Darmbakterien metabolisieren aus Flavonoiden Stoffwechselprodukte, die vor Grippe schützen sollen. Desaminotyrosin zeigt dabei die stärksten Effekte.
Bestimmte Darmbakterien konnten im Tiermodell vor schweren Grippe-Infektionen schützen, indem sie Flavonoide verstoffwechseln. Desaminotyrosin ist einer dieser Stoffe, der vor allem in Blaubeeren, schwarzem Tee oder auch Rotwein reichlich vorhanden sind.
Wie Darmbakterien das Immunsystem stärken
Darmbakterien erfüllen vielfältige Aufgaben, sie können auch das Immunsystem beeinflussen und stärken. Dies wirkt sich auch positiv im Zusammenhang mit Grippe-Schutz aus. Vorangegangenen Studien zeigten bereits, dass Darmbakterien und die Darmflora auch bei Influenzaviren-Infektionen eine große Rolle spielen. Wenn beispielsweise die Darmflora durch eine Therapie mit Antibiotika gestört wird, ist die Sterblichkeit durch die Grippe im Tiermodell stark erhöht.
US-Forschen der Washington University School of Medicine in St. Louis untersuchten nun, ob die Darmflora über Typ I-Interferone eine bestimmte Immunantwort hervorruft. Bekannterweise sind Typ I-Interferone sind speziell für die Abwehr von Viren von Bedeutung. Im Mausmodell zeigte sich nun, dass die Tiere, die durch einen genetischen Defekt mehr Typ I-Interferone bildeten, besser vor einer Grippe geschützt waren. Die Forscher stellten deswegen die Hypothese auf, dass Stoffwechselprodukte der Darmbakterien – allen voran das Desaminotyrosin –vor der Influenza-Infektion schützen könnten. Das geschieht durch die Aktivierung von Typ I-Interferone.
Desaminotyrosin im Fokus
Die Forscher unteruschten 84 verschiedenen Stoffwechselprodukten auf ihren möglichen Einflusses auf die Typ I-Interferone-Produktion. Davon regten elf die Produktion der Typ I-Interferone an. Desaminotyrosin (DAT), das von menschlichen Darmbakterien aus Flavonoiden hergestellt werden kann, stand dabei für die Wissenschaftler im Blicklicht.
Schließlich schreibt man der Pflanzenfarbstoffen Flavonoiden, die besonders oft in Nahrungsmitteln wie Blaubeeren, schwarzem Tee oder auch Rotwein vorkommen, schon länger das Immunsystem positive steuernde Effekte zu.
Desaminotyrosin konnte, wenn es sieben Tage vor der Infektion eingesetzt wurde, die Mäuse vor Grippe schützen. Weiters reduzierte Desaminotyrosin auch die Sterblichkeit bei jenen Tieren, deren Darmflora zuvor durch eine Antibiotika-Therapie beeinträchtigt wurde. Wenn allerdings die Mäuse erst zwei Tage nach der Infektion Desaminotyrosin erhielten, konnte das den Krankheitsverlauf nicht abmildern.
Darmbakterium Clostridium orbiscindens
Bei der Untersuchung, welche Organismen für die Produktion von Desaminotyrosin verantwortlich sind, entdeckten die US-Forscher das Darmbakterium Clostridium orbiscindens.
Clostridium orbiscindens verstoffwechselt auch im Menschen Desaminotyrosin aus Flavonoiden. Schließlich bestätigten weitere Versuche, dass dieses Darmbakterium im Tiermodell tatsächlich vor Grippe schützen kann.
Quellen:
Lungeninformationsdienst Helmholtz Zentrum München
Stees, A. L. et al.: The microbial metabolite desaminotyrosine protects from influenza through type I interferon. In: Science, 2017, 357 (6350): 498-502
Washington University School of Medicine: Natural compound coupled with specific gut microbes may prevent severe flu. Pressemitteilung vom 3. August 2017