Donnerstag, April 25, 2024

Der Entstehung der idiopathischen Lungenfibrose auf der Spur

Ein erhöhter Proteinumsatz trägt zur Entstehung von idiopathischer Lungenfibrose bei, neue Erkenntnisse könnten eine innovative Therapie ermöglichen.

Unter dem Strich können viele verschiedene Ursachen für die Entstehung einer Lungenfibrose verantwortlich sein. Darunter sind genetische Faktoren sowie Umweltfaktoren, die eine abnormale Aktivierung von Alveolarepithelzellen verursachen und zur Entwicklung einer komplexen Aktivierung der profibrotischen Kaskade und der Ablagerung der extrazellulären Matrix führen. Nur bei etwa jedem zweiten Betroffenen kann man allerdings eine Ursache bestimmen. Jedoch kann man der Entstehung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) im Grunde genommen keine Ursache zuordnen. Aus bislang nicht geklärten Gründen kommt es dabei zur Vermehrung der Fibroblasten sowie einer krankhaften Ablagerung von Kollagen. Wobei das Bindegewebe vor allem von Myofibroblasten produziert wird.

Die idiopathische Lungenfibrose, idiopathischen pulmonalen Fibrose, ist eine sehr aggressive Form der Lungenfibrose, die eine besonders schlechte Prognose hat. Die Erkrankung ist tödlich und es gibt bisher keine kausale Therapie. Deswegen kommt es zu einer massiven Anreicherung von Binde- und Narbengewebe in der Lunge. Das führt zu zunehmendem Verlust der Lungenfunktion mit Symptomen wie Atembeschwerden bei Belastung sowie trockenem Husten. Im Durchschnitt sind die Betroffenen um die 65 Jahre alt, vor dem 50. Lebensjahr ist eine Erkrankung eher sehr selten. Typische Symptome sind auch Uhrglasnägel und Trommelschlegelfinger. Im fortgeschrittenen Stadium fühlen sich die Patientinnen und Patienten zudem abgeschlagen und verlieren immer mehr an Gewicht.

 

Zur Entstehung der idiopathischen Lungenfibrose: das Proteasom im Blickpunkt

Wissenschaftler des Comprehensive Pneumology Centers (CPC) am Helmholtz Zentrum München haben einen Mechanismus aufgedeckt, der zur Entstehung von idiopathischer Lungenfibrose (IPF) beiträgt. Die Arbeitsgruppe um Privatdozentin Dr. Silke Meiners vom Institut für Lungenbiologie und CPC hat herausgefunden, dass die pathologische Gewebeveränderung von einem gesteigerten Proteinumsatz durch die zentrale Proteinabbau-Maschinerie der Zelle, dem Proteasom, begleitet wird. Die Forscher konnten erstmals zeigen, dass die Aktivierung dieser Myofibroblasten von einem erhöhten Proteinumsatz durch das 26S Proteasom abhängt.

 

Hemmung des Proteasoms als möglicher Therapieansatz

In einer Studie konnten Helmholtz-Wissenschaftler eine Aktivierung des 26S Proteasoms sowohl bei der Umwandlung normaler Fibroblasten in Myofibroblasten in vitro wie auch in vivo in zwei unterschiedlichen experimentellen Modellen der Lungenfibrose zeigen. Auch in fibrotischem Lungengewebe von IPF-Patienten war ein erhöhter Proteinumsatz nachweisbar. „Zudem konnten wir umgekehrt zeigen, dass eine gezielte Hemmung des 26S Proteasoms die Differenzierung von primären menschlichen Fibroblasten der Lunge in Myofibroblasten verhindert, was die essentielle Rolle der Aktivierung des proteasomalen Proteinabbaus für diesen pathologischen Prozess bestätigt“, so Silke Meiners.

„Das Verständnis der Mechanismen, die zur einer Erkrankungen wie der IPF führen, trägt dazu bei dass wir innovative Ansatzpunkte erkennen, die einen therapeutischen Eingriff erlauben“, so Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Direktor des Instituts für Lungenbiologie und wissenschaftlicher Leiter des CPC. In weiteren Studien wollen die Helmholtz-Wissenschaftler nun den therapeutischen Einsatz von Substanzen testen, die gezielt das 26S Proteasom hemmen, aber andere Proteasomenkomplexe in der Zelle nicht beeinflussen. Zudem spekulieren die Lungenforscher, dass eine Aktivierung des 26S Proteasoms generell bei fibrotischen Erkrankungen, wie beispielsweise des Herzens und der Niere, auftreten könnte, da auch hier die Aktivierung von Fibroblasten zu Myofibroblasten der krankhaften fibrotischen Gewebsveränderung zu Grunde liegt.


Literatur:

Roque W, Boni A, Martinez-Manzano J, Romero F. A Tale of Two Proteolytic Machines: Matrix Metalloproteinases and the Ubiquitin-Proteasome System in Pulmonary Fibrosis. Int J Mol Sci. 2020;21(11):3878. Published 2020 May 29. doi:10.3390/ijms21113878

Roque W, Summer R, Romero F. Fine-tuning the ubiquitin-proteasome system to treat pulmonary fibrosis. Connect Tissue Res. 2019;60(1):50-61. doi:10.1080/03008207.2018.1529174

Semren N, Welk V, Korfei M, et al. Regulation of 26S Proteasome Activity i Pulmonary Fibrosis. Am J Respir Crit Care Med. 2015;192(9):1089-1101. doi:10.1164/rccm.201412-2270OC

Related Articles

Aktuell

Kombination von Azelastin und dem Nasenspray Fluticason bei allergischer Rhinitis

Die Kombination von Azelastin und dem Corticoid-Nasenspray Fluticason kann die Symptome einer allergischen Rhinitis deutlich verringern. Allergische Rhinitis, oft gekennzeichnet durch Symptome wie Niesen, Nasenjucken,...
- Advertisement -

Latest Articles

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...

Terpene und Cannabinoide in Cannabis sativa, dem Hanf

Cannabis sativa, der Hanf-Pflanze, und seine medizinische Bedeutung – ein Überblick über Terpene und Cannabinoide. Cannabis sativa, allgemein bekannt als Hanf, zählt zu den ältesten...