Montag, April 22, 2024

Die Schmerzen bei älteren und hochbetagten Menschen werden häufig unterschätzt

Mit aktuellen Empfehlungen zeigen österreichische Experten, wie man Schmerzen bei älteren und hochbetagten Menschen diagnostiziert und optimal behandelt.

Schmerzen bei älteren und hochbetagten Menschen sind weit verbreitet, aber oft unterbehandelt. Häufig herrscht Unsicherheit, welche Schmerztherapie für multimorbide Patientinnen und Patienten passend ist. Schmerzen sind aber kein unbehandelbares Schicksal, auch im hohen Alter nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, um den Betroffenen zu helfen – selbst dann, wenn sie ihre Beschwerden nicht mehr selbst artikulieren können. Seit nunmehr 20 Jahre informiert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) über die neuesten Entwicklungen in der Schmerzmedizin.

 

Fachgesellschaften liefern Empfehlungen

Expertinnen und Experten aus drei medizinischen Fachgesellschaften (Österreichische Schmerzgesellschaft, Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin und Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie) haben sich unlängst zusammengetan, um die Situation von älteren Schmerzpatienten zu verbessern. In einem Positionspapier, das auch in Form von zwei Arbeiten publiziert wurde, beschreiben sie bestehende Defizite. Weiter geben sie auf Basis aktueller Forschung und langjähriger Erfahrung Empfehlungen für ein optimales Schmerzmanagement.

 

Schmerzen bei älteren Menschen erkennen

Die Empfehlungen sehen in der Schmerzerkennung den unverzichtbaren ersten Schritt. Denn häufig sprechen ältere Menschen ihre Schmerzen gar nicht an. Sie sind der Ansicht, ihre gesundheitlichen Probleme seien im Alter unvermeidlich. Vielfach leiden geriatrische Patienten auch an Demenz oder können aus anderen Gründen ihre Schmerzen nicht in Worte fassen. Eine standardisierte Schmerzerfassung muss daher ein integraler Bestandteil der Behandlung und Betreuung geriatrischer Patientinnen und Patienten sowie für Menschen mit Demenz sein.

Für beide Gruppen sind geeignete Instrumente zur Schmerzmessung vorhanden. Sie müssen aber auch im täglichen klinischen Alltag und in Pflegeheimen eingesetzt werden. Gerade in turbulenten Zeiten wie diesen besteht die Gefahr, das stille Leiden einer besonders verletzlichen Personengruppe zu übersehen.

 

Individuelle Therapien, mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität

Die Expertengruppe liefert allgemein beachtenswerte Grundregeln zur Behandlung von Älteren und Hochbetagten und geht auf verschiedene Therapieverfahren ein. Besonders die pharmazeutische Behandlung ist eine Herausforderung. Welche Schmerzmedikamente kommen zum Beispiel noch in Fragen, wenn Organe wie Leber oder Niere nicht mehr richtig funktionieren? Welche Substanzgruppen sind für multimorbide geriatrische Patienten geeignet, die bereits eine Vielzahl an Medikamenten nehmen? Wie können wir Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten vermeiden? Zu solchen Fragen bieten unsere Empfehlungen nun eine Orientierung.

In jedem Fall ist eine gut abgestimmte und umfassende Behandlung erforderlich, die bestmögliche Schmerzlinderung bei möglichst wenigen Nebenwirkungen garantiert. Die optimale Schmerztherapie muss individuell abgestimmt sein. Das bedeutet, bei jedem einzelnen Patienten zu fragen: Was ist die geeignete Therapie? Der konkrete Nutzen sowie mögliche Nachteile und Nebenwirkungen der medikamentösen und nichtmedikamentösen Verfahren müssen für jede Patientin oder jeden Patienten abgewogen werden.

Ein erfolgreiches Schmerzmanagement erreicht nicht nur Schmerzlinderung, sondern gibt den Betroffenen auch wieder ein Stück Beweglichkeit und Mobilität zurück und trägt dazu bei, die Selbstständigkeit und Autonomie der älteren Patientinnen und Patienten zu erhalten. Den älteren Menschen soziale Teilhabe zu ermöglichen und ihre Lebensqualität zu verbessern, sind zentrale Ziele, die es zu erreichen gilt.


Quellen:

SN 1b/2020: Schmerzen und Schmerztherapie im Alter: Besonderheiten und Empfehlungen

Österreichische Schmerzgesellschaft

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