Donnerstag, April 18, 2024

Durchbruch in der Hepatitis-C-Therapie – ein Update

Ziel der Hepatitis-C-Therapie ist eine Heilung der HCV-Infektion, die heute durch den Einsatz von DAAs-Kombinationstherapien fast immer erreicht werden kann.

Bereits in den Virusepidemiologischen Informationen (VEI) 09/11 und 10/14 wurde über den durch den Einsatz direkt wirksamer antiviraler Substanzen (direct-acting antivirals, DAAs) erzielten Durchbruch in der Hepatitis-C-Therapie berichtet. Nachstehend wird das Thema als kurzes Update erneut in Erinnerung gerufen.

 

DAAs-Kombinationstherapien zur Ziel der Hepatitis-C-Therapie

Ziel der Hepatitis-C-Therapie ist eine Heilung der Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion, um in Folge die Komplikationen von hepatischen und extrahepatischen HCV-assoziierten Erkrankungen, wie unter anderem kompensierter oder dekompensierter Leberzirrhose oder hepatozellulärem Karzinom, zu verhindern. Dieses Ziel kann heute durch den Einsatz von DAAs-Kombinationstherapien fast immer bzw. in einem sehr hohen Prozentsatz erreicht werden.

Angriffspunkt der derzeit verfügbaren DAAs sind verschiedene Nicht-Struktur-Proteine des Hepatitis-C-Virus (HCV), nämlich die NS3/4A Protease, die NS5B Polymerase und der NS5A Replikationskomplex.

  1. Protease-Inhibitoren (PIs): Boceprevir und Telaprevir, die ersten Vertreter dieser Substanzklasse (siehe VEI 09/11), sind heute nicht mehr in Verwendung. Sie wurden inzwischen vollständig von verschiedenen „second wave Protease-Inhibitoren“ abgelöst, deren Vorteile in der einfacheren Dosierung, weniger und milderen Nebenwirkungen sowie weniger Arzneimittelinteraktionen liegen. Allerdings sind auch die neueren Protease-Inhibitoren nur gegen die HCV-Genotypen 1 und 4 einsetzbar. Die derzeit zugelassenen und verwendeten Protease-Inhibitoren umfassen Simeprevir, Paritaprevir und Grazoprevir, in Japan zusätzlich noch Asunaprevir und Vaniprevir.
  2. Polymerase-Inhibitoren: Hier wird zwischen zwei Klassen, nämlich nukleosidischen und nicht-nukleosidischen Inhibitoren, unterschieden. Derzeit zugelassener Vertreter ersterer Klasse ist Sofosbuvir, einsetzbar gegen alle HCV-Genotypen. Die Substanz wird nur einmal täglich verabreicht, ist gut verträglich, Arzneimittelinteraktionen sind gering und es besteht eine hohe Resistenzbarriere. Dasabuvir ist ein nicht-nukleosidischer Proteasehemmer, der nur gegen den HCV Genotyp 1 eingesetzt werden kann und dessen Resistenzbarriere niedriger liegt als bei Sofosbuvir.
  3. Replikationskomplex (NS5A) Inhibitoren: Bei den Vertretern dieser Substanzklasse handelt es sich um durchwegs hochpotente Wirkstoffe, allerdings mit einer niedrigen Resistenzbarriere. Die Anwendung der einzelnen Substanzen ist auf jeweils verschiedene HCV-Genotypen beschränkt. Zu den derzeit zugelassenen Vertretern gehören Daclatasvir, Ledipasvir, Ombitasvir, Elbasvir und Velpatasvir.

Die meisten Substanzen der drei Medikamentengruppen sind einzeln verfügbar, manche allerdings nur in Fixkombinationen.

 

Interferon-freie, rein orale Hepatitis-C-Therapie empfohlen

Heute wird für alle HCV-Genotypen eine primär Interferon-freie, rein orale Hepatitis-C-Therapie empfohlen. Durch eine gleichzeitige Gabe von zwei oder drei DAAs aus verschiedenen Substanzklassen stehen hochpotente Kombinationstherapien zur Verfügung, mit denen virologische Ansprechraten im Sinne einer dauerhaften Viruselimination (sustained virologic response, SVR) von über 95% erreicht werden. Zeigten unter pegyliertem Interferon-α und Ribavirin die Genotypen 2 und 3 die besten Therapieerfolge, so ist heute unter DAA-Behandlung der Genotyp 1 (vor allem der Subtyp 1b) mit den höchsten Heilungsraten assoziiert und der Genotyp 3 am schwierigsten zu behandeln. Dieser Tatsache wird in den Therapieempfehlungen der europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften für Lebererkrankungen (EASL bzw. AASLD) Rechnung getragen, indem für jeden HCV-Genotyp / Subtyp verschiedene spezielle DAA-Kombinationen empfohlen werden.

Daneben werden vor allem noch das Vorliegen einer Zirrhose und der Zirrhosegrad berücksichtigt, aber auch eventuelles Therapieversagen bzw. Relapse bei vorangegangenen Behandlungen. Natürlich gibt es nach wie vor spezielle Patientengruppen, deren Therapie eine besondere Herausforderung darstellt, wie z.B. Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose oder nach einer Lebertransplantation, aber auch Patienten mit stark eingeschränkter Niereninsuffizienz bzw. unter Dialyse. Näheres zu den Therapieempfehlungen ist auf den Homepages der beiden Fachgesellschaften zu finden (www.aasld.org bzw. www.easl.eu).

Somit besteht dennoch Bedarf an weiteren, neuen DAAs, beispielsweise solchen, die eine kurze Therapiedauer auch bei schwierig zu behandelnden HCV-Subtypen zulassen oder die eine breitere Wirksamkeit gegen mehrere Genotypen besitzen. Beispiele für Substanzen, die sich in der letzten Erprobungsphase (Phase III) befinden, sind z.B. Faldaprevir, Glecaprevir und Voxilaprevir, Tegobuvir und Beclabuvir sowie Ravidasvir und Pibrentasvir. Einige dieser Wirkstoffe wurden ausschließlich als Bestandteil von DAA-Fixkombinationen entwickelt. Alisporivir, ein Cyclophilin-B-Hemmer, befindet sich derzeit ebenfalls in Phase III.

 

Resistenzentwicklung gegen DAAs

Nicht unerwähnt bleiben sollte das Problem möglicher Resistenzentwicklung gegen DAAs. Für alle Substanzen wurden inzwischen Resistenz-assoziierte Varianten (RAVs) beschrieben und bei den meisten Patienten mit Therapieversagen unter oder nach („Relapse“) DAA-Therapie gefunden. Wie bereits erwähnt, sind die Resistenzbarrieren der einzelnen Substanzklassen unterschiedlich hoch, und innerhalb einer Substanzklasse unterscheidet sich die Resistenzbarriere für die verschiedenen HCV Genotypen. Die höchste Barriere findet sich bei Sofosbuvir. Innerhalb einer Substanzklasse bestehen Kreuzresistenzen zwischen den verschiedenen DAAs. Durch die Kombination zweier oder mehrerer Substanzen aus verschiedenen Klassen wird jedoch das Risiko einer möglichen Resistenzentwicklung und in der Folge eines Therapieversagens minimiert.

Eine generelle Resistenztestung vor jeder DAA-Therapie wird zum heutigen Zeitpunkt nicht empfohlen, dennoch gibt es bestimmte Patientenkollektive bzw. Konstellationen, wo eine Testung bereits vor Therapiebeginn sehr sinnvoll ist. Sollte es unter laufender DAA-Therapie zu ungenügendem Ansprechen oder Therapiedurchbrüchen kommen bzw. zum Auftreten eines HCV Relapses nach Therapieende, so ist eine HCV Resistenzbestimmung jedenfalls indiziert. Am Department für Virologie der Med. Universität Wien. werden Resistenztestungen für HCV Protease-, Polymerase- und NS5A-Inhibitoren durchgeführt.

logo-virusepidemiologische-informationenQuelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 20 / 16. Dr. Eva Geringer  und Prof. Dr. Heidemarie Holzmann. Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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