Freitag, März 29, 2024

Fallbericht zu Gingivostomatitis herpetica, Stomatitis aphthosa

Zahlreiche kleine, sehr schmerzhafte Ulzerationen der gesamten Mundschleimhaut sind typisch für Gingivostomatitis herpetica, Stomatitis aphthosa.

Ein kurzer klinischer Fallbericht soll die häufigste virologische Differentialdiagnosen bei aphtösen Läsionen der Mundschleimhaut in Erinnerung rufen. Im Serum einer zweieinhalbjährigen, kleinen Patientin, das man für eine breite virologische Antikörperdiagnostik an das Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien übermittelt hatte, konnten die Virologen positive IgM-Antikörper gegen Herpes-simplex-Virus (HSV) detektieren (bei negativen IgG-Antikörpern). Zudem konnten die Mediziner HSV Typ 1 mittels PCR im EDTA-Plasma nachweisen (1.600 Kopien/ml). Das ist wiederum mit einer Gingivostomatitis herpetica oder Stomatitis aphthosa vereinbar. Die klinische Angabe lautete Makrothrombozytopenie (das Kind hatte sogar Thrombozytenkonzentrat benötigt). An der Mundschleimhaut fanden sich blutige Aphten.



 

Gingivostomatitis herpetica / Stomatitis aphthosa durch Herpes-simplex-Virus

Laborergebnisse (positive HSV-IgM-AK und HSV-1-Virusnachweis im Blut) und Klinik (aphtöse Läsionen der Mundschleimhaut) sind vereinbar mit einer Gingivostomatitis herpetica / Stomatitis aphthosa, einer typischen klinischen Erstmanifestation einer Infektion mit HSV Typ 1. In diesem besonderen Fall wurde das Kind aufgrund einer therapiebedürftigen Immunthrombozytopenie (ITP) hospitalisiert, die möglicherweise durch die HSV-Infektion getriggert beziehungsweise verstärkt wurde. Die Immunthrombozytopenie stellt eine Komplikation dar, die unter anderem mit akuten viralen oder bakteriellen Infektionen assoziiert ist.

Die Primärinfektion mit HSV Typ 1 im Kindesalter verläuft zumeist subklinisch beziehungsweise asymptomatisch. Im Falle einer symptomatischen Infektion imponiert diese häufig als Gingivostomatitis herpetica / Stomatitis aphtosa, die gekennzeichnet ist durch zahlreiche kleine, sehr schmerzhafte Ulzerationen der gesamten Mundschleimhaut, der Gingiva, der Zunge und der Lippen, meist verbunden mit starken Allgemeinsymptomen wie hohem Fieber und Lymphknotenschwellung.

 

Differenzialdiagnose Hand-Mund-Fußsyndrom

Differentialdiagnostisch sollte man bei vesikulo-ulzerierenden Läsionen der Mundschleimhaut auch an ein Hand-Mund-Fußsyndrom, verursacht durch Enteroviren, denken (nicht immer müssen Bläschen an allen drei Prädilektionsstellen vorhanden sein).

Das Hand-Fuß-Mund Syndrom ist eine akute, selbst-limitierte, aber hochinfektiöse Viruserkrankung, die typischerweise bei Kleinkindern im Sommer und Herbst auftritt. Verursacher sind dabei Enteroviren, insbesondere Coxsackieviren der Typen A6, A10 und A16, sowie Enteroviren des Typs 71. In der Regel werden sie fäko-oral übertragen, und auch hier bleibt die Infektion in den meisten Fällen asymptomatisch.



Wenn es zu einer klinischen Manifestation kommt, dann treten bei den Infizierten nach einer Inkubationszeit von etwa einer Woche virushaltige Bläschen an Handflächen, Fußsohlen und um den Mund auf. Selten können eben zusätzlich ulzerierende Läsionen an der Mundschleimhaut entstehen.

Schwere Komplikationen bleiben meistens aus, und die Bläschen und Läsionen heilen innerhalb einer Woche ohne Narben ab. Eine Ausnahme bilden Infektionen mit Enterovirus 71, bei denen vor allem bei Kleinkindern neurologische Komplikationen, wie aseptische Meningitiden oder Enzephalitiden vorkommen können.

 

HSV-Infektion mittels Serumprobe diagnostizieren

Was die Diagnose betrifft, kann man eine primäre HSV-Infektion, wie in unserem Fallbeispiel, natürlich mittels einer Serumprobe (und ggf. eines Folgeserums) diagnostizieren. Bei Vorhandensein von Bläschen oder eben Aphten stellt allerdings der direkte Virusnukleinsäurenachweis mittels PCR aus einem Abstrich eine einfache, rasche und verlässliche Nachweismethode dar. Gleiches gilt für den Nachweis von Enteroviren, wobei hier zusätzlich auch Stuhl als geeignetes diagnostisches Material gilt.




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Quelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION NR. 15/20-5.

Dr. Eva Geringer.

Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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