Donnerstag, März 28, 2024

Gelenkschmerzen rasch behandeln, um chronische Schmerzen zu verhindern

Gelenkschmerzen durch Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme sollte man rechtzeitig wirksam behandeln, um chronische Schmerzen zu verhindern.

Um vielfältige längerfristige negative Auswirkungen zu vermeiden, sollte man Gelenkschmerzen rasch und wirksam behandeln. Denn so lassen sich chronische Schmerzen am ehesten verhindern. Gelenkschmerzen beziehungsweise Schmerzen im Bewegungsapparat sind einerseits für die betroffenen Personen eine Bürde, die zu Bewegungseinschränkungen, sozialen Isolation, finanziellen Einbußen und Arbeitslosigkeit führen können. Andererseits richten Gelenkschmerzen auch volkswirtschaftlich großen Schaden an.

 

Wann zum Arzt: Die wichtigsten Warnsignale für chronische Schmerzen

Wer an Gelenkschmerzen leidet, sollte so früh womöglich beginnen, diese effektiv zu behandeln, bevor die Schmerzen chronisch werden. Denn das Risiko, dass sie chronifizieren, ist hoch, wenn man zu lange zögert.

Beispielsweise suchen bei einer Arthrose viele Patienten erst nach längerer Zeit ärztliche Hilfe. Etwa zwei Drittel der Arthrosepatienten setzen zuerst nicht verschreibungspflichtige Nahrungsmittelzusätze und Medikamente ein, um die Schmerzen zu lindern.

41 Prozent der Patienten haben zumindest ein Jahr vor der Diagnose bereits Gelenkschmerzen. Auch bei Rheumaerkrankungen dauert es von den ersten Symptomen wie Wirbelsäulenschmerzen bis zu fünf Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird.

Kreuzschmerzen bei älteren Personen können auch ein Hinweis auf eine Osteoporose sein. Aber auch hier kommt es leider immer noch vor, dass bei 60- bis 80-jährigen mit Kreuzschmerzen die Diagnose erst nach drei oder vier Wirbeleinbrüchen gestellt wird. Übrigens sinkt pro Wirbeleinbruch die Lebenserwartung um fünf bis sechs Jahre.

 

Warnsignale – Red Flags

Folgende „Red Flags“, also Warnsignale, sollte ehestmöglich ein Arzt abklären:

  • anhaltende Schmerzen über drei Monate
  • bewegungseinschränkende Schmerzen
  • nächtlicher Kreuzschmerz
  • schmerzende Gelenke, die geschwollen und überwärmt sind
  • Morgensteifigkeit länger als 1,5 Stunden
  • Kreuzschmerzen, die nach einer Gehstrecke von etwa einem Kilometer einschießen
  • Diagnostische Maßnahmen zur Abklärung

Aufgrund der Vielfalt der Ursachen und Erscheinungsformen ist die Diagnose von Gelenkschmerzen nicht immer einfach. Je genauer der Patient seine Gelenkschmerzen beschreiben kann, desto eher kann der Arzt die Zahl der infrage kommenden Ursachen eingrenzen.

Zur diagnostischen Abklärung stehen zahlreiche Verfahren zur Verfügung. Neben Schmerzfragebögen sind wichtige Elemente das Abtasten (Palpation) der Schmerzregion durch den Arzt, Laboruntersuchungen, Ultraschall (Sonografie), radiologische Verfahren (Röntgen, MRT), Gelenkpunktion sowie auch dermatologische Untersuchung bei Verdacht auf eine Psoriasis-Arthritis.

 

Häufige Ursachen für Gelenkschmerzen

Wesentliche Gründe für viele Formen von Gelenkschmerzen sind der steigenden Lebenserwartung und unserem Lebensstil geschuldet, geprägt durch Bewegungsmangel, Fehlbelastungen und Übergewicht. So sind die Menschen in Österreich beispielsweise vor 100 Jahren noch zehnmal längere Strecken gegangen als heute. Heute weiß man, dass zu viel Fettgewebe im Körper nicht nur durch die Gewichtsbelastung Gelenke schädigt. Sondern es bildet auch entzündungsfördernde Stoffe, Adipokine, die den Abbau der Knorpelsubstanz beschleunigen. Dies fördert ebenso wie schlechte Gelenkführung bei Muskelschwäche, hoher Druck in den Gelenken durch Übergewicht und altersbedingte Verschleißerscheinungen die Entstehung von Arthrosen.

 

Degenerativ bedingte Arthralgien

Die Gelenkarthrose ist die häufigste Form von Gelenkerkrankungen und kann im Prinzip an allen Gelenken auftreten. Primär sind aber Hüft-, Knie- und Sprunggelenk sowie der untere Teil der Wirbelsäule betroffen. Durch eine Zerstörung des Knorpels an den Gelenkflächen und die damit verbundenen Knochenveränderungen ist das betroffene Gelenk nicht mehr frei beweglich. Es entzündet sich, schwillt an und schmerzt. Charakteristisch sind Anlaufschmerzen, bewegungsabhängige Schmerzen, gelegentlich auch eine Morgensteifigkeit, die jedoch im Gegensatz zur rheumatisch bedingten Morgensteifigkeit mild ausgeprägt ist und sich meist bald auflöst.

 

Rheumatisch bedingte Arthralgien

Eine der häufigsten Ursachen für Gelenkschmerzen mit Gelenkentzündung (Arthritis) infolge einer Systemerkrankung sind rheumatische beziehungsweise rheumatoide Erkrankungen. Die primär chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis oder Polyarthritis rheumatica) ist eine chronische, unterschiedlich fortschreitend verlaufende, entzündliche und mit zunehmender Gelenkzerstörung einhergehende Erkrankung.

Typische Symptome sind zum Beispiel Morgensteifigkeit, Gelenkschwellung sowie die Tendenz zur Bewegungseinschränkung bis zur vollständigen Gelenksteife (Ankylosierung), aber auch Stabilitätsverlust der Gelenke und die Beteiligung von Sehnenscheiden (Tenosynovitis) und Sehnen. Betroffen sind vor allem Hand- und Fingergelenke, aber auch Knie- oder Ellenbogengelenke, Zehengrund- oder Schultergelenke.

Entzündliche Prozesse an den Gelenken und Bändern der Wirbelsäule sind oft Ursache für die Rückenschmerzen beim Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans), die zur knöchernen Versteifung der Wirbelsäule führen.

 

Weitere Ursachen von Gelenkschmerzen

Auch Stoffwechselerkrankungen können zu einer Arthritis und damit zu Gelenkschmerzen führen. Mögliche Auslöser sind beispielsweise Hyperurikämie und Gicht. Akute Gichtanfälle sind mit heftigen Gelenkschmerzen, Schwellung und Rötung im Gelenkbereich verbunden, betroffen ist vor allem das Großzehengrundgelenk.

Weitere Ursachen können auch Infektionen (Lyme-Borreliose, generalisierte Gonorrhö, nach offenen Traumata) sein, aber auch die Schuppenflechte kann zu Gelenkschmerzen führen (Psoriasisarthritis). Bei Frauen in den Wechseljahren treten Gelenkprobleme und -schmerzen auch in Folge sinkender Östrogenspiegel auf.

 

Gelenkschmerzen behandeln

Wichtig ist, Patienten mit Gelenkschmerzen möglichst rasch in Bewegung bringen und eine Chronifizierung der Schmerzen zu verhindern. Dafür kommt eine breite Palette medikamentöser und nicht-medikamentöser Verfahren infrage. Basis für die Therapiewahl ist der zugrundeliegende Schmerzmechanismus und die spezifische klinische Wirksamkeit der verschiedenen Analgetika.

Bei akut entzündlichen Schmerzen kommen peripher wirkende Analgetika zum Einsatz. Das am schwächsten wirksame Medikament der ersten Wahl aus dieser Gruppe ist Paracetamol. Zur Bekämpfung stärkerer akuter Gelenkschmerzen werden primär aber nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt, da sie auch einen antientzündlichen Effekt aufweisen. Eine Alternative stellen auch die besser verträglichen Coxibe dar. Bei beiden Arzneigruppen müssen aber die Nebenwirkungen beachtet werden, die mit einer erhöhten Inzidenz atherogener Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall einhergehen.

Für einen raschen antientzündlichen Effekt eignen sich auch Kortikosteroide, die man aber immer mit einer Prophylaxe der Osteoporose kombinieren muss. Kortikosteroide haben zwar zahlreiche Nebenwirkungen, ihr Benefit überwiegt aber die Nebenwirkungen. Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis können auch die neuen Biotherapeutika zur Linderung von nozizeptiven Schmerzen beitragen.

In vielen Fällen ist aber eine Kombination mehrerer Wirkstoffklassen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten sinnvoll, wobei bei der Wahl der Medikation auf vorliegende Komorbiditäten Rücksicht genommen werden muss. Opioide – primär in retardierten Formen, wodurch konstante Wirkstoffspiegel im Blut möglich sind – sollten laut den OARSI (Osteoarthritis Research Society International)-Empfehlungen vor allem bei fortgeschrittener Arthrose zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Bei neuropathischer Schmerzcharakteristik kann der Einsatz von Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Capsaicin sinnvoll sein.

 

Invasive Verfahren zum Behandeln von Gelenkschmerzen

Akute Entzündungen bei einer Arthrose kann man Gelenkschmerzen auch durch das Einspritzen von Glukokorticoiden in das Gelenk behandeln beziehungsweise lindern. Diese Injektion kann kurzfristig Schmerzen lindern und die Beweglichkeit wiederherstellen. Wichtig ist jedoch, dass sie mit Bewegungs- und Entspannungstherapie kombiniert wird.

Schreitet die Erkrankung trotzdem voran und schränkt den Patienten zu stark ein, ist die erste Methode der Wahl ein minimalinvasiver Eingriff, die Arthroskopie. Eine weitere therapeutische Möglichkeit ist die Mikrofrakturierung.

Lokalanästhetische Verfahren mit lang wirkenden örtlichen Betäubungsmitteln und Nervenblockaden sind ebenfalls eine wertvolle Hilfe zur Mobilisierung von Patienten bei anhaltenden Schmerzen. Als nächst höhere Therapiestufe kommen wiederholte Nerven- bzw. Leitungsblockaden infrage, in hartnäckigen Fällen auch kontinuierlich mit Katheter.

Wenn dennoch verschiedene Behandlungsmaßnahmen die Schmerzen bei einer Arthrose sowie die Bewegungseinschränkungen nicht verringern können, sind chirurgische Eingriffe zu erwägen. Heute liegt die Erfolgsrate bereits bei etwa 95 Prozent und die Implantate bleiben auch nach 15 Jahren noch unverändert an ihrem Platz. Nach dem Eingriff bessern sich die Schmerzen, die Steifigkeit und Einschränkungen deutlich und die altersentsprechende Lebensqualität bleibt über Jahre erhalten. Dennoch bleibt, wie bei jedem Eingriff, ein Restrisiko.


Literatur:

Shanmugasundaram S, Solanki K, Saseendar S, Chavada VK, D’Ambrosi R. Role of Doxycycline as an Osteoarthritis Disease-Modifying Drug. J Clin Med. 2023 Apr 18;12(8):2927. doi: 10.3390/jcm12082927. PMID: 37109263; PMCID: PMC10145123.

Abramoff B, Caldera FE. Osteoarthritis: Pathology, Diagnosis, and Treatment Options. Med Clin North Am. 2020 Mar;104(2):293-311. doi: 10.1016/j.mcna.2019.10.007. Epub 2019 Dec 18. PMID: 32035570.

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