Donnerstag, März 28, 2024

Fettsäuren in Zellmembranen verändern sich im Tagesrhythmus

Fettsäuren in Zellmembranen setzen sich im Laufe des Tages unterschiedlich zusammen, möglicherweise ist dieser Rhythmus auch für das Tageszeit abhängige Auftreten verschiedener Erkrankungen mitverantwortlich.

 

Das Leben aller Lebewesen unterliegt natürlichen Rhythmen wie beispielsweise dem Tag- und Nachtrhythmus oder jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Solche chronobiologischen Abläufe konnten von Forschern der Veterinärmedizinische Universität Wien nun für Fettsäuren in Zellmembranen gezeigt werden: diese setzen sich je nach Tageszeit anders zusammen, wobei diese Veränderungen in den Zellmembranen auch den Gesundheitszustand des Individuums zeitlich mitbeeinflussen könnten.

 

Fettsäuren in Zellmembranen steuern Stoffwechselvorgänge

Fettsäuren sind wichtige Bestandteile von Zellmembranen. Sie leiten Signale in die Zelle weiter und steuern Stoffwechselvorgänge im gesamten Körper. Die beiden Universitätsprofessoren Dr. Thomas Ruf und Dr. Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna sind diesen zyklischen Schwankungen bei menschlichen Zellen nachgegangen.

„Nahezu alle physiologischen Vorgänge bei Mensch und Tier, wie Körpertemperatur oder Herzfrequenz, unterliegen tagesperiodischen Rhythmen, viele von ihnen zeigen auch jahresperiodische Schwankungen. Wir wollten herausfinden, ob diese Rhythmen mit Veränderungen von Zellmembranen zusammenhängen können“, erzählt der Erstautor der Studie, Prof. Ruf.

Daher untersuchten die Forscher ein Jahr lang die Mundschleimhautzellen von 20 Testpersonen. Alle Personen sammelten an einem bestimmten Tag im Monat alle drei Stunden ihre eigenen Mundschleimhautzellen, indem sie die Mundhöhle mehrmals täglich kräftig mit Wasser spülten und diese Lösungen in speziellen Röhrchen einfroren.

 

Zusammensetzung der Fettsäuren in Zellmembranen verändert sich mit der Tageszeit in bestimmten Rhythmus

Die Analyse der Zellmembranen zeigte klare tageszeitabhängige Rhythmen bei elf verschiedenen Fettsäuren. Einige Fettsäuren in Zellmembranen waren nachts in höheren Mengen vorhanden, andere eher tagsüber. „Die zellulären Veränderungen haben eines gemeinsam, sie fanden bei allen Personen immer ungefähr zur gleichen Tageszeit statt. Es ist also ein klarer Rhythmus sichtbar“, erklärt Ruf.

Aus der Tierphysiologie wisse man, dass bei Tieren die Fettsäuren in Zellmembranen sich an verschiedene Umwelterfordernisse anpassen – die Zusammensetzung unterliege aber vor allem jahreszeitlichen Schwankungen. „Bei den von uns untersuchten Personen zeigten sich zwar tageszeitliche Schwankungen, jahreszeitliche Schwankungen traten eher individuell auf.“

Anders als bei Wildtieren zeigte sich bei den Testpersonen kein klarer kollektiver Jahresrhythmus im Fettsäuremuster. Bei etwa der Hälfte der Testpersonen gab es zwar jahresperiodische Rhythmen, sie verliefen aber nicht synchron. Bei manchen Testpersonen gab es einen Gipfel im Frühjahr oder Sommer, bei anderen war dieselbe Fettsäure im Herbst oder Winter erhöht. „In westlichen Ländern nimmt der Einfluss der Jahreszeiten auf den Körper tendenziell ab. Grund dafür sind künstliches Licht, das die Tage verlängert und lange Heizperioden, die Temperaturschwankungen mildern. Jahresrhythmen existieren zwar, werden aber nicht mehr mit der Jahreszeit synchronisiert“, so Ruf.

 

Bestimmte Krankheiten treten chronobiologisch auf

Die von den Wissenschaftern entdeckte Umstrukturierung der Fettsäuren in Zellmembranen könnte von medizinischer Bedeutung sein. Es ist bekannt, dass bestimmte Fettsäuren wie beispielsweise die Omega-3-Fettsäuren vor bestimmten Erkrankungen schützen, während andere, wenn sie im Übermaß aufgenommen werden, ungünstig sein können. Die Zusammensetzung der Fettsäuren in den Membranen könnte also verschiedenste gesundheitliche Auswirkungen haben.

„Möglicherweise erklärt sich daraus auch, warum bestimmte Krankheiten und Todesfälle tageszeitabhängig auftreten. Morgens kommt es statistisch gesehen häufiger zu Herzinfarkten als abends. Auch der der Blutdruck zeigt normalerweise vormittags einen Anstieg. Derzeit wissen wir nicht genau, was die Veränderungen in der Zusammensetzung der Zellmembran hervorruft. Die Art und Zeit der Nahrungsaufnahme könnte dabei eventuell auch eine Rolle spielen. Diese Fragen gilt es noch zu erforschen“, betont Ruf.

Möglicherweise ist es nicht nur wichtig gesundheitsfördernde Omega-3-Fettsäuren in Fischöl oder Ölsäure in Olivenöl in ausreichenden Mengen zu sich zu nehmen, sondern auch den richtigen Zeitpunkt zu wählen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wollen die Forscher in Zukunft herausfinden.

 

Literatur und Quellen:

Der Artikel „Daily and Seasonal Rhythms in Human Mucosa Phospholipid Fatty Acid Composition” von Thomas Ruf und Walter Arnold zu Fettsäuren in Zellmembranen wurde in der internationalen Zeitschrift Journal of Biological Rhythms veröffentlicht

http://jbr.sagepub.com/content/30/4/331

http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinfo2015/zel…

Related Articles

Aktuell

Steviosid: Eine revolutionäre Alternative zu Zucker

Mit seiner Süßkraft, die deutlich stärker ist als die von Zucker, hat Steviosid (ohne jegliche Kalorien) die Welt der Süßstoffe revolutioniert. Mit einer Süßkraft, die...
- Advertisement -

Latest Articles

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...

Biosimilars in der Therapie der Psoriasis

Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars mit Original-Biologika für die Behandlung von Psoriasis lässt Fragen offen. Bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Psoriasis...