Freitag, April 19, 2024

Hausstaubmilben-Allergie als häufigste Ursache für Asthma bronchiale

Hausstaubmilben machen Menschen mit Allergie oft großen Kummer, denn eine Hausstaubmilbenallergie gilt als die häufigste Ursache für Asthma bronchiale.

Bis bessere Beweise vorliegen, sollten Ärzte einen pragmatischen Ansatz zur Vermeidung von Hausstaubmilben-Allergenen verfolgen. Dementsprechend sollten sie sensibilisierten Patienten mit Allergie raten, mit einer Reihe von Maßnahmen möglichst wenig Kontakt mit Hausstaubmilben zu haben und so möglicherweise auch die Entwicklung von Asthma bronchiale zu verhindern. Schließlich sollten die Interventionen so früh wie möglich begonnen werden.

 

Hausstaubmilben-Allergie durch mikroskopisch kleine Spinnentiere

Insgesamt leidet bereits jede vierte Person in unseren Breiten an einer allergischen Erkrankung. Mehr als ein Drittel davon an einer Hausstaubmilben-Allergie. Wir teilen unseren Lebensraum mit Milben, wobei man kaum irgendwo vor den Allergenen der Spinnentiere sicher ist. Das ist für Allergiker dramatisch, denn eine Hausstaubmilben-Allergie gilt als die häufigste Ursache für Asthma.

Dermatophagoides pteronyssinus, Dermatophagoides farinae, Euroglyphus maynei. Hinter diesen schier unaussprechlichen Namen verbergen sich achtbeinige, blinde, mikroskopisch kleine Spinnentiere, die Hausstaubmilben. Trotz ihrer geringen Größe machen sie vielen Menschen das Leben schwer. Denn: Zusammen mit Gräser- und Birkenpollen sowie Katzenhaaren gehört die Hausstaubmilbe zu den „Top 4-Allergieauslösern“.

Betroffene mit Hausstaubmilben-Allergie haben, verglichen mit anderen Atemwegsallergien, ein besonders hohes Risiko für Asthma. Bereits 1964 wurden Milben als Ursache der längst bekannten Hausstauballergie von holländischen Wissenschaftlern entlarvt.

Seither wurden 13 verschiedene Arten im Hausstaub entdeckt. Und die haben es in sich. Die Eiweiße in den Körpern von abgestorbenen Milben und besonders im Kot enthalten 33 unterschiedliche Allergene. Nicht das Spinnentier selbst löst also Allergien aus, sondern vor allem ihre Ausscheidungen besitzen eine hohe allergische Potenz. Erstaunlich: Im Laufe ihres Lebens produziert die Milbe das 200-fache ihres Eigengewichts an Kot!

 

Sommer ist Paarungszeit für Milben, Winter ist Leidenszeit für Allergiker

Trotz ihrer kurzen Lebensdauer zwischen zwei und sechs Monaten, legen die paarungsfreudigen Weibchen bis zu 300 Eier. Und zwar schaffen sie bei optimalen Bedingungen zwei bis drei pro Tag. Die lichtscheuen Tiere vermehren sich am stärksten von Mai bis Oktober. Im Spätsommer tummeln dann bis zu zwei Millionen Milben in unseren Matratzen.

Startet die Heizperiode, geht‘s für Allergiker aber erst so richtig los. Denn wird die Luft trockener, stirbt ein Großteil der Milben ab. Die Kotbällchen zerfallen und die freigesetzten Allergene werden aufgewirbelt. Während die extrem leichten Partikel stundenlang in der Atemluft schweben, werden sie eingeatmet und gelangen auf die Schleimhäute der Augen und Nase und auf die Haut.

Dazu kommt, dass wir in der kalten Jahreszeit weniger lüften und auch mehr Zeit in Räumen verbringen. Daher spüren Allergiker dann ihre Beschwerden besonders stark.

 

Wo gibt’s die meisten Milben?

Appetit haben Hausstaubmilben vor allem auf menschliche und tierische, idealerweise bereits angeschimmelte, Hautschuppen. Die 1,5 Gramm, die zum Beispiel ein Erwachsener davon täglich abstößt, reichen, um bis zu 100.000 Milben zu ernähren. Hausstaubmilben sind lichtscheu und lieben eine warme und feuchte Umgebung.

Eine Zimmertemperatur von 20 bis 25 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 70 bis 75 Prozent bietet ihnen die optimale Wohlfühloase. Dieses Klima und Nahrungsangebot finden die Milben vor allem in unseren Betten.

Reichlich Nahrung finden Hausstaubmilben aber auch in Polstermöbeln, Teppichen, Vorhängen oder Stofftieren. Wir transportieren die Milbenallergene zudem auf unserer Kleidung von Ort zu Ort.

Studien fanden heraus, dass die Allergenbelastung nicht nur – wie bisher vermutet – im Bett besonders hoch ist, sondern auch an anderen Orten wie in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Schule, in Kindergärten, am Arbeitsplatz oder auf Kinositzen usw. sehr hoch sein kann. Hausstaubmilben sind somit unsere ständigen Begleiter.


Unglaublich aber wahr:

– Ein Pullover kann bis zu 30.000 Milben beherbergen.

– 10 Prozent des Gewichts eines alten Polsters ergibt sich angeblich aus toten Milben und deren Kot. Keine kuschligen Aussichten …

– Nach spätestens zwei Jahren sind neue Stofftiere, Matratzen und Teppiche komplett von den unliebsamen Mitbewohnern besiedelt.

– Manche Studien fanden die stärkste Allergenbelastung in öffentlichen Verkehrsmitteln.

– Staubsaugen: bei einer Minute/m2 werden nur ca. fünf Prozent der Milben und vier Prozent des Staubs entfernt. Erst nach 52 Minuten Saugen wären 100 Prozent der Milben aufgesaugt!

– Während und bis zu 30 Minuten nach dem Staubsaugen ist die Konzentration des Milbenallergens in der Luft um das bis zu 50-fache erhöht.


Die große Gefahr einer Hausstaubmilbenallergie ist die Entwicklung von allergischem Asthma bronchiale

Da die allergen wirkenden Eiweiße äußerst klein sind, verlagern sich die Augen- und Nasen-Symptome von häufig in die unteren Atemwege. Gerade bei Hausstaubmilben-Allergie besteht ein hohes Risiko, dass die Allergene in die Lunge der Patienten gelangen. Wobei sie dort dann auch eine Entzündung verursachen können. Schließlich kann sich dadurch Allergisches Asthma bronchiale entwickeln.

Das Risiko des sogenannten Etagenwechsels steigt, je länger die Allergie unerkannt und unbehandelt bleibt. Die Gefahr ist groß, denn ein Viertel der Haustaubmilben-Allergiker leidet auch unter Asthma bronchiale. Um das zu verhindern, sollte die Hausstaubmilben-Allergie unbedingt rasch erkannt und behandelt werden!

 

Achtung Kreuzallergie

Aus der Milbenallergie kann sich zusätzlich eine Kreuzreaktion mit Krebstieren und Weichtieren wie Shrimps, Weinbergschnecken, Muscheln sowie Tintenfische entwickeln. Aufgrund der ähnlichen Eiweißstrukturen kann der Genuss jedenfalls manchmal zu Nasenkribbeln, Zungenbrennen, Fließschnupfen, Durchfall, Atemnot oder Nesselsucht am ganzen Körper führen. Und zwar sogar bis hin zu Schockzuständen und Kreislaufversagen. Wenig bekannt ist, dass Vorratsmilben beispielsweise Getreide und Mehl besiedeln. Und damit können sie dann vor allem auch besonders Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auslösen.

 

Allergene Angriffe ernst nehmen und Hausstaubmilbenallergie sowie allergisches Asthma bronchiale lindern

Merke: Hausstaubmilben selbst sind harmlos. Sie können weder stechen noch beißen, übertragen keine Krankheiten und sind winzig klein. Doch für Allergiker sind sie eine große Sache. Wenn die Symptome, wie ein allergischer Schnupfen, länger als vier Wochen andauern oder wenn sie häufiger auftreten, so sollte auf alle Fälle ein allergologisch geschulter Arzt die Versorgung übernehmen. Dank der spezifischen Immuntherapie kann das Fortschreiten der Hausstaubmilben-Allergie oftmals gestoppt sowie die Symptome von allergischem Schnupfen und allergischem Asthma effektiv gelindert werden.

 

Verbesserung der allergischen Rhinitis bei Kindern mit Asthma nach Verringerung der Exposition gegenüber Hausstaubmilben

Allergische Rhinitis bei Kindern ist eine schwere entzündliche Erkrankung der Atemwege mit einer hohen Inzidenz, die jährlich zunimmt und auch viele Kinder mit Asthma betrifft.

Häufige Verursacher einer Allergischen Rhinitis und Asthma bei Kindern sind Hausstaubmilben. Die Reduzierung der Allergenexposition ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Kontrolle und Behandlung. Deswegen ist es wichtig, mit modernen Methoden die Hausstaubmilben einzufangen und abzutöten. Damit kann man beispielsweise die Anzahl der Hausstaubmilben auf Matratzen verringern und damit schließlich auch die Symptome von Asthma und Rhinitis.


Literatur:

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Tovey E, Ferro A. Time for new methods for avoidance of house dust mite and other allergens. Curr Allergy Asthma Rep. 2012;12(5):465-477. doi:10.1007/s11882-012-0285-0

Shaaban R, Zureik M, Soussan D, et al. Rhinitis and onset of asthma: a longitudinal population-based study. Lancet. 2008;372(9643):1049-1057. doi:10.1016/S0140-6736(08)61446-4

Hemmer W. et al., Sensibilisierungshäufigkeit auf Inhalationsallergene (Pricktest, n=13.719, FAZ 1997-2007)

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Linneberg A et al. Allergy 2002;57:1048-52

Sunver J. et al. J Allergy Clin Immunol 2004:114:1033-1039


Quelle:

Statement »Die Hausstaubmilbe – Kleiner Mitbewohner verursacht Allergikern oft großen Kummer.« Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer, Biologe, Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ)

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