Donnerstag, März 28, 2024

Eisensupplementierung bei Eisenmangelanämie: nicht zuviel Eisentabletten!

Wenn Menschen an einer Eisenmangelanämie leiden, dann bekommen sie täglich eine Eisensubstitution. Fraglich ist aber, welche Menge Eisensupplementierung für den Körper überhaupt Sinn macht.

Eisenmangel ist eine der häufigsten Ursachen für Anämie. Die 2 Hauptursachen für Eisenmangel sind Blutverlust aufgrund von Menstruationsperioden sowie Blutverlust aufgrund von Magen-Darm-Blutungen. Eine Eisenmangelanämie kann Müdigkeit, Haarausfall und unruhige Beine verursachen. Der effizienteste Test zur Diagnose eines Eisenmangels ist übrigensdas Serumferritin. Eine Eisensupplementierung kann oral oder bei Patienten, bei denen orales Eisen nicht wirksam oder kontraindiziert ist, mit intravenösem Eisen erfolgen.

Wenn man übrigens wegen einer Eisenmangelanämie zu therapeutischen Zwecken in zu rascher Folge Eisentabletten zuführt, dann kann das im Körper zu einer geringeren Wirkung führen. Denn ein bestimmtes Eiweissmolekül blockiert selbst 24 Stunden nach der letzten Eisensupplementierung die Aufnahme von Eisen im Darm.

Wenn jemand an einer Eisenmangelanämie leidet, so verschreibt der Arzt normalerweise Eisentabletten zur täglichen Einnahme. Bei starkem Mangel wird die Dosis auf mehrere Tabletten täglich erhöht. Wobei Frauen übrigens wesentlich öfter Eisenmangel haben. Eine aktuelle Studie, die Forschende der ETH Zürich unlängst in der Fachzeitschrift Blood veröffentlicht hatten, zeigte nun aber auf, dass der Körper Eisen, das ihm im 24-Stunden-Rhythmus zugeführt wird, möglicherweise gar nicht in den gewünschten und benötigten Mengen aufnehmen kann.



 

Eisenmangelanämie: Hepcidin hemmt bei der Eisensupplementierung mit Eisentabletten die Eisenaufnahme stärker als vermutet

Schuld daran ist ein kleines, eiweissähnliches Molekül namens Hepcidin. Sobald der Körper Eisen erhält, setzt in der Leber die Hepcidin-Produktion ein. Das winzige Eiweiss – es besteht nur gerade aus 25 Aminosäure-Bausteinen – gelangt über das Blut auch in den Darm. Dort reguliert es unter anderem, wie viel Eisen aus dem Nahrungsbrei in den Körperaufgenommen wird. Wie eine Gruppe von Forschenden um Diego Moretti, Oberassistent bei ETH-Professor Michael B. Zimmermann nun zeigt, hemmt Hepcidin bei der Eisensupplementierung die Eisenaufnahme im Darm stärker als bisher angenommen.

 

Bei der herkömmlichen Eisensupplementierung zur Eisenmangelanämie treten oft unerwünschte Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden auf. Diese stehen in engem Verhältnis zur verabreichten Eisenmenge und sind mit schuld, dass viele Patientinnen die Eisenergänzung abbrechen.

 

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler über 50 junge Frauen, deren Eisenvorrat erschöpft war, die jedoch noch nicht an Eisenmangelanämie litten. Die Frauen nahmen Eisentabletten in einer täglichen Dosis von mindestens 40 Milligramm Eisen ein. Diese Menge kommt üblicherweise bei Eisenmangel zum Einsatz. Danach analysierten die Forscher mittels Messung, wie sich die Hepcidin-Konzentration entwickelte. Und sie quantifizierten den Effekt auf die Aufnahme der nachfolgenden Mengen von Eisen im Darm.

Dabei zeigte sich, dass die Hepcidin-Konzentration nach sechs bis acht Stunden ihren Höhepunkt erreichte. Sie war aber auch 24 Stunden nach der ersten Eisengabe noch immer in genügend hohen Mengen vorhanden. Das wiederum behinderte den Körper dabei, die zweite Eisendosis zufriedenstellend aufzunehmen. Diese zweite Dosis, die entweder schon am gleichen Tag oder 24 Stunden nach der ersten verabreicht wurde, konnte der Körper demnach verglichen mit der ersten Gabe nur in verminderter Menge absorbieren.

 

Eisensupplementierung zur Eisenmangelanämie: besser Kleckern statt Klotzen

Bei der herkömmlichen Eisensupplementierung zur Behandlung einer Eisenmangelanämie treten oft unerwünschte Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden auf. Diese stehen in einem engen Verhältnis zur verabreichten Eisenmenge und sind mit ein Grund, weshalb viele Patientinnen die Eisenergänzung abbrechen.

Könnte man die Absorptionseffizienz verbessern, wäre es möglich, mit einer kleineren Eisendosis einen grösseren biologischen Effekt zu erzielen, und dies bei verminderten Nebenwirkungen. Wahrscheinlich wäre es effizienter, mit der nächsten Dosis länger zu warten, um die prozentuale Absorption zu verbessern.



 

Einschränkungen der Studienergebnisse

Die Forscher räumen jedoch ein, dass die Aussagekraft dieser Studie aus zwei Gründen begrenzt ist. Bei den Testpersonen handelte es sich ausschliesslich um gesunde, junge Frauen. Und zudem untersuchten sie die Eisenabsorption nur an zwei Tagen. Wie sich die Hepcidin-Konzentration während einer mehrwöchigen Eisensupplementierung verhält, wird derzeit untersucht. Dabei testen die Wissenschaftler die Eisensupplementierung während zwei und vier Wochen.

Um die Eisenresorption zu untersuchen, verwendeten die Forscher stabile Eisenisotope als Indikatorsubstanzen. Diese Stoffe haben ein modifiziertes Verhältnis von stabilen Eisen-Isotopen. In der Natur ist Eisen-56 das häufigste stabile Eisen-Isotop (91,7 Prozent), gefolgt von Eisen-54 (5,8 Prozent) und Eisen-57 (2,1 Prozent). Eisen-58 liegt nur in Spuren vor. Für ihre Untersuchung benutzen die Wissenschaftler Tabletten mit einem erhöhten Gehalt an Eisen-57, Eisen-54 und Eisen-58. Anhand der Veränderung des Isotopen-Verhältnisses im Körper konnten die Forschenden die körpereigene Eisenabsorption bestimmen.

 

Hunderte Millionen Betroffene

Weltweit leiden hunderte Millionen von Menschen an Eisenmangel und nehmen deswegen täglich Eisentabletten ein. Häufigste Ursachen sind hohe Eisenverluste etwa durch Blutungen (insbesondere bei Frauen durch die Regelblutung) und eine einseitige Ernährung, die arm ist an Vitamin C und tierischen Produkten. Nahrungsmittel mit einem hohen Eisengehalt sind beispielsweise Fleisch, Leber, Blutwurst, Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte. In grossen Mengen ist Eisen als Ergänzung jedoch toxisch, weshalb es der Körper nur schlecht resorbiert. Im Durchschnitt liegen im menschlichen Körper 5 bis 7 Gramm Eisen vor, 60 Prozent davon im roten Blutfarbstoff, dem Hämoglobin.




Literatur:

DeLoughery TG. Iron Deficiency Anemia. Med Clin North Am. 2017;101(2):319-332. doi:10.1016/j.mcna.2016.09.004

Moretti D, Goede JS, Zeder C et al. (2015). Oral iron supplements increase hepcidin and decrease iron absorption from daily or twice-daily doses in iron-depleted young women. Blood 126, 1981-1989. DOI: 10.1182/blood-2015-05-642223


Quelle:

https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2015/11/
eisen-supplementierung.html

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