Dienstag, April 23, 2024

Empathie bei Führungskräften kann in Krisensituationen negativ sein

Empathie beeinflusst in vielen Fälle das Krisenmanagement von Führungskräften positiv. Doch es können Situationen entstehen, in denen sie negativ ist.

Überraschenderweise kann Empathie kann bei Vorstandsvorsitzenden zu absurden Entscheidungen führen. Dazu gehören beispielsweise hohe Bonizahlungen für diejenigen, die für die Krise verantwortlich sind. Eine rezente, konzeptionelle Studie von Forschern aus Passau und den USA haben im Journal „Academy of Management Review“ unlängst ihre dahingehenden Erkenntnisse publiziert.



 

Empathie: sich in seine Mitmenschen einfühlen können

Die Autoren verstehen unter dem Begriff Empathie prinzipiell eine positiv besetzte Persönlichkeitseigenschaft. Empathie steht für die Fähigkeit, sich in seine Mitmenschen einfühlen zu können. „Es handelt sich um eine Eigenschaft, die Vorstandsvorsitzende haben sollten“, erklärt Prof. Dr. Andreas König, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship an der Universität Passau. „Denn Empathie hilft in vielen Situationen, insbesondere auch in Krisen. Das Problem ist, dass sie auch Schaden anrichten kann.“

Die Forscher nennen in der Studie unter anderem das Beispiel von Robert Benmosche, dem langjährigen Chef des US-Versicherers AIG, der in der Hochphase der Finanzkrise Boni in Millionen-Höhe an Personen auszahlte, die für die Misere verantwortlich waren. Befragt nach seinen Motiven nannte Benmosche sein Mitgefühl mit dieser Gruppe.

 

Einfluss von Empathie auf das Krisenmanagement

Die Forschenden stellen in ihrer Studie zum Einfluss von Empathie auf das Krisenmanagement von Führungskräften folgende Thesen auf:

  • Je empathischer eine Führungskraft ist, umso schneller erkennt sie mögliche Warnsignale – wird aber auch Krisen sehen, wo gar keine sind. Empathischere Führungskräfte erklären häufiger falschen Alarm.
  • Empathie hilft Führungskräften, in der Krise an die relevanten Informationen zu kommen, macht sie aber auch voreingenommen in der Verarbeitung dieser Informationen. Fachkräfte teilen ihr Wissen eher mit einer/m Vorgesetzten, die oder der empathisch ist. Allerdings fehlt einer solchen Person in Krisensituationen der kühle Kopf, um die Informationen nüchtern auszuwerten.
  • Je empathischer eine Führungskraft ist, desto leichter fällt es ihr, Mitgefühl und Verständnis zu zeigen – das ist grundsätzlich lobenswert, oft aber nur bis zu einem gewissen Grade richtig. In der Krisenkommunikation darf eine Führungskraft im Interesse des Unternehmens und der Beschäftigten nicht voreilig zu viel Verantwortung auf sich nehmen. Sonst kann das Bild, das Stakeholder wie die Öffentlichkeit und Investoren von der Organisation haben, unberechtigterweise kippen, mit langfristigem Schaden für alle Organisationsmitglieder.
  • Je empathischer eine Führungskraft ist, desto besser gelingt es ihr, das verletzte Beziehungssystem nach einer Krise zu heilen. Jedoch fällt es ihr umso schwerer, operativen Schaden zu beseitigen. Eine empathischere Führungskraft kann besser erkennen, wann die Belegschaft bereit ist, einen Neuanfang zu wagen. Allerdings bleibt dieser Führungskraft kaum Zeit, um operative Herausforderungen und technische Detailarbeit zu meistern.

 

A blessing and a curse: How CEOs‘ empathy affects their management of organizational crises

„Die Kernbotschaft unserer Studie lautet: In vielen Aspekten beeinflusst Empathie das Krisenmanagement zunächst positiv. Jedoch es gibt einen Punkt, an dem das Verhältnis kippt. Empathie von Vorstandsvorsitzenden und effektives Krisenmanagement stehen also in einem umgekehrt U-förmigen Zusammenhang“, erklärt der Passauer Innovationsforscher Prof. Dr. König. Die Studie ist unter dem Titel „A blessing and a curse: How CEOs‘ empathy affects their management of organizational crises“ im Academy of Management Review erschienen, einer der international bedeutendensten wissenschaftlichen Zeitschriften zu betriebswirtschaftlichen Themen.




Literatur:

https://journals.aom.org/doi/10.5465/amr.2017.0387 – Originalstudie „A blessing and a curse: How CEOs’ empathy affects their management of organizational crisis“


Quelle:

https://univideo.uni-passau.de/2018/11/prof-dr-andreas-koenig-ueber-empathie-bei-fuehrungskraeften-im-krisenmanagement/

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