Samstag, April 20, 2024

Seltene neurodegenerative Erkrankung: frontotemporalen Demenz

Das Zusammenleben mit Betroffenen, die an einer Frontotemporalen Demenz leiden, bedeutet für die Menschen in deren Umfeld eine sehr große Herausforderung.

Im Vergleich zu Alzheimer ist das Auftreten der frontotemporalen Demenz (FTD) unter dem Strich selten. Dementsprechend zählt sie daher auch zu den „Orphan diseases“. Im jüngeren Lebensalter, vor dem 65. Lebensjahr, ist das allerdings anders. Denn das Krankheitsbild der frontotemporalen Demenz gehört neben der Alzheimer-Krankheit zu den häufigsten fortschreitenden Erkrankungen einer Demenz. Die Frontotemporale Demenz entwickelt sich meistens sogar früher als Alzheimer, oft schon zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr oder noch früher, bei Patienten zwischen 20 und 85 Jahre wurde schon diese Diagnose gestellt.

Mit anderen Worten ist die Frontotemporale Demenz eine heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen klinischen Phänotypen. Diese assoziiert man mit mehreren neuropathologischen Entitäten. Gegenwärtig umfasst der Begriff klinische Störungen, die Verhaltensänderungen, Sprache, exekutive Kontrolle sowie oft motorische Symptome.

Frontotemporale Demenz durch Bildung länger überlebbar

Nervenzelluntergang bei frontotemporalen Demenz

Unter dem Begriff der frontotemporalen Demenz werden klinisch und pathologisch unterschiedliche, sporadisch auftretende oder familiäre neurologische Erkrankungen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit ein Nervenzelluntergang in den frontalen und temporalen Hirnregionen ist und die sich klinisch vor allem mit einer Wesensänderung und Verhaltensauffälligkeiten und/oder einer zunehmenden Aphasie äußern. Zudem gibt es klinisch, genetisch und pathologisch Überlappungen mit den atypischen Parkinson-Syndromen und den Motoneuron-Krankheiten (amyotrophe Lateralsklerose), so dass die frontotemporale Demenz zu denjenigen Erkrankungen zählt, welche die Expertise von Psychiatern wie auch Neurologen erfordern.

Das Erkennen einer Frontotemporalen Demenz ist übrigens problematisch. Denn aufgrund der Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens zu Krankheitsbeginn kommt es nicht selten zu Verwechslungen mit psychischen Störungen. Und zwar wie von Depression, Burn-out-Syndrom, Schizophrenie sowie Manie. Die Patienten haben dann auch meist keine Krankheitseinsicht. Und Dementsprechend ist auch kaum die Motivation vorhanden, sich einer Behandlung zu unterziehen.

Allerdings gibt es auch keine kausalen Therapiemöglichkeiten. Durch die medikamentöse Behandlung wird vor allem versucht, die Verhaltensauffälligkeiten der Patienten abzuschwächen.

Paare sind schwerer, aber auch gesünder und leben länger

Enorme Belastung für Patienten und Angehörige

Die besondere klinische Symptomatik, der relativ frühe Krankheitsbeginn und die Tatsache, dass bis heute effektive Behandlungsstrategien fehlen, führen jedenfalls dazu, dass die frontotemporale Demenz für die Patienten und besonders auch deren Angehörige eine enorme Belastung darstellt. Vor allem Verhaltensauffälligkeiten, starke Aggressionen, ein enthemmtes Verhalten und die völlige Unberechenbarkeit der Patienten belasten das soziale Umfeld sehr.

Nach neuesten Erkenntnissen könnte die Forschung bald effektive medikamentöse Therapien zumindest für bestimmte Subgruppen der frontotemporalen Demenz entwickelt werden. Und zwar vor allem in Hinblick auf Erkenntnisse zu den molekularen Grundlagen dieser Form der Demenz.

Aus der Forschung zu den Ursachen und der Therapie auf dem Gebiet der frontotemporalen Demenz kann man zudem Rückschlüsse auf die Pathogenese und mögliche Behandlung von anderer Erkrankungen, deren Ursache ein Nervenzelluntergang im Gehirn ist, ziehen. Damit kann jeder Zuwachs an Erkenntnissen hierzu auch einen potenziellen Fortschritt bei der Erforschung anderer neurodegenerativer Erkrankungen wie der Erkrankung an Alzheimer-Demenz darstellen.

Warum die Früherkennung von Symptomen einer Demenz so wichtig ist


Literatur:

Benussi A, Ashton NJ, Karikari TK, Alberici A, Saraceno C, Ghidoni R, Benussi L, Zetterberg H, Blennow K, Borroni B. Prodromal frontotemporal dementia: clinical features and predictors of progression. Alzheimers Res Ther. 2021 Nov 15;13(1):188. doi: 10.1186/s13195-021-00932-2. PMID: 34782010; PMCID: PMC8594126.

Miller B, Llibre Guerra JJ. Frontotemporal dementia. Handb Clin Neurol. 2019;165:33-45. doi: 10.1016/B978-0-444-64012-3.00003-4. PMID: 31727221.

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Olszewska DA, Lonergan R, Fallon EM, Lynch T. Genetics of Frontotemporal Dementia. Curr Neurol Neurosci Rep. 2016 Dec;16(12):107. doi: 10.1007/s11910-016-0707-9. PMID: 27878525.

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