Der Leidensdruck des Patienten ist bei Gelenkersatz an Knie oder Hüfte ausschlaggebend für den richtigen Zeitpunkt, wann man die Operation machen soll.
Unter dem Strich ist bei der Indikationsstellung für eine Operation mit künstlichem Gelenkersatz an Hüfte oder Knie der Zustand des Patienten den entscheidend. Ein „Muss“ für eine Operation an Knie oder Hüfte gibt es aus ärztlicher Sicht jedenfalls nicht. Denn nicht der Röntgenbefund einer Arthrose beziehungsweise der Grad des Knorpelverschleißes sind ausschlaggebend für die Operationsentscheidung. Sondern das ist der Leidensdruck des Patienten. Vier Kriterien helfen dem Patienten bei seiner Entscheidung für die Operation an Hüfte oder Knie.
Die Schmerzen des Patienten sind ausschlaggebend für die OP
Ein verschlissenes Gelenk verursacht Schmerzen und schränkt die Bewegungen ein. Im Grunde genommen ist die seelische Belastung dadurch bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Daher ist auch der Zeitpunkt für einen Gelenkersatz sehr individuell. Für Orthopäden und Unfallchirurgen gibt es jedenfalls keine zwingenden Gründe für einen Gelenkersatz, die sich ausschließlich aus einem Röntgenbefund ergeben. Das Maß aller Dinge sind die Schmerzen des Patienten. Die Entscheidung liegt nach ausführlicher Beratung letztlich immer bei ihm.
Gelenkersatz-Operation, wenn Schmerzen am Knie oder an der Hüfte sehr stark werden
Wenn Menschen dauerhaft unter starken Schmerzen am Knie oder an der Hüfte leiden, kann für sie eine Operation zum Gelenkersatz die Rettung sein. Beispielsweise kann eine Endoprothese die verloren gegangene Bewegung wiederbringen oder den Schmerzen ein Ende bereiten. Deswegen suchen die Patienten oft Hilfe beim Arzt. Dabei erhoffen sie sich meistens, dass bildgebende Verfahren ihnen Aufschluss über den Zustand der Schmerzen im Gelenk geben.
Aber egal, welche Abnutzungserscheinungen oder Knorpelschäden ein Röntgenbild oder eine andere Bildgebung zeigen. Ob das Gelenk ersetzt werden soll, entscheidet nicht der Arzt anhand des Bildes. Sondern der Patient aufgrund seines individuellen Leidensdrucks. Denn bei dem einen Menschen sorgt ein Befund mit einer fortgeschrittenen Arthrose für unerträgliche Schmerzen. Während ein anderer Mensch mit gleichem Befund kaum Probleme hat.
Mit anderen Worten gibt es keine Regel für den idealen Zeitpunkt für einen Gelenkersatz. Unter dem Strich ist es nie zu spät für ein künstliches Gelenk, auch wenn das betroffene Gelenk bereits stark beschädigt ist.
Die Annahme, dass man besser früher operieren sollte, weil eine bessere Gelenkbeschaffenheit die OP erleichtert, stimmt nur in Ausnahmefällen. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem eine Operation an Hüfte oder Knie zu spät wäre. Von hoher Bedeutung ist die „Shared decision making“, die Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen.
Ein fortgeschrittener Röntgenbefund sowie ein hoher Leidensdruck beziehungsweise eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität sind Voraussetzung zur Operation an Hüfte oder Knie. Nach Erörterung der Befunde und des Risikos entscheidet letztendlich der Patient. Denn dieser erlebt die Einschränkungen am eigenen Körper.
Es gibt auch Entscheidungshilfen für die Patienten
Jedenfalls sollte man die Patienten über die Kriterien für eine Gelenkoperation aufklären. Damit kann man sie bei der Entscheidung unterstützen. Leitlinien beschreiben dazu vier Hauptkriterien, die beispielsweise für die Implantation einer Knie-Endoprothese erfüllt sein sollen.
Das ist erstens der Fall, wenn der Schmerz seit mindestens 3 bis 6 Monaten besteht. Und wenn die Beschwerden entweder dauerhaft oder mehrmals wöchentlich bei Belastung auftritt.
Zweitens sollten die Schäden am Gelenk auf dem Röntgenbild deutlich sichtbar sein. Es muss dementsprechend ein schwerer Röntgenbefund von Arthrose vorliegen.
Drittens wäre ein Kriterium, wenn über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten Medikamente und nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Bewegung und Krankengymnastik die Schmerzen nicht mehr ausreichend lindern können.
Viertens sollten die Schmerzen den Patienten im täglichen Leben so stark einschränken, dass er nicht mehr bereit ist, sich mit ihnen abzufinden.
Das Durchschnittsalter liegt für eine Operation an Hüfte oder Knie bei etwa 70 Jahren. Dabei sind drei von fünf Patienten weiblich. Wenn sich jedenfalls ein Patient für eine künstliche Hüfte oder ein künstliches Knie entscheidet, so sollte er die Operation am besten in einem zertifizierten Zentrum vornehmen lassen. Dort sollte eine sichere und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Patienten beim künstlichen Gelenkersatz gegeben sein. Wichtig sind erfahrene Operateure und ein geschultes Team sowie klar definierte Strukturen sorgen für Qualitätssicherung. Zudem stehen immer mehr verfeinerte Operationstechniken zur Verfügung.
Quelle: Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik (AE)