Freitag, März 29, 2024

Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat als Schutz für den Knorpel

Faktum ist, dass die Gelenke unter Dauerstress sind. Der ­Einsatz von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat zum Knorpelschutz ist zu rechtfertigen.

Die körperlichen Beschwerden des Menschen sind maßgeblich durch einen belastenden, ungesunden Lebensstil bedingt, der ihn allmählich von der evolutionär kurz gespielten Rolle des homo sapiens sapiens zum homo sapiens sedens transformiert. Der zentrale Achsenstab sowie die großen Gelenke sind dabei besonderen Belastungen ausgesetzt und dementsprechend gefährdet. Die damit oft verbundene Osteoarthrose (OA) gehört zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Zahlreiche Studien zeigen, dass Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat hierzu eine sinnvolle Therapieunterstützung darstellen.

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Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat bei Osteoarthrose

Die therapeutische Palette im Kampf gegen Osteoarthrose wurde in den letzten Jahren maßgeblich um die Glycosaminoglycane (GAGS) ­Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat erweitert. Diese in-vivo von den Chondrozyten in den Extrazellulärraum sezernierten GAGS gehören, industriell gefertigt, als orale Substitution mittlerweile zu den »Topsellers im OTC-bereich« und setzen allein in den USA jährlich an die 400 Millionen US-Dollar um ( J Marra, Nutraceuticals World, 2002).



 

Glucosaminsulfat und seine chondroprotektive und schmerzreduzierende Rolle

Seit der placebokontrollieten 3-Jahres-Langzeitstudie (Reginster et al, Lancet, 2001) über die  chondroprotektive und schmerz­reduzierende Rolle von Glucosaminsulfat bei Knie-OA-Patienten, ist sogar vom »Morgengrauen einer neuen Ära« (Mc Alindon, Lancet, 2001) die Rede.

Glucosaminsulfat wird rasch im Gastrointestinaltrakt resorbiert (Deal et al, Rheum Dis Clin North Am, 1999), von Plasmaproteinen inkorporiert und kann, radioaktiv markiert, selektiv im Gelenksknorpel nachgewiesen werden (Setnikar et al, Arzneimittelforschung, 1986).

In-vitro-Studien an Zellkulturen zeigen eine vermehrte Proteoglycansynthese von Knorpelzellen nach exogener Glucosaminsulfatexposition, parallel dazu wird die Metalloproteasenaktivität von MMP-1 und MMP-13 (Kollagenasen) auf der Ebene der mRNA signifikant reduziert (»stucture modifying drug«).

Diese Reduktion der Kollagenaseaktivität erfolgt an allen proteolytisch aktivierten Knorpelzellkulturen, welche einer Glucosaminsulfatkonzentration von 3 bis 50μmol ausgesetzt sind (Byron et al, AJVR, 2003). Solche Konzentrationen werden allerdings durch keine therapeutisch mögliche orale Applikationsform erreicht.

Es muss also davon ausgegangen werden, dass wesentlich geringere Wirkstoffkonzentrationen schon chondroprotektiv vor der irreversiblen extrazellulären Matrixzerstörung am gesunden Knorpel schützen (Byron et al, AJVR, 2003).

Glucosaminsulfat ist sehr gut verträglich, zeigt keine Veränderung des HbA1c und erscheint nicht als Allergieauslöser in Frage zu kommen. Manche der am Markt befindlichen OTC-Produkte bestehen jedoch aus Glucosaminhydrochlorid und zugesetztem Sulfat und sind gemäß der rezenten Literatur nicht entzündungshemmend, analgetisch oder knorpelprotektiv.



 

Chondroitinsulfat – ein weiteres Glycosaminglykan

Das Schicksal von oral dargereichtem Chondroitinsulfat, einem weiteren Glycosaminglykan und damit wichtigem Strukturpolysaccharid des Extrazellulärraumes, ist  weniger gut aufgeklärt. Junge Knorpelzellen synthetisieren hauptsächlich in 4-Position sulfatiertes Chondroitinsulfat. Während der Alterungsprozess beziehungsweise degenerative Veränderungen eine Verlagerung zu 6-Sulfat bzw 4-6-Disulfat mit sich bringt. Und damit die Wasserretention des Knorpels vermindert.

Oral zugeführtes Chondroitinsulfat mit einem relativ geringen Molekulargewicht von rund 15kDa wird vermutlich über Pinozytose aufgenommen, ist im Blut nachweisbar und wird im Gewebe akkumuliert. Chondroitinsulfat stimuliert die RNA-synthese der Chondrozyten. Wobei das mit einer gesteigerten Proteoglycan und Kollagensynthese korreliert. Zudem blockiert es gleichzeitig Il-1, den NO-Zutritt sowie dessen de novo-Synthese.

Placebokontrollierte Studien über die Effektivität von Chondroitinsulfat an Patienten mit Knie-OA belegen eine reduzierte Minderung des Gelenksspaltes in der Verumgruppe innerhalb eines Jahres (Uebelhart et al, Osteo­arthritis cartilage, 1998), ähnliche Resultate zeigt auch eine 3-Jahres Studie an Patienten mit OA am Handgelenk.

Im Vergleich zu Diclofenac zeigt Chondroitinsulfat eine anfangs langsamere schmerzlindernde Wirkung nach dem Lequesne Index, die sich aber im Laufe von Monaten eindeutig zu Gunsten des biologischen Knorpelinhaltsstoffes verschiebt und auch nach Beendigung der Darreichung anhält.

 

Kombinationen von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat

Der Einsatz von Kombinationspräparaten von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat erscheint sinnvoll zu sein. Denn zumindest unter in-vitro-Bedingungen an Tierknorpelzellkulturen beschreiben Studien eine stärkere knorpelschützende Wirkung als beim Einsatz der jeweiligen Monosubstanz (Lippiello et al, Osteoarthritis Cartilage, 2003).

Nach dem heutigen Stand des Wissens ist der Einsatz der Knorpelschutzstoffe Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat zum Knorpelerhalt zu rechtfertigen, wenngleich noch viel Information über den biologischen in-vivo-Effekt ausständig ist.




Literatur:

Tim McAlindon. Glusoamine for osteoarthritis: dawn of a new era? The Lancet. Published:January 27, 2001DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(00)03606-0

Wei B, Gu Q, Li D, et al. Mild degenerative changes of hip cartilage in elderly patients: an available sample representative of early osteoarthritis. Int J Clin Exp Pathol. 2014;7(10):6493–6503. Published 2014 Sep 15.

Deal CL, Moskowitz RW. Nutraceuticals as therapeutic agents in osteoarthritis. The role of glucosamine, chondroitin sulfate, and collagen hydrolysate. Rheum Dis Clin North Am. 1999 May;25(2):379-95.

Uebelhart D, Thonar EJ, Delmas PD, Chantraine A, Vignon E. Effects of oral chondroitin sulfate on the progression of knee osteoarthritis: a pilot study. Osteoarthritis Cartilage. 1998 May;6 Suppl A:39-46.


Quellen:

http://www.rheumatology.org/

http://www.aaos.org/research/guidelines/GuidelineOAKnee.asp

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