Donnerstag, April 18, 2024

Dialyse bei alten Patienten hat besondere Herausforderungen

Bei alten Patienten an der Dialyse muss man die Faktoren Demenz, Stürze, Polypharmazie, Depression sowie Inkontinenz sehr berücksichtigen.

Über 30 % der neu beginnenden Patienten an den Dialyse-Zentren in Österreich und Deutschland haben bereits das 70. Lebensjahr überschritten. Wie in vielen Bereichen der Medizin nimmt jedenfalls die ­Anzahl der älteren Patienten in der Nephrologie ­stetig zu. Daten aus den USA zeigen, dass die über 75-Jahre alten Menschen die mittlerweile am schnellsten wachsende Patientengruppe an der Dialyse darstellen. Und in Europa verhält es sich durchaus ähnlich. Dazu zeigen Studienergebnisse, dass sowohl die Anzahl der Begleiterkrankungen als auch das Vorhandensein einer manifesten koronaren Herzerkrankung die Prognose bei alten Patienten nachhaltig beeinflussen und daher in den Entscheidungsprozess bezüglich einer eventuellen Dialyse eingebunden werden sollten.

Über 30 % der neu anfangenden Patienten an den Dialyse-Zentren in Österreich und Deutschland haben bereits das 70. Lebensjahr überschritten, und auch die sogenannten »sehr Alten«, d.h. die über 80-Jährigen sind ein Bild, an das man sich auf den Dialyse-Stationen bereits gewöhnt hat.

Dieses spezielle Patientengut stellt allerdings für den behandelnden Nephrologen eine besondere Herausforderung dar, da die Behandlungsziele unter Umständen deutlich von den bisherigen traditionellen, gewohnten Vorstellungen abweichen.

Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass für diese Gruppen von Patienten wenige objektive Erfahrungswerte hinsichtlich einer adäquaten Behandlungsstrategie bekannt sind.


Dialyse, Alltag: Management von Dialysepatienten

Für Dialysepatienten ist der Beginn einer Dialyse oft ein Schockerlebnis.
Für Dialysepatienten ist der Beginn einer Dialyse oft ein Schockerlebnis.

Für Dialysepatienten ist die Dialyse und das dadurch veränderte Management des Alltags ein schwerer Einschnitt im Leben, auch wenn man schon jahrelang über seine Nierenerkrankung Bescheid weiß. Mehr dazu siehe https://medmix.at/management-von-dialysepatienten/


Zunahme der chronischen Niereninsuffizienz im höheren Alter

Untersuchungen in Altersheimen machen deutlich, dass die chronische Niereninsuffizienz ein häufiger Begleiter im höheren Lebensalter ist. 30 % der älteren Bevölkerung erfüllen die derzeit gängigen Kriterien einer chronischen Nierenerkrankung, ohne dass bis dahin eine renale Vorerkrankung bekannt ist. Die Genese dieser hohen Prävalenz ist derzeit noch nicht eindeutig geklärt. Untersuchungen legen allerdings nahe, dass diese Nierenfunktionseinschränkung im Alter keinen physiologischen Alterungsprozess der Niere darstellt, sondern Ausdruck einer tatsächlich vorhandenen renalen Erkrankung ist.

So ist u.a. die Tatsache bemerkenswert, dass in einem großen Kohortenkollektiv bei etwa einem Drittel der älter werdenden Patienten keine wesentliche Funktionseinschränkung auftrat (d.h. eine GFR über 90 ml/min/m2), während es bei etwa zwei Drittel der Studienteilnehmer zu einer Abnahme der GFR kam.

Von den großen nephrologischen Gesellschaften nehmen nur die »British renal Society« und die australisch-neuseeländischen »CARI Guidelines« in Bezug auf mögliche Ursachen für die Zunahme der Niereninsuffizienz im höheren Lebensalter Stellung. Beide werten die renale Funktionseinschränkung im höheren Alter als tatsächlich stattfindende chronische Nierenschädigung, die in erster Linie durch eine höhere Prävalenz der arteriellen Hypertonie und des Diabetes mellitus bedingt ist.

Zusätzlich wird nun vermehrt auch eine gleichzeitig bestehende Herzinsuffizienz als Ursache für die Funktionseinschränkung diskutiert (Kardio-renales Syndrom).

 

Klinische Relevanz

Klinisch relevant wird die Nie­ren­insuffizienz beim älteren Patienten dann, wenn sie soweit fortgeschritten ist, dass klinische Symptome entstehen (z.B. durch die Anämie, Pruritus etc.) bzw. eine Dosisanpassung renal eliminierter Medikamente (Antibiotika, Digoxin, ACE-Hemmer etc.) vorgenommen werden muss.

Es muss allerdings betont werden, dass die Interventionsmöglichkeiten durch den Nephrologen bei chronischer Niereninsuffizienz weiterhin hinter anderen Teilgebieten der Inneren Medizin zurückbleiben, weshalb eine Empfehlung für ein aktives Screening innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe derzeit von keiner größeren Gesellschaft gegeben wird. Bei Eintreten einer terminalen Niereninsuffizienz stehen mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

 

Therapieoptionen

Durch die kontinuierlichen Fortschritte in vielen Bereichen der Nephrologie und den derzeitigen fehlenden sozioökonomischen Beschränkungen stehen dieser Patientengruppe in unseren Breiten prinzipiell sämtliche Formen der Nierenersatztherapie zur Verfügung (Abb. 1).

nierenersatztherapie

Die folgenden Zeilen sollen einen Überblick über die bis dato vorhandenen Erfahrungswerte bei geriatrischen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und eine Hilfestellung für die Betreuung dieser Patientengruppe liefern. Letztlich sind allerdings alle derzeit zur Verfügung stehenden Therapieoptionen mit für den Patienten durchaus relevanten Einschränkungen verbunden. Im Folgenden geht es in erster Linie um die in Österreich am weitesten verbreiten Therapieverfahren in dieser Altersgruppe, nämlich die Hämodialyse bzw. konservative Therapie.

 

Dialyse – gutes Langzeitüberleben auch für alte Patienten möglich

Dass die Hämodialyse eine für diese Patienten durchaus geeignete Therapieoption darstellt, konnte in einer größeren Studie aus Frankreich 2003 belegt werden. In dieser Arbeit berichtet ein Pariser Zentrum über seine Erfahrungen mit 146 Patienten im Alter von 79 Jahre und älter mit terminaler Niereninsuffizienz.

Verglichen wurde dabei das Überleben der Patienten mit und ohne Dialysebehandlung nach dem Eintreten einer GFR von weniger als 15ml/min/m2. Eine der wesentlichen Erkenntnisse aus diesen Beobachtungen war, dass bei dieser alten Patientengruppe prinzipiell ein exzellentes Langzeitüberleben möglich ist, insbesondere wenn diese Patienten frühzeitig dem Zentrum bzw. Nephrologen zugewiesen werden und vor Dialyse-Beginn ein hohes Maß an Unabhängigkeit (körperlich und sozial) aufweisen.

Eine weitere Erkenntnis war allerdings auch die Tatsache, dass das Langzeitüberleben sich drastisch verschlechtert, je später die Zuweisung an den Nephrologen erfolgt und je größer die körperliche und so­ziale Abhängigkeit vor Dialyse-Beginn (Pflegebedürftigkeit) ist. Generell war die konservative Therapie mit einem deutlich kürzeren Überleben (medianes Überleben 9 vs. 29 Monate) gegen­über der Hämodialyse assoziiert.


Welche Erkrankungen zur chronischen Nierenersatztherapie führen

Nieren © hywards / shutterstock.com
Nieren © hywards / shutterstock.com

Mehr als die Hälfte Neuzugänge zur Nierenersatztherapie sind durch Typ II-Diabetes, vaskuläre Erkrankungen und hohen Blutdruck verursacht. Mehr dazu siehe https://medmix.at/welche-erkrankungen-zur-chronischen-nierenersatztherapie-fuehren/


Hohe Einjahresmortalität

Den in der oben angeführten Studie guten Ergebnissen der Hämodialyse und anderen optimistischen Berichten folgte eine gewisse Ernüchterung durch eine Untersuchung aus den USA, wo das United States Renal Data System (USRDS) Register zur Überprüfung des Langzeitüberlebens dieser Patienten abseits von Studien untersucht wurde (6).

In dieser Untersuchung an ca. 83.000 80- und 90-jährigen Dialysepatienten zwischen 1996 und 2003 wiesen die Patienten mit 46 % eine ausgesprochen hohe Mortalität im ersten Jahr auf. Diese bestand auch trotz eines zunehmend früheren Dialyse-Beginns in den letzten Jahren (1996: GFR 8,3ml/min/m2 vs. 2003: 10,5ml/min/m2), ohne zu einer nennenswerten Verbesserung des Einjahresüberlebens zu führen.

Risikofaktoren für ein frühes Versterben an der Dialyse im ersten Jahr waren ein hohes Alter per se, die Anzahl der Begleiterkrankungen und eine verminderte Mobilität. Letztendlich bestätigte diese Untersuchung außerdem den bekannten Trend, dass die Inzidenz dieser Altersgruppe an der Dialyse weiterhin zunimmt.

 

Kein Überlebensvorteil an der Hämodialyse bei ­manifester koronarer Herzerkrankung und multiplen Begleiterkrankungen

Die aktuellsten Untersuchungen, inwieweit diese Patienten tatsächlich von der Hämodialyse im Vergleich zur konservativen Behandlung profitieren, stammen aus Großbritannien. Die wahrscheinlich umfangreichste und informativste Arbeit zu diesem Thema stellt dabei eine Überlebensanalyse von 129 über 75-jährigen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz dar.

Untersucht wurde darin das Langzeitüberleben von Patienten, die sich nach um­fang­reichen Beratungsgesprächen mit Nephrologen, Dialyse-Schwestern, Diätberatern und Sozialarbeitern für bzw. gegen ­eine Hämodialysebehandlung ent­schieden hatten. Als Studienendpunkt wurde das Überleben mit Beginn einer GFR von weniger als 15ml/min/m2 festgelegt.

Obwohl die 52 Patienten der Dia­lyse-Gruppe ein deutlich besseres Gesamtüberleben gegenüber den 77 konservativ behandelten Patienten aufwiesen (1-Jahres Überleben: 75 % vs. 46 %), ergab die weitere Analyse der Daten, dass sowohl bei älteren Patienten mit manifester ischämischer Herzerkrankung als auch älteren Patienten mit multiplen Begleiterkrankungen (Herzinsuffizienz, ischämische Herzerkrankung, DM und PAVK) die Dialysebehandlung zu keiner wesentlichen Lebensverlängerung führt.

Die Autoren dieser Studie kommen zu dem Schluss, dass sowohl die Anzahl der Begleiterkrankungen als auch das Vorhandensein einer manifesten koronaren Herzerkrankung die Prognose dieser Patienten nachhaltig beeinflusst und daher in den Entscheidungsprozess bezüglich einer eventuellen Nierenersatztherapie eingebunden werden sollten.

 

Akzeptables Langzeitüberleben mit konservativer Therapie

Patienten, die sich gegen eine Nierenersatztherapie entscheiden, können trotzdem ein akzeptables Langzeitüberleben aufweisen. Dementsprechend berichteten Forschende in einer Studie von einem medianen Überleben von 22 Monaten bei Patienten, die sich gegen die Dia­lyse aussprechen, während die entsprechende Vergleichsgruppe an der Dialyse ein medianes Überleben von 33 Monaten aufwies.

80 % der konservativ behandelten Patienten verstarben zu Hause, während hingegen 80 % der Dialysepatienten im Krankenhaus verstarben. Patienten der konservativen Gruppe bleiben bis etwa eine Woche vor ihren Tod mobil. Allerdings verschlechtern sie sich dann sehr rasch, meist bei einer GFR von rund 4–5ml/min/m2. Der Überlebensvorteil der Dialyse-Gruppe wird in dieser Untersuchung zusätzlich durch die Tatsache getrübt, dass etwa acht Monate des Jahres mit Krankenhausaufenthalten und Eingriffen gestört werden.

 

Mögliche nachteilige Effekte der Dialyse (Hämodialyse) bei sehr alten Menschen

Dass die Dialysebehandlung im Vergleich zur konservativen Therapie bei sehr alten Patienten (80 und älter) einen unter Umständen nachteiligen Effekt auf das Patientenüberleben haben kann, berichtet ein weiteres britisches Zentrum. Die tendenziell ältere, konservativ behandelte Gruppe (85 vs. 81 Jahre) wies über einen Beobachtungszeitraum von neun Monaten neben einem signifikant besseren Überleben gegenüber der Dialyse-Gruppe (Mortalität: Konservativ 5 % versus Dialyse 30 %) auch eine geringere Rate an Krankenhausaufenthalten und Infektionen auf, ohne sich von anderen Merkmalen (Anzahl der Begleiterkrankungen etc.) wesentlich zu unterscheiden. Die Autoren kommen hier zu dem Schluss, dass man bei sehr alten Menschen unter Umständen nur sehr wenig von der Dialyse-Behandlung erwarten darf.


Prävention, Diagnose und Behandlung der diabetischen Nephropathie

Die Diagnose diabetische Nephropathie ist eine häufige Komplikation bei Diabetes, die Prävention spielt in der Behandlung eine entscheidende Rolle. © Nicole Rerk / shutterstock.com
Die Diagnose diabetische Nephropathie ist eine häufige Komplikation bei Diabetes, die Prävention spielt in der Behandlung eine entscheidende Rolle. © Nicole Rerk / shutterstock.com

Bei der Behandlung der diabetischen Nephropathie muss die Prävention im Vordergrund stehen, die Diagnose geschieht im frühen Stadium üblicherweise durch Messung von Albumin im Harn. Mehr dazu siehe https://medmix.at/praevention-und-diagnose-der-diabetischen-nephropathie/


Interpretation und Anwendung der derzeitig vorliegenden Untersuchungen in der Praxis

Anhand der oben angeführten Untersuchungen ist es derzeit kaum möglich, eindeutige Empfehlungen hinsichtlich der op­timalen Behandlungsstrategie bei geriatrischen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zu geben. Festzuhalten ist allerdings, dass ausgezeichnete Langzeitergebnisse bei diesem Patientenkollektiv durchaus erzielbar sind, insbesondere bei Patienten, die frühzeitig dem Nephrologen zugewiesen werden und einen guten Allgemeinzustand und eine funktionelle Eigenständigkeit aufweisen.

Auf der anderen Seite weisen Patienten, die bereits an einer großen Anzahl von Begleiterkrankungen leiden, nicht mobil bzw. pflegebedürftig sind oder an einer symptomatischen, manifes­ten koronaren Herzerkrankung leiden, mitunter exzessive Mortalitätsraten auf (bis zu 83 % im ersten Jahr) und scheinen daher nur sehr eingeschränkt von einer unter Umständen beschwerlichen Dialysebehandlung zu profitieren. Abgesehen von diesen beiden Patientengruppen scheint ein Großteil der derzeit zunehmenden Anzahl der Dialysepatienten in keine dieser oben angeführten Kategorien zu passen.

 

Für dieses Kollektiv können die folgenden Hilfestellungen herangezogen werden (nach: American Society of Renal Physicians Association, 2000)

Im Grunde genommen sollte man unter allen Umständen eine gemeinsame Therapieentscheidung von Arzt und Patient anstreben. Und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung auf eine konservative oder auf eine aktive Behandlung fällt.

Hier sollten auf Wunsch des Patienten eventuell auch die näheren Angehörigen herangezogen (Familienkonferenz) und die möglichen Optionen anhand der derzeit vorliegenden Erfahrungen (einschließlich der eigenen Zentrumserfahrung) diskutiert werden und auch eine Prognoseabschätzung erfolgen.

In vielen Fällen hat sich hier die Zuhilfenahme einer erfahrenen Dialyse-Schwester bewährt, die den Patienten und deren Angehörigen einen Überblick über die bevorstehenden Eingriffe in das Alltagsleben sowie mögliche Komplikationen während und nach der Dialyse geben kann.

Bestehen seitens des behandelnden Arztes oder des Patienten divergente Ansichten bzw. Erwartungen hinsichtlich der Behandlungsoption, sollte ein Dialyse-Versuch auf Zeit, wobei hier ein definitiver Zeitraum festgelegt werden muss, durchgeführt werden.

Nach diesem Zeitraum (typischerweise 30–90 Tage) sollte ein neuerliches gemeinsames Beratungsgespräch die definitive Behandlungsoption festlegen.

In seltenen Fällen kann auch der behandelte Arzt selbst die Dialysebehandlung verweigern. Das ist beispielsweise beim Auftreten einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz, bei einer fortgeschrittenen, terminalen Erkrankung oder bei irreversiblen kognitiven Einschränkungen durch Schlaganfall oder Alzheimer der Fall. Im Allgemeinen wird auch bei einer Überlebenserwartung von weniger als drei Monaten von einer Dialysebehandlung abgesehen werden.


Dialyse: Shuntchirurgie für Patienten mit Nierenersatztherapie

Niere © Sebastian Kaulitzki / shutterstock.com
Niere © Sebastian Kaulitzki / shutterstock.com

Auf eine Nierentransplantation müssen viele Patienten lange warten. Deswegen brauchen sie dreimal wöchentlich eine Nierenersatztherapie – mit vielen Stunden Dialyse. Mehr dazu siehe https://medmix.at/dialyse-nierenersatztherapie-shuntchirurgie/


Ungewissheiten

Andere Nierenersatztherapien, wie etwa die Peritonealdialyse oder die Nierentransplantation, spielen bis auf wenige seltene Ausnahmen bei der Nierenersatztherapie der über 75-Jährigen keine wesentliche Rolle. Und zwar betrifft das weniger als 5% der Fälle.

Allerdings stellt die Peritonealdialyse, insbesondere die »assisted PD«, in vielen anderen Ländern (beispielsweise in Dänemark und Hongkong) eine gängige und bewährte Form der Nierenersatztherapie dar. Deswegen sollte man diese Behandlung als zumindest gleichwertige Therapieoption bei geriatrischen Patienten ansehen.

In manchen Belangen weist diese Form der Dialyse speziell bei alten Patienten besondere Vorteile auf. Dazu gehört beispielsweise etwa der Wegfall der mitunter als beschwerlich empfundenen Transporte zu den Dialyse-Zentren. Weiter haben die Patienten dadurch auch die Möglichkeit, die noch verbleibende Zeit vermehrt zu Hause verbringen zu können.

Ein direkter Vergleich von Hämodialyse und Peritonealdialyse bei älteren Patienten ist allerdings bis dato nicht durchgeführt worden. Unklarheit herrscht auch beim idealen Zeitpunkt des Dialyse-Beginns. Aufgrund des derzeitigen Mangels an überzeugenden Studien zum eindeutigen Vorteil des frühen Dialyse-Beginns kann man derzeit diesbezüglich keine Empfehlung abgeben.

Bis zum Vorliegen besserer Entscheidungshilfen sollte somit wohl in erster Linie der Patient selbst beziehungsweise seine Symptome den Therapiebeginn bestimmen.

Eine rezente Untersuchung von Patienten mit Nierenerkrankungen im Endstadium zeigte Vorteile von der Einleitung einer Hämodialyse. Denn die konservative Gruppe wies eine sehr hohe Anfangssterblichkeitsrate auf. Der Überlebensvorteil der Dialysebehandlung blieb jedoch im Vergleich zu Überlebenden der konservativen Gruppe nicht länger als die ersten zwei Monate bestehen.

 

Herausforderungen der Dialyse bei alten Menschen

Bei alten Patienten an der Dialyse kommen neben den oben angeführten spezifisch nephrologischen Problemen weitere, für sie typische Eigenheiten dazu. Die »Großen Fünf der Geriatrie« – Demenz, Stürze, Polypharmazie, Depression und Inkontinenz – stellen für den Nephrologen ungewohnte Krankheitsbilder dar. Diese berücksichtigt die klinische Ausbildung leider nicht speziell.

Durch die zunehmende Ent­wick­lung der terminalen Niereninsuffizienz zu einer geriatrischen Erkrankung, könnten Nephrologen in Zukunft gezwungen sein, „sich als Amateur-Geriater insbesondere um geriatrische Krankheitsbilder kümmern zu müssen“. Der Aufbau der für die Versorgung von geriatrischen Patienten notwendigen zusätzlichen sozialen Ressourcen stellt eine weitere Herausforderung dar, der sich der Nephrologe in Zukunft stellen muss.


Chronische Nierenerkrankungen bei Kindern

Nierenerkrankungen bei Kindern. © Iakov Filimonov / shutterstock .com
Nierenerkrankungen bei Kindern. © Iakov Filimonov / shutterstock .com

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Versorgung von Kindern mit chronischen Nierenerkrankungen sehr verbessert, wenngleich Nierenerkrankungen bei Kindern das ganze Leben in Behandlung zu sein bedeuten. Mehr dazu siehe https://medmix.at/nierenerkrankungen-bei-kindern/


Literatur:

Reindl-Schwaighofer R, Kainz A, Kammer M, Dumfarth A, Oberbauer R. Survival analysis of conservative vs. dialysis treatment of elderly patients with CKD stage 5. PLoS One. 2017 Jul 24;12(7):e0181345. doi: 10.1371/journal.pone.0181345. PMID: 28742145; PMCID: PMC5524398.

Graham Woodrow, Stanley L. Fan, Christopher Reid, Jeannette Denning, Andrew Neil Pyrah. Renal Association Clinical Practice Guideline on peritoneal dialysis in adults and children. BMC Nephrol. 2017; 18: 333. Published online 2017 Nov 16. doi: 10.1186/s12882-017-0687-2

Steven J. Rosansky, Jane Schell, Joseph Shega, Jennifer Scherer, Laurie Jacobs, Cecile Couchoud, Deidra Crews, Matthew McNabney. Treatment decisions for older adults with advanced chronic kidney disease. BMC Nephrol. 2017; 18: 200. Published online 2017 Jun 19. doi: 10.1186/s12882-017-0617-3

Burns A, Carson R. Maximum conservative management. A worthwhile treatment for elderly patients with renal failure who choose not to undergo dialysis. J Palliat Med. 2007 Dec;10(6):1245-7. doi: 10.1089/jpm.2007.0009. PMID: 18095799.


Quelle:

Nierenersatztherapie bei alten Patienten. Dr. Hendrik Koller, MEDMIX 4/2008.

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