hilfe befördert. Im Wesentlichen gibt es hierzu zwei Transporttypen. Erstens das HDL (High Density Lipoproteins) und zweitens das LDL (Low Density Lipoproteins). Experten schlagen als Eselsbrücke folgende Assoziationen vor: LDL = Liefert Die Last, HDL = Holt Die Last.

LDL bringt Cholesterin zu Zellen, die viel Cholesterin brauchen. Wenn dann diese Zellen ausreichend mit Cholesterin versorgt sind, dann schwimmen die überschüssigen LDL weiter im Blut. Und dann kann sich das LDL-Cholesterin an den Wänden der Blutgefäße ablagern. Zudem greifen aggressive Sauerstoffverbindungen das LDL an. Infolgedessen oxidieren sie es und lassen es somit gefährlich werden.

Das oxidierte LDL bewirkt unter anderem, dass entzündungsfördernde Stoffe ausgeschüttet werden – ein Prozess, der zur gefürchteten Arteriosklerose beiträgt. Die Gefäßwand wird dabei stark verhärtet, uneben und verliert an Elastizität.

Wenn die Gefäßwand dann erst einmal beschädigt ist, dann kommt es leicht zur Ablagerung weiterer Blutbestandteile. Außerdem kann es zur Ausbreitung von Entzündungen in der Arterienwand kommen. Das Gefäß verengt sich schließlich zunehmend.

Neben erhöhten LDL- und Triglyzeridwerten spielen bei der Entwicklung der Arteriosklerose eine Reihe anderer Risikofaktoren eine wichtige Rolle. Dazu zählen der Nikotinkonsum, Bluthochdruck sowie die chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz).

 

Vielfacher Schutzeffekt

Das HDL transportiert das nicht benötigte Cholesterin zurück zur Leber. Dort baut es der Körper vor allem in Gallensäuren um. Und die werden dann über den Darm ausgeschieden. HDL kann auch Cholesterin aus atherosklerotischen Plaques aufnehmen und somit Ablagerungen in den Gefäßen verringern.

Der günstige präventive Effekt von HDL-Cholesterin gegen atherosklerotische Entwicklungen basiert auf einer Reihe unterschiedlicher Wirkmechanismen. So entfaltet HDL antientzündliche und antioxidative Effekte.

Darüber hinaus begünstigt es den Abtransport von Cholesterin aus der Gefäßwand. Weiter wirkt es der lokalen Gerinnselbildung entgegen. Und verbessert es die Funktion des Endothels.

 

Eine Anhebung von HDL-Cholesterin ist eine wichtige und wirksame Behandlungsstrategie, um die Gefäßwand vor Atherosklerose zu schützen.

Ganz besonders wichtig ist die Schutzwirkung von HDL bei den Patienten mit Metabolischem Syndrom oder Diabetes mellitus. Und es ist auch wichtig bei jüngeren Menschen ohne sonstige Risikofaktoren.

In den letzten Jahren wiesen auch tatsächlich mehrere große Studien auf die vorbeugende Wirkung von HDL hin. Zudem hatte sich das HDL auch als Faktor zur Prognose für das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheiten (PAVK) erwiesen. Allerdings zeigten jüngste Studien keine Erfolge einer HDL-Anhebung.

HDL-Cholesterin vorbeugend erhöhen und Herz-Kreislauf-Therapien verbessern

In den Bemühungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, legten Experten ihren Fokus lange Zeit auf die Senkung von LDL-Cholesterin. Und damit konnte man hierzu auch tatsächlich recht beeindruckende Erfolge erzielen.

Denn zahlreiche Studien zur vorbeugenden Sekundärprävention (nach Herzinfarkt und Schlaganfall) zeigten, dass die Senkung von LDL sehr effektiv ist. Und zwar, um Ablagerungen in den Gefäßwänden zu stabilisieren und weitere Herzinfarkte zu verhindern.

Insgesamt konnte man das Herz-Kreislauf-Risiko durch die Gabe der Cholesterinsenker vom Typ der Statine um 25 % bis 30 % senken.

Seit der Jahrtausendwende wurde verstärkt Augenmerk auf die Bedeutung des HDL-Cholesterins gelegt. Im VA-HDL Intervention Trial (2006) konnte man bei unverändertem LDL beispielsweise das HDL-Cholesterin um sechs Prozent erhöhen. Dadurch ließen sich kardiale Ereignisse um 22 % reduzieren. Auch eine Metaanalyse von vier großen epidemiologischen Studien demonstrierte den hohen Schutzeffekt von HDL.

Ein Anstieg von HDL um 1 mg/dl Blut senkt jedenfalls das relative Risiko für koronare Ereignisse um 2 % bei Männern. Bei Frauen war es um 3 % niedriger. Und das geschah unabhängig von der Höhe des LDL-Cholesterins. Jedenfalls bewirkte eine Steigerung des HDL-Cholesterins um 11 % eine Verringerung des Risikos um 23 %. Das zeigten frühere Daten aus der bekannten Helsinki Heart Study.

 

HDL-Cholesterin gezielt erhöhen

Auch um das HDL-Cholesterin gezielt erhöhen zu können, sollte man schließlich den Lebensstil ändern. Dazu gehört beispielsweise das Abnehmen von Gewicht. Weiter der Verzicht auf das Rauchen sowie mehr Bewegung beziehungsweise körperliche Aktivitäten und Sport. Diese Faktoren bleiben jedenfalls ganz wesentlich bei der Senkung des Gesamt-Cholesterins.

Ein interessanter medikamentöser Ansatz für die Behandlung ist mit dem Wirkstoff Niacin (aus der Gruppe der Vitamine) möglich. Im Vergleich zu herkömmlichen Medikamenten zur Senkung von Cholesterin kann Niacin das HDL-Cholesterin effizient steigern sowie das LDL-Cholesterin und die Werte der Triglyzeride senken.

Einen günstigen Effekt erzielte die Kombination von Niacin mit einem lipidsenkenden Statin in der HDL Atherosclerosis Treatment Study (HATS). LDL sank um 42%, gleichzeitig stieg das HDL um 26 %. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse ließ sich gegenüber Placebo um 90 % reduzieren.


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Quellen:

https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/high-blood-cholesterol/in-depth/hdl-cholesterol/art-20046388

https://www.nlm.nih.gov/medlineplus/ency/patientinstructions/000386.htm

Dr. Darko Stamenov. Wie hoch LDL- und HDL-Cholesterin sein sollte. MEDMIX 8/2007.

 

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