Die Kunstgelenke und insgesamt die Endoprothetik haben im 20. Jahrhundert die Orthopädie und die Unfallchirurgie revolutioniert.
Nicht umsonst wird in einem Übersichtsartikel im Jahr 2007 im „The Lancet“ der Ersatz des arthrotischen oder durch Unfall zerstörten Hüftgelenks mit einem Kunstgelenk als die „Operation des Jahrhunderts“ bezeichnet (The Lancet 2007; 370(9597): 1508–1519). Sicher sind die Ergebnisse in der Endoprothetik heute schon hervorragend. Qualitätssichernde Maßnahmen wie Endocert der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) unterstützen die Entwicklungen.
Zahlreiche Verbesserungen in der Endoprothetik
Mit Zentren für Endoprothetik konnte die Qualität in allen Endoprothetik-Bereichen weiter verbessert werden. Auch die Digitalisierung hat Einzug gehalten. Die Genauigkeit bei der Implantation von Endoprothesen ist einer der Faktoren, die den Erfolg mitbestimmen. Hier sind Techniken wie Navigation und computerassistiertes Operieren heute ein Standard, der sicherlich weitergeholfen hat, die Ergebnisse zu verbessern.
Patientenindividuelle Implantationsinstrumente und sogar patientenindividuelle Implantate haben für Arzt und Patient die Operation sicherer, genauer und im Ergebnis vorhersagbarer gemacht. Die Digitalisierung hat auch in der operativen Medizin am Bewegungsapparat Einzug gehalten.
Entsprechende Implantationsschablonen, aber selbst Implantate, werden nach Maß im 3-D-Drucker patientenindividuell hergestellt und dies wird sowohl bei der Primär-Endoprothetik, dem Erst-Einsatz des Gelenkes verwendet, als auch bei schwierigen Revisionsoperationen, zum Beispiel beim Beckenteilersatz und Extremitätenersatz bis hin zur großen Tumororthopädie. Deswegen ergeben sich kürzere Operationszeiten und eine schnellere Genesung des Patienten durch geringere Belastung und bessere Passgenauigkeit.
Robotik, computerassistierte Planungssysteme und verbesserte Operationstechniken
Selbst das Wiederaufleben der passiven und aktiven Robotik zeigt, dass hier noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind. Die Planung erfolgt heute oft dreidimensional an computerassistierten Planungssystemen. Schließlich kann diese Planung dann exakt in die Operation umgesetzt werden. Patientenindividuelle Schablonen und Navigationstechniken sowie auch Roboterarme assistieren den Chirurgen, um die richtigen Achsenwinkel und Rotationen exakt einzuhalten.
Diese Optionen kombiniert mit verbesserten, gewebeschonenden und individuell angepassten Operationstechniken sowie eine bessere Patientenvorbereitung ermöglichen, dass die Patienten kürzer im Krankenhaus zu bleiben. Letztendlich ist auch ein exakt ausgetüfteltes Rehabilitationsprogramm mitverantwortlich, dass heutzutage gute oder bessere Ergebnissen erzielt werden.
Kriterien für die Krankenhausentlastung und die Rehabilitation
Es gelten immer objektive Kriterien für die Krankenhausentlastung. Der Patient wird erst entlassen, wenn er bestimmte Tests besteht. Ergänzend muss er bestimmte Kriterien und bestimmte Ergebnisse erreichen, damit das Therapieziel der Operation gewährleistet ist. Schließlich kann der Patient bei Erfüllung der Vorgaben das Krankenhaus verlassen. Die Weiterbehandlung erfolgt ambulant oder in einer Rehabilitationseinrichtung.
Weiters gibt es Fortschritte bei der Digitalisierung der Rehabilitationsmaßnahmen. Der Arzt überwacht bereits digital, ob der Patient seine Übungen korrekt durchführt. Auch sind Störungen leichter erkennbar, die ein erneutes Einbestellen des Patienten in Klinik oder Praxis erfordern. Hier stehen uns noch weitere Möglichkeiten offen, die eine schnellere Genesung für den Patienten erbringen werden.
Insbesondere in der Endoprothetik ist der Fortschritt beträchtlich. Begriffe wie „Rapid Recovery“ und „Hip-in-a-Day“ haben sich insbesondere in den USA aber auch in den skandinavischen Ländern schon weit verbreitet.
Entscheidend ist aber, dass ein Kunstgelenk für den Patienten 20 und mehr Jahre erfolgreich funktioniert und ihm eine Lebensqualität beschert, die er vorher nicht mehr hatte.
Quelle:
Statement » Digitalisierung in der Endoprothetik « von Professor Dr. Dr. med. Werner E. Siebert Kongresspräsident des DKOU 2018, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel gGmbH und Lehrbeauftragter der Universität Kassel für den Bereich Sportmedizin zum Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU), Oktober 2018, Berlin