Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen zeigen in Kombination mit Medikamenten gute Effekte in der Behandlung der Migräne.
In Europa leiden Millionen Menschen unter Migräne. Bei mehr als einem Drittel von ihnen könnten neben Medikamenten auch nichtmedikamentöse Therapien lindernd wirken. Die aktuelle deutsche Leitlinie zu Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutischen Interventionen zur Behandlung der Migräne zeigt, dass vor allem progressive Muskelentspannung (PMR), kognitive Verhaltenstherapie, Ausdauersport sowie Biofeedback-Verfahren den Patienten helfen können.
Welche Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen bei Migräne empfehlenswert sind
Im Grunde genommen sind heftige pulsierende Kopfschmerzen sind nur ein Symptom von Migräne. Hinzu kommen oft Übelkeit, Erbrechen, Lärm- sowie Lichtüberempfindlichkeit. Dabei wollen viele Patienten nicht nur Medikamente einnehmen, sondern auch nichtmedikamentöse Maßnahmen nutzen.
In den aktuellen Leitlinien dokumentieren Experten die Effekte von Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutischen Interventionen. Eine Autorengruppe hatte zuvor die aktuelle Studienlage ausgewertet und systematisch mehr als 800 Arbeiten untersucht. Dabei zeigte sich, dass bereits die ärztliche Beratung und Informationen Kopfschmerzen klinisch messbar verringern konnten.
Progressive Muskelrelaxation
Außerdem wirken Entspannungsverfahren wie beispielsweise die in den 1930er Jahren entwickelte Progressive Muskelrelaxation (PMR) besonders gut. Die Progressive Muskelrelaxation ist zudem gut zu erlernen und ohne Aufwand einsetzbar. Die Progressive Muskelrelaxation führt dazu, dass der Patient selbst aktiv wird, indem er Muskelgruppen gezielt an- und wieder entspannt.
Schließlich lässt sich diese Technik auch gut in den Alltag integrieren. Wer sie regelmäßig anwendet, beeinflusst außerdem die zentrale Schmerzverarbeitung und aktiviert schmerzhemmende Strukturen im Gehirn. Damit kann man die Zahl der Migräneattacken um 35 bis 45 Prozent reduzieren.
Sport sowie Kognitive Verhaltenstherapie bei Migräne
Nicht eindeutig sind Studiendaten zum Thema Sport, wenngleich viele Experten Ausdauersport als begleitende Therapie empfehlen. Sport und Bewegung haben offenbar einen Effekt auf die Schmerzintensität und – das legen neuere Studien nahe – ebenfalls auf die Anzahl und die Dauer der Anfälle.
Zahlreiche Studien zeigten auch, dass die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) wirkt. Dabei geht die Kognitive Verhaltenstherapie davon aus, dass jeder Mensch über seine Gedanken sein Erleben und Verhalten beeinflussen kann. Dazu gehört auch, dass man eine reale, als Stress wahrgenommene Belastung positiv umdeuten kann. Im Grunde genommen führt die Kognitive Verhaltenstherapie dazu, dass Migränepatienten hinterfragen, ob sie beispielsweise überzogene Ansprüche an die eigene Leistung haben. Damit lernt man, Signale des Körpers zu erkennen, die eine Belastungssituation ankündigen.
Fazit
Trotz dieser wichtigen Erkenntnisse zu ergänzenden Verfahren sollten Migränepatienten immer gemeinsam mit einem Kopfschmerzexperten eine individuell passende Behandlung erörtern. Zu empfehlen ist eine Kombination aus vorbeugenden Medikamenten, geeigneter Entspannungstechniken sowie einem verhaltenstherapeutischen Verfahren.
Literatur:
Kropp, P, Meyer, B, Dresler, T, Fritsche, G, Gaul, C, Niederberger, U, Förderreuther, S, Malzacher, V, Jürgens, TP, Marziniak, M, Straube A: Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen zur Behandlung der Migräne. Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz -Gesellschaft, Nervenheilkunde 7–/2016. http://dmkg.de/files/dmkg.de/Empfehlungen/Leitlinie_Entspannungsverfahren%20und%20verhaltenstherapeutische_Intervention.pdf
Quelle: Deutscher Schmerzkongress 2016