Donnerstag, April 18, 2024

Nadelfreies Grippeimpfpflaster beziehungsweise Grippepflaster verbessert das Immunsystem

Das nadelfreie Grippeimpfpflaster beziehungsweise Grippepflaster kann das Immunsystem ähnlich stärken wie die Grippeimpfung ohne negative Nebenwirkungen.

Forscher haben im Journal of Investigative Dermatology eine Studie zu einem Grippeimpfpflaster beziehungsweise Grippepflaster veröffentlicht. Wobei man das Pflaster noch nicht am Menschen getestet hat. Somit befindet sich die Forschung noch im Anfangsstadium. Allerdings ist nun ein wichtiger Schritt in Richtung dieser Technologie geschehen. Demnach soll zukünftig das Grippeimpfpflaster die nadelbasierten Impfmethoden ersetzen. Das spart auch Ressourcen beim medizinischen Personal. Denn die Verabreichung der Grippeimpfung und die Beseitigung von biologisch bedenklichen Abfällen erfordert freie Kapazitäten.

 

Nadelfreie Impfansätze

„Wissenschaftler forschen seit fast zwei Jahrzehnten an nadelfreien Impfansätzen. Aber keine der Technologien konnte einen Hype erzeugen“, sagte Benjamin L. Miller, Ph.D., korrespondierender Autor und Dekan sowie Professor für Dermatologie an der Universität von Rochester Medical Center. „Unser Pflaster überwindet viele der Herausforderungen, denen sich Pflaster mit Mikronadeln für die Impfstoffabgabe stellen müssen. Die Hauptmethode, die wir im Laufe der Jahre testeten, zeigte nun Wirksamkeit und geringe Toxizität. Das macht Hoffnung und könnte enorme Auswirkungen auf die Gesundheit der Weltbevölkerung haben.“

 

Häufige Hautkrankheiten ebnen den Weg für ein nadelloses Grippeimpfpflaster

Der Transport von großen Molekülen wie Grippeimpfproteinen über die Haut ist schwierig. Denn die Haut soll ja Dinge aus dem Körper fernhalten und nicht hereinlassen. Das Studienteam hat Lehren aus der Erforschung und Behandlung häufig entzündlicher Hautkrankheiten gezogen.

Denn bei Patienten mit Neurodermitis beziehungsweise Ekzemen ist die Hautbarriere ja undicht. Dadurch können Pollen, Schimmelpilze sowie eine Vielzahl anderer Allergene durch die Haut in den Körper gelangen. Dort nimmt sie dann unser Immunsystem wahr und bekämpft sie. Lisa A. Beck, korrespondierende Autorin und Professorin für Dermatologie am University of Rochester Medical Center, entdeckte, dass die Expression eines Proteins namens Claudin-1 zur Aufrechterhaltung der Barrierekraft und zur Verringerung der Hautdurchlässigkeit beiträgt. Claudin-1 ist bei Ekzempatienten (daher die undichte Hautbarriere) im Vergleich zu Personen ohne die Krankheit signifikant reduziert.

 

Hautbarriere durchlässiger machen

In früheren Untersuchungen stellte Beck fest, dass eine Verringerung der Claudin-1-Expression in den Hautzellen von gesunden Spendern die Haut durchlässiger machte. Beck, Miller und der Erstautor Matthew Brewer, Ph.D., fragten sich, ob sie diese induzierte Permeabilität nutzen könnten, um ein Grippeimpfvirus durch die Haut zu schleusen. Dazu müssten sie die Hautbarriere genau so lange aufheben, um das Virus in den Körper zu schleusen. Aber nicht zu lange, damit nicht andere Krankheitserreger und Schadstoffe in den Körper eindringen können.

 

Zusammenspiel von Dermatologie, Chemie sowie Impfbiologie

Der Chemiker Miller entwickelte gemeinsam mit dem Immunologen Brewer synthetische Peptide. Diese binden an Claudin-1 und hemmen das Protein, um die Hautbarriere zu öffnen. Die Forscher testeten ihre Formulierungen auch an menschlichen Hautzellen. Dabei identifizierten sie ein Peptid, das die Hautbarriere aufheben konnte ohne toxische Effekte zu verursachen.

Als nächstes entwarfen sie ein Pflaster mit dem synthetischen Peptid sowie einem rekombinanten Grippeimpfstoff. Dann testeten sie zwei Szenarien.

Im ersten Szenario setzten sie das Pflaster auf Mäuse, um das Immunsystem zu stärken. Sie verabreichten anschließend eine intramuskuläre Grippeimpfung, um die Immunität zu stärken.

Im zweiten Szenario taten sie das Gegenteil. Sie setzten zuerst eine intramuskuläre Grippeimpfung ein, um das Immunsystem zu stärken. Und dann platzierten sie das Grippeimpfpflaster, um die Immunität zu stärken.

Das Grippeimpfpflaster sieht wie ein kleines Stück Klebeband aus. In beiden Szenarien platzierten sie es auf den Rücken der Mäuse und ließen es dort für 18 bis 36 Stunden. Das Pflaster öffnete effektiv die Hautbarriere. Das zeigte die Messung des Wasserverlusts durch die Haut.

 

Grippeimpfpflaster zeigt erst nach der Grippeimpfung eine robuste Immunantwort

Als das Grippepflaster zum ersten Mal platziert wurde, gab es keine signifikante Immunantwort. Es löste jedoch eine robuste Immunantwort aus, als man es nach der intramuskulären Grippeimpfung einsetzte. Die Immunantwort wurde gemessen an der Zunahme von Antikörpern gegen das Grippe-Impfvirus.

Das deutet einerseits darauf hin, dass es wenig Sinn macht, grippe-naive Personen mit dem Grippepflaster zu behandeln. Allerdings scheint es wirksam zu sein, wenn bereits eine Immunität vorhanden war.

Wichtig war übrigens auch, dass die Mäuse nach drei Monaten keine physischen Hautveränderungen entwickelten. Dies bedeutet, dass die kurze Unterbrechung der Hautbarriere das Infektionsrisiko nicht erhöhte.

„Als wir das Pflaster mit dem Peptid anbrachten, wurde die Haut der Maus für kurze Zeit durchlässig“, sagte Brewer. „Aber sobald das Pflaster entfernt wurde, begann sich die Hautbarriere zu schließen. Bereits eine Stunde nach der Entfernung stellten wir signifikante Unterschiede fest. Und nach 24 Stunden war die Haut wieder normal. Das heisst die Methode hat eine große Sicherheit.“

 

Verbesserte Impfstoffabgabe für die globale Gesundheit

Gegenwärtige nadelbasierte Impfstoffe sind zwar wirksam. Aber man braucht viel Personal für die Durchführung. Außerdem verursachen nadelbasierte Impfungen Schmerzen und Angstgefühle bei den Patienten. Das alles sind Hindernisse für die Abgabe in Entwicklungsländern, in denen der größte Bedarf besteht.

„Diese Länder haben nicht das Personal, um ganze Bevölkerungsgruppen zu impfen“, sagte Beck. „Darüber hinaus gibt es in vielen dieser Regionen eine Abneigung gegen die Gesundheitsfürsorge. Eine Nadel ist schmerzhaft und invasiv. Das erschwert die Sache, wenn kulturellen Vorurteile gegen Präventivmedizin bestehen.“

Ein Grippe-Impfpflaster könnte eine nicht-invasive Möglichkeit bieten, um Impfstoffe schnell und kostengünstig an viele Menschen zu verabreichen.

Literatur:

Matthew G. Brewer, Elizabeth A. Anderson. Radha P. Pandya. Anna De Benedetto. Takeshi Yoshida. Thomas A. Hilimire. Luis Martinez-Sobrido. Lisa A. Beck. Benjamin L. Miller. Peptides Derived from the Tight Junction Protein, Claudin-1, Disrupt Skin Barrier and Promote Responsiveness to an Epicutaneous Vaccine. Journal of Investigative Dermatology. DOI: https://doi.org/10.1016/j.jid.2019.06.145.


Quelle: MEDIZINISCHES ZENTRUM DER UNIVERSITÄT VON ROCHESTER

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