Dienstag, April 16, 2024

Erhöhte Entzündungswerte in der Schwangerschaft

Erhöhte Entzündungswerte in der Schwangerschaft können der Grund dafür sein, dass sich die Gehirnentwicklung des ungeborenen Kindes verändert.

Durch erhöhte Entzündungswerte während der Schwangerschaft könnten Veränderungen im Gehirn des Ungeborenen entstehen. Die Forscher befürchten, dass dadurch auch das Risiko für psychiatrische Erkrankungen ansteigen könnte. So zeigte sich vor allem bei zweijährigen Kindern häufiger eine eingeschränkte Impulskontrolle, wenn deren Mütter erhöhte Entzündungswerte in der Schwangerschaft hatten.

Probleme bei der Impulskontrolle gehören zu den wichtigsten Symptomen verschiedener psychiatrischer Erkrankungen. Es gibt zudem immer mehr Hinweise darauf, dass eine Entzündung der Mutter während der Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei den Nachkommen verbunden ist.

 

Erhöhte Entzündungswerte in der Schwangerschaft hängt mit einer vergrößerten Amygdala-Region zusammen

Biologische Veränderungen der Entzündungsparameter während einer Schwangerschaft können mit einer Infektion in Zusammenhang stehen. Jedenfalls kann eine Erhöhung der Entzündungswerte nach neuesten Erkenntnissen zu Veränderungen im Gehirn des sich entwickelnden Kindes führen.

Wie die Wissenschaftler nun festgestellt haben, weisen die Neugeborenen von Frauen mit Entzündungen in der Schwangerschaft eine vergrößerte Amygdala-Region im Gehirn auf. Die Amygdala spielt bei emotionalen Bewertungen und dem Wiedererkennen von Situationen eine wichtige Rolle. Zudem zeigte sich auch eine veränderte Vernetzung der Amygdala mit anderen Hirnregionen.

In Kooperation mit der University of California Irvine konnte ein Forscherteam der Charité knapp 90 Frauen im ersten Trimenon ihrer Schwangerschaft für die Studie gewinnen. In jedem folgenden Trimenon, also insgesamt dreimal während der gesamten Schwangerschaft, sind die werdenden Mütter und das Ungeborene untersucht worden.

Neben Ultraschalldiagnostik und der Auswertung biologischer Proben sind eventuelle medizinische Komplikationen erfasst worden. Ebenso das psychische Wohlbefinden der werdenden Mütter.

 

Geringere Fähigkeit zur Impulskontrolle

Innerhalb des ersten Monats nach der Geburt sind die Gehirne der Kinder während des natürlichen Schlafes mittels Magnetresonanztomographie untersucht worden. Im Alter von 24 Monaten folgte anhand spielerischer Übungen die Ermittlung der Impulskontrolle der Kinder.

Die Forscher konnten feststellen, dass bei erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen nicht nur neonatale Veränderungen der Amygdala auftraten. Im weiteren Verlauf hat sich gezeigt, dass diese Veränderungen mit einer geringeren Fähigkeit zur Impulskontrolle der jeweiligen Kinder im Alter von zwei Jahren verbunden waren.

Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen erhöhten mütterlichen Entzündungswerten und einem erhöhten Risiko für psychiatrische Erkrankungen. Und zwar solchen, die von einer mangelnden Impulskontrolle begleitet werden.

 

Zusammenhang Grippe bei der Mutter und Psychosen bei den Nachkommen schon vor Jahrhunderten beobachtet

Aus dem Tiermodell ist bereits bekannt, dass Infektionen und Entzündungen bei trächtigen Tieren zu Veränderungen der Gehirnentwicklung ihrer Nachkommen sowie zu Verhaltensänderungen führen. Auch epidemiologische Studien untermauern die aktuellen Studienergebnisse.

Sie weisen darauf hin, dass mütterliche Infektionen und andere klinische Phänotypen, die mit erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen einhergehen, wie beispielsweise Übergewicht, während der Schwangerschaft das Risiko für psychiatrische Krankheiten, wie Schizophrenie und Autismus, erhöhen können.

Bereits im seit dem 18. Jahrhundert haben Forscher immer wieder über Zusammenhänge zwischen Influenza-Infektion und Psychose berichtet. Aus dem späten 20. Jahrhundert gibt es Berichte über einen starken Zusammenhang mit Schizophrenie.


Literatur:

Graham AM, Rasmussen JM, Rudolph MD, Heim CM, Gilmore JH, Styner M, Potkin SG, Entringer S, Wadhwa PD, Fair DA, Buss C. Maternal Systemic Interleukin-6 During Pregnancy Is Associated With Newborn Amygdala Phenotypes and Subsequent Behavior at 2 Years of Age. Biol Psychiatry. 2017 Jun 19. pii: S0006-3223(17)31670-0. doi: 10.1016/j.biopsych.2017.05.027.

Kępińska AP, Iyegbe CO, Vernon AC, Yolken R, Murray RM, Pollak TA. Schizophrenia and Influenza at the Centenary of the 1918-1919 Spanish Influenza Pandemic: Mechanisms of Psychosis Risk. Front Psychiatry. 2020;11:72. Published 2020 Feb 26. doi:10.3389/fpsyt.2020.00072


Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin

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