Donnerstag, April 25, 2024

Erhöhte Leberwerte: gesünderer Lebensstil gegen Fettleber und Leberzirrhose

Erhöhte Leberwerte bringt ein höheres Risiko für Fettleber und Leberzirrhose, deswegen sollte rasch einen gesünderer Lebensstil angestrebt werden.

Erhöhte Leberwerte – ALT, GGT – hängen mit einer erhöhten Sterblichkeit aufgrund der Komplikationen wie der Leberzirrhose und eines erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse zusammen. Denn die Fettleber schädigt auch Herz und Gefäße und ist ein beträchtlicher kardiovaskulärer Risikofaktor. Deswegen ist bei chronisch erhöhten Leberwerte prinzipiell Handlungsbedarf notwendig.



Aus klinisch-praktischer Sicht spricht als erste Maßnahme vieles für eine Änderung des Lebensstils mit gesunder Ernährung und viel Bewegung. Diese Lifestyle-Modifikation macht auch vor allem in Hinblick dessen Sinn, dass die Fettleber-Erkrankung in unseren Breiten in etwa 75% der Fälle die Ursache für erhöhte Leberwerte darstellt.

  • Meist besteht kein Zeitdruck (chronischer asymptomatischer LPS), es besteht also gewöhnlich Zeit zum »Herausfiltern« von selteneren Diagnosen.
  • Erhöhte Leberwerte kann man mit einer Lifestyle-Modifikation senken, der gesündere Lebensstil ist für viele Lebererkrankungen – wie erwähnt insbesondere der Fettleber sowie einer Leberzirrhose – die einzige etablierte Therapie. Weiter lässt sich dadurch auch das Risiko für Schäden an Herz und Gefäße ebenfalls verringern.
  • Lebensstil ist als Co-Faktor bei vielen Hepatopathien oft mitbeteiligt (z.B. Fettleber durch Hepatitis-C-Virus); bei älteren multimorbiden Patienten kommen andere, nebenwirkungsreichere Therapieformen (z.B. Interferon, Ribavirin) oft ohnehin nicht in Frage.
  • Diagnose und Therapie in einem Schritt (ex juvantibus); Einsparen von Kosten, Komplikationen. Während eine chronische, mäßige (2– bis 3-fache) ALT- oder GGT-Erhöhung meist eine Fettleber-Erkrankung als Ursache hat, stellt eine Erhöhung der leberspezifischen alkalischen Phosphatase (sofern diese nicht aus dem Knochen stammt – Isoenzyme!) immer ein Warnsignal für Gallenwegserkrankungen dar.

 

Differenzialdiagnose vor Lifestyle-Modifikation als erste Behandlung

Vor der Entscheidung für eine Lifestyle-Modifikation als ersten Schritt ist vor allem der klinische Kontext zu beachten. Bei Vorliegen einer typischen metabolischen Risiko-Konstellation mit Adipositas, Diabetes mellitus oder metabolischem Syndrom bzw. einer positiven Alkoholanamnese, ist eine Lifestyle-Modifikation als erster Schritt naheliegend.

Die Unterscheidung zwischen alkoholischer und nicht-alkoholischer Fettleber-Erkrankung ist aufgrund der Höhe des Alkoholkonsums (Grenzwert 20–30 g Alkohol pro Tag = ca. 1/2l Bier, 1/4l Wein) sowie durch indirekter Hinweise wie eine fluktuierende GGT, eines erhöhten MCV oder CDT möglich.

In der klinischen Praxis sind die Grenzen fließend und Alkohol ist als Kalorienträger ohnehin bei jeglichen Ursachen einer Fettleber (egal ob alkoholischer oder nicht-alkoholischer Genese) zu meiden.



Eine biliäre Symptomatik wie Koliken ist als absolutes Warnsignal zu werten und spricht für Gallenwegserkrankungen oder Gallensteine als Ursache für erhöhte Leberwerte. Vorsicht und Zurückhaltung bezüglich einer Lifestyle-Modifikation als erster Schritt ist auch bei jungen Patienten – an Morbus Wilson denken – und Frauen im perimenopausalen Alter – an immunologische ­Lebererkrankungen denken – geboten.

Weiters sollte bedacht werden, dass auch Komorbiditäten (»Läuse und Flöhe«) wie z.B. die Assoziation zwischen Hepatitis C und einer Fettleber (50% bei chronischer Hepatitis C) vorliegen können. Die nicht-alkoholische Fett­leber­-Erkrankung (NAFLD) umfasst ein Spektrum, welches von der blanden Fettleber (NAFL) über die Fettleberhepatitis (NASH) bis hin zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom (HCC) führt. Die Leberprognose ist bei der reinen NAFL sehr gut, sie weist jedoch ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf.

 

Erhöhte Leberwerte ALT, GGT auch kardiovaskulärer Risikofaktor

Interessanterweise stellen erhöhte Leberwerte (ALT, GGT) auch einen hervorragenden kardiovaskulären Risikofaktor dar. Aus dieser Sicht ist eine Lifestyle-Modifikation auch im Licht der kardiovaskulären Risikoreduktion zu sehen.

Im Gegensatz zur nicht-alkoholischen Fettleber weist die alkoholische Fettleber eine deutlich schlechtere Prognose mit einer Zirrhoserate von 21% innerhalb von zehn Jahren auf. Die Fettleberhepatitis hat ebenfalls eine ernste Leberprognose, die leberbezogene Mortalität beträgt hier immerhin ca. 11% über zehn Jahre.

Die Unterscheidung zwischen reiner Fettleber und Fettleberhepatitis ist nur mittels Leberbiopsie möglich. Jedoch ist eine solche Unterscheidung derzeit nur begrenzt therapeutisch relevant. Hingegen ist sie in erster Linie wichtig für die Prognose. Die Therapieansätze bei nicht alkoholischer Fettleber und NASH beinhalten:

  • Gewichtsreduktion mittels Lifestyle-Modifikation (Ernährungsumstellung auf mediterrane  Ernährung, Diät und Ausdauertraining), mit medikamentöser Unterstützung (Orlistat, Sibutramin, Endocannabinoidrezeptor-Antagonis­ten) oder mittels bariatrisch-chirurgischer Maßnahmen.
  • Medikamentöse Therapie der Insulinresistenz mittels Metformin und Glitazonen sowie andere Ansätze wie anti-oxidative und zytoprotektive Therapieansätze.



 

Wenn sich erhöhte Leberwerte durch Lifestyle-Modifikation verbessern, muss dennoch nicht eine rein metabolische Fettleber vorliegen

Die Lifestyle-Modifikation mit Ernährungsanpassung, Diät und Bewegung stellt die einzige etablierte Therapie der nicht-alkoholische Fett­leber­-Erkrankung und Nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) dar, zumal nur hiermit eine Besserung der Leberhistologie mit einer Reduktion der Leberfibrose beobachtet wurde.

Es ist allerdings auch hier kritisch anzumerken, dass die vorliegende Datenlage noch nicht vollständig klar ist. Es wird eine Gewichtsreduktion von 5–10% des Ausgangsgewichts angestrebt, wobei nur Patienten mit persistierender Gewichtsreduktion eine dauerhafte Normalisierung beziehungsweise Reduktion der Leberwerte aufweisen.

Weiter sollte der Gewichtsverlust nicht mehr als 0,5–1kg pro Woche betragen. Zumal eine zu rasche Gewichtsabnahme zu einer Verschlechterung der nicht-alkoholischen Fettleber-Hepatitis führen kann.

Die diätetischen Maßnahmen sind eher schlecht definiert, meist wird eine Kalorienreduktion auf 25 kcal per Kilogramm Idealgewicht empfohlen. Es gibt allerdings zahlreiche Studien, die bei erhöhten Leberwerten positiven Effekte einer mediterranen Ernährung und somit auch Wirkung gegen Fettleber und Leberzirrhose vermuten lassen.

Übrigens zeigt eine aktuelle Studie, dass die schlechte Einhaltung der Mittelmeerdiät bei Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung mit stärkerem oxidativen Stress verbunden ist. Oxidativer Stress spielt bekanntlich ja auch eine zentrale Rolle bei der nichtalkoholischen Fettleber-Erkrankung. Dementsprechend gibt es auch zahlreiche Nahrungsmittel und pflanzliche Heilmittel, die die Behandlung einer Fettleber unterstützen können.



Wichtig ist das Meiden von Alkohol (Kalorienträger) und Fructose-hältigen Getränken (Fruchtsäfte!), gegen Durst soll Wasser oder Mineralwasser getrunken werden.

 

Sport und Bewegung

Als Ausdauertraining werden Joggen, Nordic Walking und Brisk walking im aeroben Bereich (60–70% der maximalen Herzfrequenz) 3 bis 5mal pro Woche für eine Dauer von 30 bis 60 Minuten empfohlen. Dabei wird ein Kalorienverbrauch von etwa 400 kcal pro Trainingseinheit angestrebt.

Wenn sich erhöhte Leberwerte durch Lifestyle-Modifikation verbessern, bedeutet das nicht automatisch, dass eine rein metabolische Fettleber vorliegt. Denn die Gewichtsreduktion bei chronischer Hepatitis C geht ebenfalls mit einer Verbesserung der Transaminasen und der Leberhistologie einher.

 

Fazit: bei erhöhten Leberwerten gegen Fettleber und Leberzirrhose als erste Maßnahme den Lebenstil ändern!

Zusammenfassend ist bei geringgradiger Leberfermenterhöhung (so genanntes chronisches Muster) und Vorliegen metabolischer Risikofaktoren und Fehlen anderer Risikofaktoren (beispielsweise Transfusionen, i.v. Drogenabusus) eine Lifestyle-Modifikation als erster diagnostischer und zugleich therapeutischer Schritt durchaus sinnvoll.

Wenn man erhöhte Leberwerte entdeckt, dann sollte man in der klinischen Praxis allerdings als Basisdiagnostik auf eine zusätzliche Oberbauchsonographie (Gallenwege? Raumforderung?), Bestimmung der Hepatitismarker (HBs-Antigen, HCV-Antikörper) sowie Eisenstoffwechselparameter (Ferritin, Transferrinsättigung zum Ausschluss einer Hämochromatose)  nicht verzichten.


Literatur:

Nakashita C, Xi L, Inoue Y, Kabura R, Masuda S, Yamano Y, Katoh T. Impact of dietary compositions and patterns on the prevalence of nonalcoholic fatty liver disease in Japanese men: a cross-sectional study. BMC Gastroenterol. 2021 Sep 4;21(1):342. doi: 10.1186/s12876-021-01919-x. PMID: 34481454.

Ginès P, Graupera I, Lammert F, et al. Screening for liver fibrosis in the general population: a call for action. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2016;1(3):256‐260. doi:10.1016/S2468-1253(16)30081-4

Naveed Sattar, Ewan Forrest, David Preiss. Non-alcoholic fatty liver disease. BMJ. 2014; 349: g4596. Published online 2014 Jul 29. doi: 10.1136/bmj.g4596

Eckard C, Cole R, Lockwood J, et al. Prospective histopathologic evaluation of lifestyle modification in nonalcoholic fatty liver disease: a randomized trial. Therap Adv Gastroenterol. 2013;6(4):249‐259. doi:10.1177/1756283X13484078

Baratta F, Pastori D, Bartimoccia S, et al. Poor Adherence to Mediterranean Diet and Serum Lipopolysaccharide are Associated with Oxidative Stress in Patients with Non-Alcoholic Fatty Liver Disease. Nutrients. 2020;12(6):E1732. Published 2020 Jun 10. doi:10.3390/nu12061732


Quellen:

Erhöhte Leberwerte: Lifestyle-Modifikation und Abwarten – pragmatischer Zugang oder verantwortungsloser Blindflug? Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner. MEDMIX 11/2008

http://thelancet.com/journals/langas/article/PIIS2468-1253(16)30081-4/fulltext

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